Für die S-Bahn ein langer und nicht ganz problemloser Weg, was unter
anderem auf die umfangreiche dezentrale Infrastruktur und die komplizierte
Verflechtung mit dem Mutterunternehmen DB AG zurückzuführen ist.
Die Größenordnung des Systemunternehmens S-Bahn läßt sich mit den
Eckdaten - ca. 235 km Streckennetz, 165 Bahnhöfe, 750 Viertelzüge, ca.
920.000 Fahrgäste werktäglich - am anschaulichsten beschreiben. Übrigens
emittiert die S-Bahn pro Personenkilometer verglichen mit einem
durchschnittlichen PKW nur ein Viertel Stickstoff und 0,5 % der
Kohlenwasserstoffe.
Mit ca. 4.700 Mitarbeitern ist die S-Bahn Berlin GmbH ein wichtiger
Arbeitgeber und ein bedeutendes Wirtschaftsunternehmen der Hauptstadt
Berlin. So ist sie auch einer der größten Ausbildungsbetriebe der Stadt.
Darüber hinaus möchte die ohnehin aus ihrer Tätigkeit heraus umweltfreundliche
S-Bahn auch im Umweltschutz eine Pionierrolle einnehmen. Doch vor den
Ehrgeiz eines der ersten, wenn nicht sogar das erste
Schienen-Verkehrs-Öko-Audit in Europa durchzuführen, stellte die
Geschäftsführung das Ziel, das Umweltmanagementsystem vornehmlich durch die
Mitarbeiter der S-Bahn selbst zu entwickeln und damit Umweltschutz in
allen Betriebsteilen der S-Bahn systematisch zu verankern und zu
realisieren; für ein wirtschaftlich arbeitendes und wirklich "gelebtes"
Umweltmanagementsystem fast unabdingbar. Alle Mitarbeiter der S-Bahn
Berlin GmbH sollen sich der Aufgaben des Umweltschutzes verbunden
und verpflichtet fühlen.
Unterstützt wurde die S-Bahn in ihren ehrgeizigen Zielen durch
unabhängige Berater der GUT Gesellschaft für Umwelttechnik und
Unternehmensberatung mbH, Berlin.
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Abbildung 1: Ablaufplan der Umweltprüfung. Zeichnung: GUT |
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Seit Herbst 1996 verfolgt die S-Bahn diesen Weg. Damals war an eine
Erweiterungsverordnung zum Umweltauditgesetz, wie am 13. Januar 1998 vom
Bundeskabinett beschlossen und am 10. Februar
1998 in Kraft getreten, noch gar nicht zu denken. Seither sind 1,5
Millionen Dienstleistungsunternehmen zusätzlich zum gewerblichen Bereich
zur Teilnahme am Umwelt-Audit berechtigt. Das versetzt auch die
S-Bahn bzw. Teile der S-Bahn in die Lage, sich validieren und in die
Standortliste eintragen zu lassen. So hat sich die akribische Arbeit
der Beteiligten sowohl für die Umwelt im allgemeinen als auch für
die S-Bahn hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit und Werbewirksamkeit
gelohnt.
Ausgangssituation
Am Anfang - vor fast eineinhalb Jahren - stand das Bekenntnis der S-Bahn
Berlin GmbH, ein Pionier im Umweltschutz werden zu wollen. Ein offensives
Umweltmanagement mit einer Beteiligung am EG-Öko-Audit-System sollte ihre
Umweltfreundlichkeit
und ihr Image, aber auch ihre Wirtschaftlichkeit weiter verbessern. Vor diesem
Hintergrund wurde von September '96 bis Januar '97 eine erste Umweltprüfung
(Abb. 1) durchgeführt. Das Ziel der Untersuchung war eine umfassende Prüfung
der Unternehmenstätigkeit auf Umweltauswirkungen, abschließend mit der
Erstellung einer ersten Umweltbilanz der S-Bahn Berlin GmbH.
