Reise & Bericht

ÖPNV am Bosporus

Die Angaben über die Einwohnerzahl in der Reiseliteratur schwanken zwischen 8 und 12 Mio. Der Bosporus - die Meerenge zwischen Schwarzem und Marmara-Meer-teilt die Stadt auf eine Länge von ca. 30 km in einen europäischen und einen asiatischen Teil.

Der Hauptanteil des ÖPNV wird von Omnibussen bewältigt, die praktisch in jeder Hauptstraße verkehren und ständig überfüllt sind. Haltestellenschilder gibt es, aber Fahrpläne oder Liniennummern nicht. Der städtische Omnibuspark umfaßt zahlreiche Typen, beherrscht wird das Straßenbild von den uns bekannten Ikarus-260 Schlenkis. Das andere bedeutsame öffentliche Straßenverkehrsmittel sind die "Dolmus"; private Kleinbusse in der Regel mit 13 oder 15 Sitzplätzen, die in Spitzenzeiten auch 20 und mehr Fahrgäste befördern. Sie fahren auf ausgeschilderten Routen und werden von den Fahrgästen an jeder beliebigen Stelle zum Ein- und Aussteigen angehalten.

Der Schienenpersonennahverkehr ist sehr schwach entwickelt. Es soll zwar laut Baedeker eine U-Bahn geben, aber davon war nichts zu sehen. Zu sehen waren zwei Straßenbahnlinien: eine in der Altstadt, die zu den westlichen Vororten fährt, sehr modern und gut frequentiert und eine in der Neustadt, die ungefähr 100 Jahre alt ist und eingleisig inmitten einer Fußgängerzone zirka 1 km bergauf bzw. bergab fährt.

Darüber hinaus gibt es eine Art S-Bahn-Verkehr auf den vorhandenen Eisenbahnstrecken: In der Altstadt vom Hauptbahnhof (Sirkeci) Richtung Westen in die Vororte auf der europäischen Strecke des Orient-Expreß. Auf dem asiatischen Teil vom Bahnhof Playdarpascha der Bagdad-Bahn Richtung Südosten in die Vororte entlang der Küste des Marmara-Meeres.

Einen sehr großen Anteil am ÖPNV bewältigt die Schiffahrt. Auf allen Wasserwegen gibt es einen lebhaften Personenverkehr. In den Morgenstunden konnten wir beobachten, daß an der zentralen Anlegestelle am Goldenen Horn in der Altstadt im 5-Minuten-Takt Schiffe aus allen Teilen der Stadt anlegten, die teilweise ein Fassungsvermögen von 1.500 bis 2.000 Passagieren haben. Tagsüber fahren diese relativ großen Schiffe im 20- bis 60-Minuten-Takt zwischen den wichtigsten Anlegestellen. Als Tourist benutzt man zweckmäßigerweise Taxis, von denen es mehr als genug zu moderaten Preisen gibt. Für eine Viertelstunde Fahrt (ca. 8 km) haben wir umgerechnet etwa 6,- DM bezahlt.

Dr. Helmut Heinschel
Berlin-Weißensee

aus SIGNAL 4-05/1998 (Juni 1998), Seite 34

 

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