Für die
U-Bahnen war der Betriebsbeginn sonnabends eine Stunde später (ca.
5.30 Uhr), sonntags zwei Stunden später (ca.
6.30 Uhr) als bisher vorgesehen. Das Straßenbahn- und Buslinien-(Tages-)Netz
sollte entsprechend später einsetzen und das lediglich im Halbstundentakt
und sehr viel "dünnere" Nachtliniennetz länger betrieben werden. Die
Züge auf den U-Bahnlinien 2, 5, 7 und 9 sollten in der Hauptverkehrszeit
statt 3 und 3 1/2 nur alle vier Minuten fahren.
Bei allem Verständnis für die angesichts der Senatspolitik "gebeutelten"
BVG waren diese vorgesehenen Angebotseinschränkungen völlig unüberlegt.
Der spätere Betriebsbeginn wäre ein erster Schritt in Richtung auf den
von einigen U-Bahnern aus betrieblichen Gründen favorisierten
"Zweischichtbetrieb". Er hätte aber kaum Einsparungen gebracht: zu diesen
Zeiten fahren alle U-Bahnen ohnehin im 20-Minuten-Takt. U12 und U9
sollten wegen des durchgehenden Wochenendnachtbetriebes davon
ausgenommen bleiben.
Effektvoller wären die Auswirkungen für die Fahrgäste gewesen. Was für
die BVG-Verwaltungskräfte offenbar nicht vorstellbar ist: Am Samstag-
und Sonntagmorgen gibt es nicht nur Gelegenheitsfahrgäste, sondern auch
einen erheblichen Anteil von regelmäßigen Berufspendlern. Für
sie ist das Nachtnetz eine unzureichende Alternative.
Volle Züge in der City - heiße Luft in Ruhleben
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Die BVG wie sie leibt und lebt: Zum Fahrplanwechsel wurde die Bedienung von Teilabschnitten der Buslinie 204 ersatzlos eingestellt. So wird diese Haltestelle am Birger-Forell-Platz in der Wilmersdorfer Hildegardstraße seit dem 24. Mai 1998 nicht mehr angefahren. Dies hinderte die BVG aber nicht daran, zwei Wochen vor Betriebseinstellung die seit Jahren vermißte Wartehalle aufzustellen. Foto: Matthias Horth |
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Aus betriebswirtschaftlicher Sicht wirkungsvoller wäre die ursprünglich
vorgesehene - und seit dem 5. Mai 1998 als "Ferienfahrplan"
bereits praktizierte - Takterweiterung im Berufsverkehr auf vier Minuten
gewesen. 5 Kleinprofil- und 13 Großprofilzüge wären eingesparbar.
Inakzeptabel ist, daß diese einschneidenden Platzreduzierungen mal
wieder völlig undifferenziert und ungeachtet der Nachfrage auf
einzelnen Abschnitten erfolgen sollten. So wird zum Beispiel der
westliche Abschnitt der U2 zwischen Theodor-Heuss-Platz und Ruhleben
nach wie vor mit der gleichen dichten Taktfolge befahren der Cityabschnitt.
Während die Züge im City-bereich trotz 3 und 3 1/2-Min-Takt teilweise
überfüllt sind, wird am westlichen Ende im wesentlichen nur heiße Luft
transportiert. Kurios sollte das Angebot auf dem westlichen Außenast
der U7 werden: Nach wie vor in der Hauptverkehrszeit jeder dritte (!)
Zug bis Rohrdamm, was aber nunmehr eine wechselnde Taktfolge von 4- und
8-(!) Minuten zur Folge hätte. Wenn ein 8-Minuten-Takt im Berufsverkehr
ausreichend ist, dann wäre auch der intervallartige 4-Minuten-Abstand
entbehrlich.
"Sparfahrplan" nicht genehmigt
Was kaum ein Fahrgast hoffte, trat dann ein. Die Senatsverwaltung für
Bauen, Wohnen und Verkehr der BVG versagte die Genehmigung drei Wochen
vor dem Fahrplanwechsel. Dieser "Sparfahrplan" ignoriere den Anfang
1998 vom Senat verabschiedeten Nahverkehrsplan. Er sieht für das
Tagesliniennetz eine Betriebszeit von 4.00 Uhr bis 0.30 Uhr mit einer
Taktfolge von mindestens 20 Minuten vor. Es spricht nicht für eine hohe
Sensibilität im Umgang mit den veränderten gesetzlichen Bedingungen,
daß die BVG die mit dem reformierten Personenbeförderungsgesetz
ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit der Versagung (wenn die
beantragten Verkehre nicht
im Einklang mit dem Nahverkehrsplan stehenn) ignorierte.
So mußte die BVG den letzten genehmigten U-Bahn-Fahrplan vom 9. Dezember
1997 in Kraft lassen und alle Vorbereitungen zum Kursbuch und den
elektronischen Medien stoppen. Herausgeber dieser Fahrgastinformationen
ist in diesem Jahr erstmalig der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB)
und so ging wohl ein Aufatmen durch die Reihen des VBB, hatte man nun
doch eine plausible Begründung dafür, daß zum Fahrplanwechsel
keine Fahrplaninformation zur Verfügung gestellen wurde.
Sparrunde nur verschoben
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Kritikwürdig ist die mit dem Einsatz der GT6 (bisheriger KT4D-Doppeltraktionen) verbundene Reduzierung des Platzangebotes. Positiv der verläßliche Einsatz von Niederflurwagen auf einigen Linien. Regelmäßig fahren jetzt auf der Tramlinie 5 Niederflurwagen. Unentschuldbar ist jedoch, daß beim durch die Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr durchgeführten Umbau der Konrad-Wolf-Straße (vollständig finanziert mit ÖPNV-Finanzen!) an einigen Haltestellen (z. B. Sandinostraße stadteinwärts) die Bordsteinabsenkungen vergessen wurde. Rollstuhlfahrer können die Straßenbahnen trotz Lift ohne fremde Hilfe nicht benutzen. Foto: IGEB-Archiv |
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Sicherlich zum kommenden Fahrplanwechsel werden Sparmaßnahmen mit anderen
Inhalten eingeführt. Die gleiche Senatsverwaltung, die die Genehmigung
versagte, hatte Wochen zuvor mit der BVG eine Angebotskürzung um
5 % der vertraglich vereinbarten Nutzwagenkilometer vereinbart. Einen
Vorgeschmack auf die Kürzungen bieten die in SIGNAL3/98
kommentierten Fahrplanänderungen. Beispielhaft sei auf die Betriebszeit
der hinsichtlich ihrer Linienführung durchaus positiv zu bewertetenden
neuen Buslinie 210 verwiesen. Sie ersetzt im Bereich der Krankenhäuser
an der Pulsstraße die bisher hier ganztägig verkehrende Buslinie 110.
Für die Mitarbeiter der Krankenhäuser ist die neue Linie nur eingeschränkt
nutzbar: Zum abendlichen Schichtwechsel um 22.30 Uhr fährt längst
kein Bus mehr. Und samstags/sonntags kommt der erste Bus in die
Pulsstraße, wenn der Früh- Schichtwechsel vorbei ist!
IGEB, Abteilung Stadtverkehr
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