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Öffi – gut mit kleinen Abstrichen
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Öffi stellt bei verspäteten Fahrten in der Fahrplanauskunft die SOLL-Abfahrtzeiten wie einen Schatten dar. Das führt zu etwas gewöhnungsbedürftigen Darstellungen. Öffi |
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In Öffi kann der Nutzer das Verkehrsnetz auswählen, das die App als Datenlieferant verwendet. Praktisch wäre, wenn die App dies von selbst anhand der Verbindung erkennt. Öffi |
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Weit verbreitet ist die App „Öffi“ von Andreas
Schildbach, die es nur für Android gibt.
Die App ist ein privates Freizeitprojekt, es
steckt also keine direkte Gewinnabsicht
dahinter. Die App bietet das Standardwerk
an: Fahrplanauskünfte, Abfahrtzeiten und
Liniennetzpläne. Dabei ist die App vom Design
her sehr schlicht gehalten. Die Verbindungen
der Fahrplanauskunft werden in
einer scrollbaren vertikalen Balkenansicht
dargestellt.
Die Aufbereitung von Echtzeitabfahrten
ist bei Öffi etwas unübersichtlich: gestapelte
Zeilen, sortiert nach Entfernung vom
ermittelten Standort. An großen Umsteigepunkten
kann es mühselig werden, die
nächste Abfahrt „seiner“Linie zu finden.
Öffi bietet die Möglichkeit, innerhalb der
App den Datenlieferanten (z. B. Deutsche
Bahn oder VBB und viele andere) zu wechseln.
Hierzu muss die oberste Leiste angetippt
werden.
In Öffi lassen sich viele verschiedene Liniennetze
(z. B. auch das Nachtliniennetz)
und einige Standortpläne abrufen. Beim
Kartenmaterial greift die App auf Google
Maps zurück. Wer viel bundesweit oder
international unterwegs ist, wird auch auf
Reisen schnell den passenden Datenlieferanten
finden, ohne jedes Mal erst eine für
die Region passende App zusätzlich installieren
zu müssen.
Citymapper mit guten Ideen –
und Mängeln
Die App „Citymapper“ ist auf ausgewählte
internationale Städte zugeschnitten. Sie
wird von der Citymapper Limited bereitgestellt,
einem Unternehmen mit Sitz in
London, das 10 Mio Dollar Risikokapital
eingesammelt hat. Womit dieses Unternehmen
mal Geld verdienen möchte, ist nicht
ersichtlich. Ein Geschäftsmodell kostenloser
Dienste ist es meist, Daten der Nutzer
zu sammeln und zu verkaufen. Dies ist auch
hier anzunehmen.
Derzeit sind für Deutschland die Städte
Berlin und Hamburg enthalten. Die Abfahrtzeiten
der BVG werden immerhin
„haltestellenmastscharf“ dargestellt. Das erleichtert
die Orientierung, da sich dadurch
teilweise eine Sortierung nach Richtung
ergibt.
Zur Fahrplansuche tippt man auf „Bring
mich wohin“. Alternativ lassen sich auch
vordefinierte Orte auf einen Button legen.
In der Fahrplansuche lässt sich u. a. eine
(Google-)Karte zu einem beliebigen Platz
scrollen und ein Punkt als Start oder Ziel
auswählen. Sehr praktisch! Es erscheint
dann eine Übersicht von Möglichkeiten
zu Fuß, mit Fahrrad, Taxi (mit Preisangabe)
oder ÖPNV. Die Verbindungsansicht für
den ÖPNV ist ohne Uhrzeiten, was ungewohnt
ist und in bestimmten Fällen auch
sehr nachteilig sein kann.
Beachtenswert ist, wie in Verbindungsauskünften
Linien gruppiert werden. Wer
beispielsweise von Schöneweide nach
Hackescher Markt möchte, dem erklärt die
App, dass man alle 10 Minuten mit S 8 und
S 9 nach Ostkreuz fahren kann und von
Ostkreuz mit der S 5, S 7 und S 75 nach Hackescher
Markt. Die Verbindungsauskunft
mischt eine streckenbasierte Auskunft mit
Angabe der aktuellen Abfahrtzeiten an
den Umsteigepunkten. Gut für Verbindungen
mit dichten Takten, aber unbrauchbar,
wenn sich beispielsweise eine Regionalbahn
im Stundentakt in der Verbindung
befindet.
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Bei Citymapper lässt sich oben per Reiter schnell das passende Verkehrsmittel wählen, unten erscheint dank „mastscharfer“ Darstellung schnell eine nach Richtungen gebündelte Ansicht. Citymapper |
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Die Auskunft des Citymapper verrät mir, dass ich in 10, 19 oder 30 Minuten eine S-Bahn nach Schönefeld nehmen kann. Sie sagt mir leider nicht, welche ich am günstigsten nehme. Citymapper |
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Wann man idealerweise z. B. mit der
S-Bahn zum Regionalbahnhof anreist, um
dort möglichst wenig zu warten, verrät die
App nicht. Ebenso nicht hilfreich ist, dass
Verbindungen angegeben werden, die z. B.
wegen Bauarbeiten nicht existieren. Die
App weist zwar beim Liniensymbol daraufhin,
und es ist per Tippen auf „Sperrung
umgehen“ möglich, sich eine Alternativroute
geben zu lassen, doch warum zunächst
nicht fahrbare Routen ausgegeben
werden, erschließt sich nicht.
Die App weist einige interessante Mehrinformationen
auf, die darauf hinweisen,
dass sich die App-Entwickler mit den lokalen
Begebenheiten auseinander gesetzt
haben: So lässt sich unter dem Reiter „Stadt“
für alle U- und S-Bahn-Linien sofort ablesen,
ob jetzt und in Zukunft Bauarbeiten
anstehen oder eine Störung vorliegt. Außerdem
werden die letzten Twittermeldungen
der S-Bahn und BVG angezeigt.