Der 2. Schwerpunkt der Prüfung lag in der Identifikation von
Kostensenkungspotentialen im Umweltbereich. Erfahrungsgemäß werden hier
erhebliche Einsparungsmöglichkeiten entdeckt, da Energie, Abfall, Wasser-
und Abwasser mit großen Kostenblöcken zu Buche schlagen. Desgleichen kann
eine verbesserte Umweltorganisation zur Kostensenkung beitragen.
Methodisch war eine Abgrenzung des "Umweltsystems S-Bahn" (Abb. 2) notwendig.
Nach Ortsbegehungen, Datenerhebung bzw. Auswertung vorhandener Daten
wurde mit Hilfe einer Input-Output-Analyse die Stoff- und Energieflüsse
des Unternehmens ermittelt. Dabei wurde festgestellt, daß das Umweltsystem
Bahn" aus Fahrweg, Zügen, Bahnsteigen, vier Werkstätten zur Instandhaltung
und der Verwaltung besteht. Da Fahrwege und Bahnsteige der DB AG gehören
und mit der S-Bahn ein Benutzervertrag besteht, differieren das
"Umweltsystem S-Bahn" und die tatsächlichen "Besitzverhältnisse".
Diese Verflechtungen erschwerten die Analyse besonders.
Schwerpunkt der Umweltbeurteilung war die Genehmigungssituation, die
Abfallentsorgung in den Betriebsbereichen und der Zustand
umweltrelevanter Anlagen der S-Bahn.
Die Betriebsbegehung und Bestandsaufnahme der umweltrelevanten Anlagen
ergab, daß sich die betriebenen Anlagen in der Regel auf dem Stand der
Technik befinden und korrekt betrieben bzw. gewartet werden. Aus dem
Betriebsgeschehen der Standorte der S-Bahn Berlin GmbH resultieren
keine erheblichen Umweltbelastungen, wobei der Lärm älterer S-Bahnzüge
in Nähe der Wohnbebauungen ein Problem darstellt.
Die Analyse der bestehenden Umweltorganisation verdeutlichte, daß die
S-Bahn Berlin GmbH in Eigeninitiative bereits fundierte Ansätze für eine
Umweltorganisation entwickelt hatte, aber eine in sich geschlossene
Umweltorganisation noch nicht existierte, ein gewisses Risiko des
Organisationsverschuldens bei auftretenden Umweltproblemen also
durchaus gefunden war.
Erkannte
Abfall- und Abwasserprobleme
Für die Abfallentsorgung stand die Frage der Verantwortlichkeit
im Betriebsbereich zur Klärung an.
Betrachtet wurden dabei:
- Abfälle aus der Zugreinigung,
- Abfälle aus dem Bereich des Schienennetzes,
- Abfälle im Bereich der Bahnhöfe.
Im gesamten Unternehmen fielen 1995 ca.
14.000 t Abfall an. Die größte Fraktion bildete der hausmüllähnliche
Gewerbeabfall mit ca. 11.000 t. Es folgten Metallabfälle und Bauschutt.
Die Betriebsbereiche mit den Bahnhöfen trugen hierzu nach einer Hochrechnung
mit fast 4.000 t bei.
Obwohl die Abfalldaten der Werkstätten in ausreichender Genauigkeit
Vorlagen, wurde festgestellt, daß für ca. 6% des Gesamtabfallgewichtes
die Angabe des Entsorgungsweges nicht möglich war. Unter anderem existierte
keine zentrale Organisation der Abfallentsorgung für die
einzelnen Werkstätten.
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Abbildung 2: Systemdarstellung S-Bahn mit Abgrenzung zur DB AG. Zeichnung: GUT |
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Zwei wichtige Erhebungsergebnisse kristallisierten sich im Abwasserbereich
heraus. Handlungsbedarf resultierte insbesondere aus dem altersbedingten,
vermutlich nicht mehr ordnungsgemäßen Zustand von Kanälen und Abscheidern
(Alter zum Teil über 60 Jahre!). Im Rahmen der ersten Umweltprüfung
wurde außerdem festgestellt, daß die S-Bahn Berlin GmbH entgegen der
anfänglichen Auffassung Besitzer und Betreiber der gesamten
Abwasserkanalisation in den Werkstätten ist und nicht die DB AG.
