Unklar ist die Finanzierung, denn beide Länder erwarten vom Bund eine
Beteiligung in "erheblichem Maße". Immerhin soll allein der erste
Bauabschnitt ca. 86 Millionen DM kosten - diese Summe erscheint gering
angesetzt, wenn man die notwendigen Brückenbauten berücksichtigt. Es muß
nicht nur die Ausfädelung in Griebnitzsee mit Überquerung der
Wetzlarer Bahn gemeistert werden, auch die Autobahn A115 am ehemaligen
Grenzübergang Dreilinden und der Teltowkanal liegen auf dem 12 km langen Weg.
Der Wiederaufbau der Stammbahn ist im Grunde zu begrüßen. Es ist jedoch
erstaunlich, welch hohe Priorität ihm plötzlich eingeräumt wird, gerade
weil der Aufwand doch recht groß im Vergleich zum Nutzen ist. Schließlich
gibt es schon eine Schienenverbindung von Postdam nach Zehlendorf, durch
die Stammbahn wären lediglich Düppel und der Thyssen-Europarc-Dreilinden
zusätzlich angebunden. So entsteht der Eindruck, daß nur den
Europarc-Vermarktern mit dem Wiederaufbau ein Gefallen getan wird. Viel
Phantasie ist nötig, um sich dort auch nur mittelfristig ein akzeptables
Fahrgastaufkommen vorzustellen: der Gewerbepark ist heute lediglich zu
etwa 15 % belegt, die ursprünglichen Erwartungen weit zurückgeschraubt
und der Aufbau eines Freizeitcenters mit Multiplexkino vorerst
gerichtlich gestoppt.
Von der vor Jahren in der ersten Euphorie durch den Parkentwickler
zugesagten privaten Finanzierung der Bahnsteig-Neubauten ist nichts
mehr zu hören. Der zum Park nächstgelegenste Standort der Bahnsteige
ist immer noch 400m zum Kernbereich entfernt.
Die Anbindung des Europarcs kann also keine hinreichende Begründung
für den Wiederaufbau sein. Ein deutlicher Nutzenzuwachs für die
Fahrgäste entsteht erst, wenn die Züge aus Richtung Potsdam über
Zehlendorf in Richtung Innenstadt fahren. Die Führung durch den
Tiergartentunnel - dessen Stammbahneinmündung baulich vorbereitet
ist - ist bekanntlich frühestens 2003 möglich. Einzige
sinnvolle Interimslösung sind Regionalbahnsteige in Steglitz und
Schöneberg, um einen nennenswerten Fahrzeitvorsprung zur S 1 zu
gewinnen und das Umsteigen auf die Ringbahn zu gewährleisten.
Vom Berliner Senat muß also vor Beginn der Bauarbeiten gesichert sein,
daß es zur Bestellung dieser zusätzlichen Regionalverkehrsleistung kommt.
An anderer Stelle fehlt das Geld
So wichtig die bestimmt gut genutzte neue Relation ist, gibt es doch im
direkten Verkehr zwischen Berlin und Brandenburg noch dringendere
Schienen-Lückenschlüsse, die vor allem aus Landesmitteln finanziert
werden müssen. Allen voran ist die bislang nicht vollzogene
Wiederinbetriebnahme der Heidekrautbahn zwischen Berlin-Wilhelmsruh
und Basdorf zu nennen, wo viele berlinnahe und mittlerweile
bevölkerungsstarke Gemeinden auf ihren Bahnanschluß warten.
Zweierlei Maß ist bei der Investitionspolitik des Landes Brandenburg
erkennbar: gerade
zu einem Zeitpunkt, wo Bahnstrecken in den ländlichen Räumen mit echter
Netzfunktion eingestellt werden, weil nur Bruchteile einer Million an
Investitionen gespart werden sollen, wird an anderer Stelle das Geld mit
vollen Händen ausgegeben. Die Bahnverbindung zwischen Wittstock und
Mirow wurde zum Fahrplanwechsel eingestellt, weil geringfügige
Baumaßnahmen bevor standen. Auch über eine Einstellung der Bahnverbindung
Neustadt (Dosse) - Neuruppin - Herzberg (Mark) denkt der Verkehrsminister
weiterhin nach, nur weil die DB AG hier gerne im Zuge der Baumaßnahmen
für den Prignitz-Expreß auf den Einbau von drei (!!) Weichen samt
einfacher Sicherungstechnik verzichten möchte.
Auch in Berlin sind andere Investitionen mit großem Nutzen durchaus denkbar.
Nicht nur während der Sperrung der Stadtbahn sondern auch bei deren
Wiedereröffnung am 24. Mai hat man gesehen, wie nützlich es gewesen
wäre, hätte eine Ausweichstrecke über den nördlichen oder südlichen
Berliner Innenring zur Verfügung gestanden.
Deutscher Bahnkunden-Verband Landesverband Brandenburg
|