Stadtverkehr

Neu auf Berlins Straßen

Die Scania-Gelenkbusse im Praxistest

Die neuen Gelenkbusse der BVG werden nun vom Betriebshof Spandau auf den Linien M 45, M 49, X 9 und vielen weiteren eingesetzt und mussten gleich in den ersten Wochen einen Wintertest bestehen – soweit die guten Nachrichten.

Die schlechten: Erstens gab es unerwartet viele Türprobleme, die die BVG-Techniker in den ersten Wochen auf Trab hielten.

Neuer Gelenkbus
Der neue Gelenkwagen von Scania im neuen BVG-ganz-gelb mit der Klapprampe in der Mitte. Zum Vergleich im Hintergrund ein Doppeldecker noch mit grauer Schürze und weißem Dachband. Foto: Marc Heller

Zweitens haben sich die IGEB-Befürchtungen bezüglich der zu wenigen und schlecht platzierten Sitze im Vorderwagen (siehe SIGNAL 5/2014 ) bestätigt. Wer nicht bis zu 18 Meter durch den Bus laufen will, um sich zu setzten oder wer nicht mehr so fit ist, die sehr hohen Podeste im Bereich der zweiten Achse zu erklettern, dem bleiben nur vier barrierefreie Sitze vor dem Gelenk übrig, davon zwei entgegen der Fahrtrichtung! Es versteht sich, dass gerade diese schon von der Starthaltestelle weg fast immer belegt sind.

Als erste Alternative bieten sich die zwei Sitze auf dem vorderen Radkasten hinter dem Fahrer an, aber wer einmal mit der Kabinenwand direkt vor der Nase und mit eingeschränkter seitliche Aussicht (die Fensterunterkante ist hier sehr hoch) gesessen hat, der ahnt, wie sich Sträflinge in ihren Zellen fühlen.

Blick in den Innenraum von der zweiten Tür nach vorne
Blick auf die Stellfläche mit den Klappsitzen. Deutlich zu sehen: Die hohen Seitenwände unter den ersten Fenstern und der rechte Radkasten ohne Sitzplatz an der Vordertür. Foto: Marc Heller
Blick nach hinten.
Der Hinterwagen – hier sind die bequemen Sitze in Fahrtrichtung, weit weg von der Einstiegstür. Mit dem Verzicht auf den „Vorneeinstiegzwang“ könnte das Problem einfach entschärft werden. Die Sitze in der Umgebung der Radkästen sind nur über hohe Stufen erreichbar und damit für viele Senioren ungeeignet. Ein Heckfenster gibt es nicht, die Fläche ist mit einer „Fototapete“ gestaltet. Eine Orientierung zum Umstieg auf eine nachfolgende Anschlusslinie ist damit schwierig. Foto: Marc Heller

Die zweite Alternative sind die Klappsitze im Stellbereich für Rollstühle und Kinderwagen. Systembedingt stufenlos zu erreichen und in der Nähe einer Ausstiegstür gelegen werden sie auch gern genutzt – und genau da liegt im nachfragestarken Verkehr auch das Problem. Selbstverständlich werden die dort sitzenden Senioren von den Fahrgästen mit Rollstühlen und Kinderwagen nicht aufgescheucht, sondern es werden die Gänge und Türräume blockiert.

Ja, es gibt auf der Mittelachse auch noch richtige Sitze, aber schon die Stufe auf das Podest davor liegt weit über der Norm für Treppen. Dazu kommen der schmale, in Bremsrichtung abschüssige Gang zur nächsten Tür und im Winter die große Entfernung zum nächsten Heizkörper – und schon ist die Abschreckung für genau die sitzplatzbedürftige Kundengruppe perfekt.

Fazit: Diese Busse können in der Lieferversion nur eine Übergangslösung bis zum Umbau oder der nächsten Lieferung sein.

Oder die einfachste Lösung: Verzicht auf den unsinnigen Vorneeinstiegszwang. Personen, die in der Nähe einer Tür Sitzplätze suchen, sind an der hinteren Tür richtig. Diese dürfen sie aber offiziell zum Einstieg nicht nutzen. Deshalb bitte alle Türen zum Einstieg freigeben. Liebe BVG, bitte nachbessern! (af)

IGEB Stadtverkehr

aus SIGNAL 1/2015 (Februar/März 2015), Seite 8

 

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