Regionalverkehr

Tod auf Raten für Bahn in der Prignitz?

Strecke Neustadt (Dosse)—Pritzwalk—Meyenburg wieder nur für zwei Jahre gesichert

Schon seit Jahren ist die Zukunft des Bahnverkehrs auf der Strecke Neustadt (Dosse)—Pritzwalk—Meyenburg in der Prignitz ungewiss. Das Land Brandenburg bestellte den Verkehr auf den Linien RB 73 Neustadt (Dosse)—Kyritz—Pritzwalk und RB 74 Pritzwalk—Meyenburg jeweils nur noch für eine kurze Zeit, dann musste neu verhandelt werden. Auch 2014 war das nicht anders. Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember wurde der Bahnverkehr für zwei Jahre bestellt – dieses Mal mit dem Unterschied, dass neben dem Bahnverkehr ein zusätzlicher Busverkehr bestellt wurde.

Regiobahn
Triebwagen der „Hanseatischen Eisenbahn“ nach Meyenburg in Pritzwalk. Bis Ende 2016 ist der Schienenverkehr gesichert. Foto: Florian Müller, März 2015

In seiner Pressemitteilung vom 15. Januar 2015 zitiert der VBB Brandenburgs Infrastrukturstaatssekretärin Katrin Lange mit den Worten: „Wir wollen die Mobilität langfristig in der Region Prignitz und Ostprignitz-Ruppin sichern. Dazu haben Land und Landkreise das sogenannte Prignitzkonzept unterzeichnet. Damit geht auch der Auftrag an die Region einher, mehr Personen- und Güterverkehr auf die Schiene zu bringen. Mit attraktiven Busanbindungen und Parkangeboten soll das Umsteigen auf die Bahn erleichtert werden.“ Aber bereits im nächsten Satz schränkt die Staatssekretärin ein: „Ob die Verbindung auch 2017 weiterbetrieben wird, entscheidet sich, wenn klar ist, wieviel Regionalisierungsmittel wir dann vom Bund erhalten“.

„Integriertes Bus-Bahn-Konzept“

Was die Fahrgäste ab dem Fahrplanwechsel zu erwarten hatten, erfuhren Sie erstmals aus einer VBB-Pressemitteilung vom 28. November 2014: „Der Wochenendverkehr wird auf beiden Linien grundlegend neu geordnet. An Samstagen, Sonn- und Feiertagen verkehren künftig drei durchgehende Zugpaare von Neustadt (Dosse) über Kyritz und Pritzwalk nach Meyenburg und zurück. Ein viertes Zugpaar verkehrt am Morgen von Kyritz nach Neustadt (Dosse) und am Abend zurück. Bei der Linie RB 74 werden die Fahrten um 5.12 Uhr ab Meyenburg (Dienstag bis Freitag) sowie um 18.41 Uhr ab Pritzwalk (Montag bis Donnerstag) nicht mehr angeboten.“

Unter der Woche gab es also nur geringe Veränderungen. Weiterhin verkehren die Züge zwischen Neustadt (Dosse) und Kyritz im Stundentakt. Zwei Fahrtenpaare am Tag verkehren weiter bis Pritzwalk. Wann der neue Verkehrshalt in Kyritz Nord gebaut wird, ist derzeit nicht bekannt. An diesem geplanten Halt liegt auch der neue Busbahnhof in Kyritz, wo Busse und Züge dann enden sollen.

An Wochenenden und Feiertagen sieht die Sache schon ganz anders aus, hier gibt es massive Änderungen gegenüber dem Fahrplan davor. In der Pressemitteilung des VBB vom 15. Januar wird die Geschäftsführerin Susanne Henckel zitiert mit den Worten: „An den Wochenenden fährt der Zug weiter bis Meyenburg und zwischen Neustadt und Kyritz fahren Busse in den Taktlücken der Züge. So haben wir auch in Zukunft alle ein bis zwei Stunden ein Angebot mit täglich neun Fahrtenpaaren abwechselnd mit Bahn oder Bus sichergestellt. Das integrierte Bus-Bahnkonzept ermöglicht es uns, mehr Verkehrsleistung in der Region anzubieten.“ Die Realität sieht leider anders aus.

Takt mit Löchern und Erschwernisse

Bei genauem Hinsehen gibt es den 2-Stunden-Takt am Wochenende nur rudimentär. So bietet der Fahrplan in Fahrtrichtung von Neustadt nach Kyritz vormittags ein Dreieinhalb-Stunden-Loch und nachmittags ein Zweieinhalb-Stunden-Loch. Die Bus-Linie 711 verkehrt im 4-Stunden-Takt von Kyritz über Neustadt nach Neuruppin, dazwischen finden einzelne Fahrten von Kyritz nach Neustadt statt. Umlaufbedingt können diese Fahrten nicht im 2-Stunden-Takt verkehren, da der Bus rechtzeitig zurück sein muss für die nächste Fahrt nach Neuruppin.