Damit ist sie für den ordnungsgemäßen Zustand verantwortlich.
Was wurde bis heute umgesetzt?
Durch Energieeinsparung, Abfallvermeidung, -trennung sowie durch
sparsamen Umgang mit Wasser kann die S-Bahn schon heute jährlich bis
zu 10,8 Mio. DM sparen. Außerdem konnten in der Hauptwerkstatt
Schöneweide im Bereich der industriellen Metallwaschmaschinen mit
Hilfe einer neuen Waschanlage und Abwasseranlage Wassereinsparungen bis
zu 85 % erreicht werden. In der Hauptwerkstatt wurde der Wasserverbrauch
durch verschiedene Maßnahmen um 30 % gesenkt. Die ersten praktischen
Erfahrungen lassen darauf schließen, daß weitere Einsparungen
als realistisch angesehen werden können.
Eine weitere unabdingbare Errungenschaft aus dem Umweltprüfprozeß ist ein
neues Hallendach in der Hauptwerkstatt, das 1927 errichtet worden war und
nach dieser langen Nutzungsdauer erhebliche bauliche Mängel hinsichtlich
Dichtheit, Lichtdurchlässigkeit und Sicherheit aufwies. Ein Kriterium für die
Dacherneuerung war, bei Berücksichtigung des Denkmalschutzes, eine bessere
Wärmedämmung zu erreichen. Die projektierten Daten gehen von einer Senkung
der Abstrahlverluste von ca. 17% aus. Damit wird, bezogen auf den
Witterungsverlauf des Jahres 1997, eine Einsparung von 146,37 t Heizöl
bzw. 1538 TkWh möglich. Die durch die Öko-Audit-Aktivitäten angestoßenen,
gegenwärtig noch laufenden Maßnahmen zur Kosteneinsparung sorgen für eine
Steigerung der Wirtschaftlichkeit der S-Bahn. Durch mehr Ökologie kommt
die S-Bahn auch zu mehr Ökonomie und damit zu einer Steigerung ihrer
Wirtschaftlichkeit. Viele der vorgeschlagenen Maßnahmen sind
deshalb sofort eingeleitet worden.
Auch der Aufbau der Umweltschutzorganisation ist bereits wesentlich
schlagkräftiger und systematischer, so daß ein denkbares
Organisationsverschulden an Umweltunfällen deutlich vermindert, wenn
nicht ausgeschlossen werden kann.
Zur Zeit schließt die S-Bahn Berlin GmbH die Einführung des erarbeiteten
Umweltmanagementsystems ab. Das Umweltmanagementhandbuch liegt vor. 56
interne Richtlinien regeln Lagerung und Umgang mit Gefahrstoffen, Emission
und Lärmbekämpfung, Gewässerschutz, Abfallwirtschaft und Entsorgung,
Umweltkostenrechnung etc.; geben also konkrete Handlungsanweisungen in
allen Bereichen der S-Bahn Berlin GmbH. Interne Audits schließen sich
in den nächsten Monaten als Voraussetzung für eine Zertifizierung nach
DIN ISO 14001an. Die Umweltpolitik und die Umweltverbesserungsziele
wurden bereits den Mitarbeitern vorgestellt und auch die Umwelterklärung
wird rechtzeitig zur Validierung noch im Jahr 1998 vorliegen.
Dr.-Ing. Jan Uwe Lieback, Geschäftsführer der GUT,
Gesellschaft für Umwelttechnik und Unternehmensberatung mbH, Berlin Dipl.-Ing. Günther Ruppert, Technischer Geschäftsführer der S-Bahn Berlin GmbH Prof. Dr. Lutz Wicke, Direktor Institut für Umweltmanagement (IfUM) Berlin
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