Moovel – interessante Kostenvergleiche
Diejenigen, für die auch der Mietwagen,
die Taxifahrt und das Fahrrad zur täglichen
Verkehrsmittelwahl gehören, sollten sich
„Moovel“ anschauen. Diese App, die von der
moovel GmbH, einem Tochterunternehmen
der Daimler AG, veröffentlicht wurde,
zeigt Mietwagen (nur Car2go & Flinkster),
Mitfahrgelegenheiten, Taxi, Fahrrad und
ÖPNV im Vergleich der Kosten und Fahrtdauer
an. Innerhalb einer Fahrt werden diese
Möglichkeiten jedoch nicht kombiniert.
Das charmante ist, dass zu allen Fahrtmöglichkeiten
auch sofort der Preis genannt
wird. Möchte ich also vom Zoo zum Alex
gern für 17 Euro das Taxi, für 5,80 Euro das
Mietauto, für 2,70 Euro die Bahn oder für 1
Euro das Leihrad nehmen?
Zeiten und Preise sind sehr transparent
dargestellt, aber die Buchung ist noch nicht
für all diese Systeme aus der App möglich.
Doch Ziel von Moovel ist es, ein Vertriebsdienstleister
für alle Verkehrsarten zu werden.
Es soll also später mal möglich sein,
auch jedes gewählte Verkehrsmittel aus der
App heraus zu buchen, egal ob Verbundticket,
Taxi, Mietauto oder Rad. Der Anbieter
würde an der Vermittlungsprovision verdienen.
In Berlin funktioniert das bisher zumindest
für das Taxi und das Mietauto. Bei dem
Versuch, das Fahrrad aus der App heraus zu
buchen, stürzte die App in unseren Versuchen
immer ab. Fahrkarten für den VBB lassen
sich über die App nicht erwerben.
quixxit –
verbesserungsbedürftig
Sehr ähnlich wie Moovel ist „quixxit“
aufgebaut, eine App der DB
Vertrieb, einem Tochterunternehmen
der DB zum Verkauf von Fahrkarten.
Auch diese App beansprucht für
sich, alle Formen der Mobilität zu
bündeln. Quixxit ist jedoch mit
seiner Integration von Fernbus
und Flugzeug auch für längere
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Moovel: Ähnliche Reisezeiten, unterschiedliche Preise. Darstellung einer Abfrage vom Zoo zum Alexanderplatz bei Moovel. Moovel |
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Reisen ausgelegt, schwächelt
jedoch im Nahverkehr: Für die
einfache Berliner Verbindung
vom Alexanderplatz zum Zoo kennt quixxit
nur die eigenen Mieträder (Call a bike) und
nicht das Konkurrenzprodukt Nextbike.
Preise im VBB-Tarif kann quixxit ebenfalls
nicht ausgeben.
Der Sinn manch ausgegebener Verbindung
ist zweifelhaft: Warum sollte jemand,
der vom Alexanderplatz zum Zoo möchte,
mit der S-Bahn bis Tiergarten fahren, anschließend
17 Minuten zu einem Leihauto
laufen und dann den Rest mit diesem fahren?
Da könnte man genauso gut in der S-Bahn
sitzen bleiben oder gleich zum Zoo laufen.
Hier liegt der Verdacht nahe, dass die
App versucht, das Routing auf DB-Verkehrsmittel
(insbesondere DB Mietautos)
zu lenken. Daher ist gerade bei Anbietern
wie Moovel und quixxit, die sich als neutraler
Mobilitätsvergleich darstellen, immer
kritisch zu hinterfragen, ob die Fahrempfehlung
tatsächlich neutral und objektiv erfolgt.
Sowohl hinter Moovel als auch hinter
quixxit stecken schließlich Unternehmen,
die (auch) ihre eigenen Produkte verkaufen
wollen.
Annäherung an die perfekte App
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Unverständliche Empfehlung von quixxit: Kurz vor dem Ziel noch ein Abstecher mit 17 Minuten Fußmarsch, um 3 Minuten mit dem DB-Mietauto zu fahren. quixxit |
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Alle genannten Apps haben also (noch?)
unterschiedliche Schwächen. Doch wie
sähe eigentlich die perfekte App für den
Fahrgast aus?
Beispiel Fahrplanauskunft. Hier müsste
die App selbstständig, also in Abhängigkeit
von der Route, den besten Datenlieferanten
mit den aktuellsten SOLL- und ISTDaten
auswählen. So müsste der Fahrgast
nicht überlegen, wenn er zum Beispiel von
Berlin nach Wismar möchte, ob er als Datenlieferant
in der App Öffi nun lieber den
VBB, die DB oder Mecklenburg-Vorpommern
einstellt.
Beispiel Abfahrten. Anzeige der Abfahrten
richtungsscharf sowie mastscharf.
So kann der Fahrgast auf der Karte auch
erkennen, ob die Haltestelle nördlich oder
südlich des Bahnhofs liegt.
Beispiel Intermodales Routing. Das
steckt jedoch noch in den Kinderschuhen.
Der Umstieg z. B. vom ÖPNV auf das Mietauto
erscheint recht willkürlich bzw. die
Information ist für den Fahrgast teilweise
völlig sinnlos – siehe das oben genannte
Beispiel.
Beispiel Ticketkauf. Hier ist die Integration
eines verkehrsmittel- und verkehrsträgerübergreifenden
Verkaufssystems
noch nicht gelungen. Vermutlich werden
hier aber schneller Fortschritte erzielt, als
bei den anderen Beispielen, da hier Geld
in Form von Vertriebsprovisionen zu holen
ist.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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