Außerdem hat der Triebwagen bei der Fahrt von Neustadt nach Meyenburg in Pritzwalk einen wenig attraktiven Aufenthalt von 12 bzw. 30 Minuten, um den Anschluss zum RE 6 abzuwarten. Obendrein gibt es in der elektronischen Fahrplanauskunft „Fahrinfo“ keinen Hinweis darauf, dass derselbe Wagen seine Fahrt von Pritzwalk nach Meyenburg fortsetzt – die Verbindung wird als „Umsteigeanschluss“ dargestellt.

Mangelhafte Fahrgastinformation

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Langer Kampf um die Prignitz-Strecken

Seit vielen Jahren gibt es Bemühungen, die Bahnstrecke Neustadt (Dosse)—Kyritz—Pritzwalk—Meyenburg (RB 73/RB 74) am Leben zu erhalten. Die geringen Fahrgastzahlen in der dünnbesiedelten Prignitz verleiteten schon viele Aufgabenträger und Planer, an eine Abbestellung des Schienenverkehrs zu denken. Aufgrund einer engagierten Bürgerschaft und Stadtverwaltung in den anliegenden Orten, Verwaltungsmitarbeitern im Landkreis, die innovative Finanzierungsmodelle praktizieren, und einem privaten Bahnunternehmen, das auf dieser Strecke nicht renditeorientiert arbeitet, gelang es, den Schienenverkehr aufrecht zu erhalten – wenigstens mit einem Minimalbetrieb. Das Hauptpotenzial liegt auf dem Abschnitt Neustadt—Wusterhausen—Kyritz, der an Wochentagen im Stundentakt, an Wochenenden im 4-Stunden-Takt bedient wird. Der Abschnitt Kyritz—Pritzwalk wird wochentags mit zwei und am Wochenende mit drei Fahrtenpaaren nur sehr dünn angeboten.

Auf dem Abschnitt Pritzwalk—Meyenburg (RB 74) verkehren wochentags fünf Zugpaare, am Wochenende drei, die im Gegensatz zum vorherigen Fahrplan jetzt auch am Wochenende für VBB-Fahrkarten freigegeben sind.

In Kyritz wurde 2014 ein neuer Busbahnhof errichtet, in dessen direkter Nähe ein neuer Bahn-Haltepunkt „Kyritz Nord“ entstehen soll. So kann dann die stündlich verkehrende Bahn direkt Anschluss zu den anschließenden Buslinien gewähren. Eine sehr sinnvolle Planung, allerdings ist die Inbetriebnahme des Bahn-Haltepunktes noch nicht absehbar.

Ein Sonderfall ist die Bahnstrecke Pritzwalk—Putlitz RB 70, die nicht vom Land, sondern vom Landkreis aus Busverkehrsmitteln beauftragt und finanziert wird.

Von jedem der beteiligten Unternehmen gibt es Fahrgastinformationen nur zu seinen Verkehren. So wird von der Hanseatischen Eisenbahn, einer Tochtergesellschaft der Eisenbahn Potsdam, lediglich der Fahrplan der Züge herausgebracht und von dem Ostprignitzer Busverkehr nur Fahrpläne seiner Buslinien. Erstaunlich ist, dass diese Fahrpläne nach dem Fahrplanwechsel im Dezember 2014 bereits am 9. Februar geändert wurden und die nächste Änderung schon für den 3. April angekündigt ist.

Die „Bürgerinitiative für einen dauerhaften Erhalt der Regionalbahnlinien“ in Kyritz kämpft seit Jahren für den Erhalt der Strecke und ist von dem jetzigen Konzept alles andere als begeistert: „Was da aufgehübscht als (fast) lückenloser Takt am Wochenende daher kommt, ist nichts anderes als das Umlenken von Reisenden von der Bahn auf den Bus, also das genaue Gegenteil der angeblichen Absicht des VBB, mehr Personen- und Güterverkehr auf die Schiene zu bringen. Mit Taktausdünnungen macht man das Bahnfahren jedenfalls nicht attraktiver, sondern arbeitet auf eine Stilllegung der Strecke hin. Die betroffenen Menschen, Politik und Kommunen sind aufgerufen, dem entgegenzuwirken“, sagt BI-Vorstandsmitglied Franz J. Conraths.

In der Tat: Eine Bahn-Angebotsreduzierung und Verdichtung des Busverkehrs, gepaart mit Taktlücken und unzureichender Fahrgastinformation sind sicher nicht der richtige Weg, den Wunsch „Mehr Verkehr auf die Schiene“ der in der Prignitz wohnenden Staatssekretärin Lange zu erfüllen. (md)

Die Prignitzer Bürgerinitiative finden Sie auf der Website der Hansestadt Kyritz: www.kyritz.de/seite/145442/bi_regionalbahn.html

Die Fahrpläne der „Hanseatischen Eisenbahn“ gibt es unter: www.egp-spnv.de

IGEB S-Bahn und Regionalverkehr

aus SIGNAL 2/2015 (April/Mai 2015), Seite 22-23

 

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