Ein Nachteil der langen RE-Läufe ist, daß die Trassenbelegung auf der
Stadtbahn kein Spielraum für die Fahrplangestaltung läßt. So können,
anders als heute, Überholungen von RE und RB durch Fernzüge nicht vermieden
werden. Für Reisende beispielsweise aus Nauen relativiert sich durch
Wartezeiten der Vorteil der direkten Erreichbarkeit des Berliner Zentrums
wieder. Eine Fahrzeitverkürzung durch die stolz verkündete und teuer
erkaufte Steigerung der Höchstgeschwindigkeit der RE auf 160 km/h gibt
es kaum oder gar nicht.
Es ist natürlich unmöglich, allen berechtigten Wünschen nachzukommen,
jedoch ist in einigen Fällen wieder kein Konzept bei der
Angebotsgestaltung zu erkennen. Ein Beispiel ist die Strecke Potsdam -
Brandenburg. Hier sollen die Züge des RE 1 im Halbstundentakt fahren,
daneben noch stündlich InterRegio und die RB 16/RE 2. Dies stellt ein
durch das Fahrgastaufkommen nicht gerechtfertigtes Überangebot und damit
eine Verschwendung von Landesmitteln dar. Hinzu kommt, daß die Bahn nicht
in der Lage ist, dies auch fahrplantechnisch zu beherrschen. Leidtragender
ist der Regionalverkehr: Die Züge der RB 16 in Richtung Brandenburg werden
vom IR und RE 1 unterwegs überholt. Resultat: Bis zu 52 Minuten Fahrzeit
für die 35 km zwischen Potsdam und Brandenburg! Jede zweite Stunde werden
die Züge der RB 16 durch den RE 2 ersetzt, der zwischen Potsdam und
Brandenburg überall halten soll. Dieser wird jedoch auch in Groß Kreutz
überholt - in Richtung Berlin wieder von den RE 1-Verstärkern. Obendrein
entfallen die wichtigen Halte in Potsdam Charlottenhof und Wildpark
ersatzlos! Ein Verzicht auf die Verstärkerzüge des RE 1 wäre hiervon
unmittelbarem Vorteil.
Die von der Bahn als vorrangig genannten Ziele (Durchbindung über die
Stadtbahn, Flughafenexpreß) haben zumindest beim RE 5 zu einem grotesken
Resultat geführt: Die Züge in Richtung Neustrelitz - Stralsund fahren von
der Stadtbahn über Falkensee - Hennigsdorf, Fahrzeit: Zoo bzw. Alex -
Oranienburg 71 bzw. 84 Minuten (S-Bahn von Friedrichstr. 46 Minuten).
Diese Umwegführung wird mit der Eröffnung der S-Bahn von Tegel
nach Hennigsdorf (vsl. Dezember 1998) völlig ad absurdum geführt.
Die RB 33 aus Jüterbog - Beelitz Stadt fährt nicht mehr nach Potsdam,
sondern über Michendorf nach Berlin-Wannsee. Dabei enden jedoch zwei
Zugpaare von Jüterbog in Potsdam-Drewitz ohne Anschluß an die S-Bahn oder
an andere Regionalzüge zu haben - im Berufsverkehr! Wenn ein an und
für sich gutes Angebot gerade dann nicht gefahren werden kann, wenn
es am meisten gebraucht wird, ist es peinlich. Daß der letzte Zug
dieser Linie den Bf. Wannsee schon um 19.51 Uhr
verläßt und der letzte Zug aus Jüterbog um 20.00 Uhr nach Wannsee
abfährt, ist nicht bedarfsgerecht.
Caputh soll in Zukunft von der RB 22 von Potsdam Stadt über Michendorf nach
Berlin-Schönefeld bedient werden. Durch diesen Umweg erhöht sich die
Fahrzeit von Potsdam Pirschheide nach Flughafen Schönefeld von derzeit 28
auf 53 bis 60 Minuten! Für die täglichen Pendler zwischen Potsdam und
dem Südosten Berlins, die bisher den Großteil der Reisenden ausmachten,
ist dieses "Angebot" völlig unannehmbar. Auch die schnellen Verbindungen
Schönefeld - Wannsee und Schönefeld - Werder (-Brandenburg) entfallen
damit. Eine einfache Lösung wäre, die RB 22 auf diesem Abschnitt in
der bisherigen Führung zu belassen und Caputh durch Züge zu bedienen,
die sowohl in Potsdam als auch in Michendorf einen Anschluß nach Berlin
ermöglichen können. Auf die Problematik vor allem bei der Gestaltung
der Anschlüsse auf dem flachen Land wurde durch den DBV vor einem
Jahr ausführlich eingegangen.
Bei den damals genannten Strecken gibt es nur sehr wenig Verbesserungen.
Als löbliche Ausnahme seien die Anschlüsse aus Brandenburg
Richtung Dessau in Belzig genannt. Auch die Ausdehnung des
Zugangebotes zwischen Belzig und Brandenburg bis 23 Uhr ist zu begrüßen.
In mehreren Fällen haben sich die Befürchtungen jedoch leider bewahrheitet:
Durch die miserablen Anschlüsse sind zwischen Wittstock und Mirow oder
Herzberg Stadt und Falkenberg die Fahrgastzahlen derart zurückgegangen,
daß nun die Züge vom Land abbestellt werden. Mitten auf der Strecke Berlin -
Wriezen mußten die Fahrgäste in diesem Jahr in Tiefensee umsteigen. Daß
das nicht gerade Kunden anlockt, dürfte klar sein. Resultat: Abbestellung.
Die Züge nach Wittenberge werden in Nauen von denen aus Potsdam um
ganze vier Minuten verpaßt. Damit müssen Reisende aus der Landeshauptstadt
in den Nordwesteil des Landes über Berlin fahren. Auf der RB 45 gibt es
überhaupt keinen Takt mehr und knapp verpaßte Anschlüsse in
Senftenberg aus (Lübbenau-) - Calau in Richtung Ruhland (- Dresden).
Bei der ebenfalls einstellungsbedrohten RB 50 aus Rathenow fallen
die Anschlüsse in Neustadt(Dosse) nach Wittenberge weg.
Von einem Integralen Taktfahrplan (ITF) - wie er in anderen Bundesländern
schon selbstverständlich ist - sind in Brandenburg auch im Fahrplanjahr
1998/99 nicht einmal Ansätze zu erkennen. Ein ITF, der in Knotenpunkten
optimale Anschlüsse auch zu und von Bussen garantiert, hätte für die
Fahrgäste einen deutlich größeren Nutzen als z.B. die Anhebung der
Höchstgeschwindigkeit einiger RE auf 160 km/h, die nur auf wenigen
Verbindungen ein paar Minuten Fahrzeitverkürzung bringt.
Deutscher Bahnkunden-Verband
Landesverband Brandenburg
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