Sachverhalt
Die Beschwerdeführer wollten von Heidelberg
über Hamburg nach Kiel reisen. Die Fahrt
konnte jedoch nicht wie geplant stattfinden.
Bereits kurz hinter Hamburg habe es eine
Durchsage gegeben, dass der Zug aufgrund
des „Orkans Xaver“ nur bis Elmshorn fahre. Von
dort aus könne die Fahrt mit Bussen bis Neumünster
und dann weiter mit Bussen bis nach
Kiel fortgesetzt werden.
In Elmshorn habe es nach den Schilderungen
der Beschwerdeführer keinerlei Hinweise
zur Weiterfahrt gegeben. Sie haben den „Bushalteplatz“
nur ausfindig machen können, indem
sie den anderen Fahrgästen gefolgt seien.
Die zwei bereitgestellten Busse seien „bereits
voll besetzt“ gewesen, so dass die Beschwerdeführer
und weitere Fahrgäste nicht mehr
haben zusteigen können. Sie warteten daher,
ohne nähere Informationen erhalten zu haben,
auf weitere Busse.
Da der Bahnhof Elmshorn inzwischen „abgeschlossen“
gewesen sei, hätten keine Informationsmöglichkeiten
bestanden,
auch
nicht über die Telefonnummer des Verkehrsunternehmens.
Von der Hotline hieß es nach
Angaben der Beschwerdeführer nur: „keine
Auskunft wegen Überlastung“.
Die Beschwerdeführer wussten nicht, wo sie
sich hätten aufhalten können, da es ein Hotel
in der Nähe nicht gegeben habe. Nach weiterer
vergeblicher Wartezeit entschieden sie sich
für die Fahrt mit einem Taxi nach Kiel (Kosten:
150 Euro). Dort kamen sie kurz vor 20 Uhr an.
Nach der Fahrt wandten sich die Beschwerdeführer
an das Servicecenter Fahrgastrechte mit
der Bitte um Erstattung der Taxikosten.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Das Servicecenter hat den Antrag der Beschwerdeführer
bis auf die Erstattung des
anteiligen Fahrpreises für die Teilstrecke
Elmshorn—Kiel (Erstattungsbetrag 1,25 Euro)
abgelehnt. Die Verspätung habe am Abbruchort
weniger als 60 Minuten betragen und es
bestünde „kein Anspruch auf alternative Verkehrsmittel“,
da es am Reisetag noch weitere
Verbindungen zum Zielort gegeben habe.
Mit dieser Antwort waren die Beschwerdeführer
nicht einverstanden und haben die
Schlichtungsstelle um die Durchführung eines
Schlichtungsverfahrens gebeten. Dabei
wiesen sie darauf hin, dass, selbst wenn eine
Ankunft in Kiel vor 24.00 Uhr möglich gewesen
wäre, es keinerlei Möglichkeit gab, davon
Kenntnis zu erlangen.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführer
und kam zu dem Ergebnis, dass ihnen
ein Anspruch auf Erstattung der Taxikosten
zustehen könnte.
Zwar stellte die söp zugunsten des Verkehrsunternehmens
fest, dass unter Beachtung des
Art. 18 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1371/2007
(VO) ein Ersatzverkehr mit Bussen als alternativer
Beförderungsdienst eingerichtet wurde.
Ob der Ersatzverkehr regelmäßig verkehrte,
konnte nicht aufgeklärt werden. Jedenfalls lag
den Beschwerdeführern keinerlei Information
darüber vor, ob sie die Fahrt am selben Tag
noch hätten fortsetzen können.
Zugunsten der Beschwerdeführer kam die
Schlichtungsstelle daher zu dem Ergebnis,
dass sie einen Anspruch auf Erstattung der
Taxikosten wegen einer Informationspflichtverletzung
haben könnten. Die Beschwerdeführer
haben mit dem Verkehrsunternehmen
einen Beförderungsvertrag geschlossen, aus
dem sich bestimmte Rechte und Pflichten der
Parteien ergeben. Der Reisende ist verpflichtet,
den Fahrpreis zu entrichten; die Bahn zur
Beförderung, aber auch zur Information der
Reisenden.
Die Informationspflicht gehört zu den Nebenpflichten
und hat rechtzeitig zu erfolgen.
Sie umfasst den Hinweis auf Störungen, die die
Fahrtplanung des Reisenden beeinträchtigen
können. Art. 18 Abs. 1 VO legt darüber hinaus
fest, dass das Verkehrsunternehmen bei Verspätungen
die Fahrgäste über die geschätzte
Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten hat,
sobald diese Informationen zur Verfügung stehen.
Nach Auffassung der Schlichtungsstelle
dürfte dieser Informationspflicht vorliegend
nicht in ausreichendem Maße Genüge getan
worden sein, obwohl die Beschwerdeführer
sich nach eigenen Angaben auch selbst bemüht
haben, Informationen zu erlangen. Die
söp schlug daher vor, die Taxikosten in voller
Höhe zu erstatten.
Das Verkehrsunternehmen stimmte dem
Vorschlag zu und veranlasste eine Erstattung
von 150 Euro. Auch die Beschwerdeführer zeigten
sich mit der Erstattung einverstanden.
Dr. Katja Schmidt
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können
von Verkehrsunternehmen wie von deren
Kunden noch so gut geplant und organisiert
sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen,
die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf
seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort
bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle
für den öffentlichen Personenverkehr,
wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag
zur einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen
und -Leser können in jeder Ausgabe anhand
eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische
Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder
Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt und
Mecklenburg-Vorpommern können sich an
die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder
einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen
der Region keine sie zufriedenstellende
Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr
e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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