„Deutschland hat am 8. Juni 2015 das Gesetz
zur deutschen Pkw-Maut verabschiedet.
Gleichzeitig wurde ein Gesetz erlassen, das
Haltern von in Deutschland zugelassenen
Pkw die Befreiung von der Kfz-Steuer in
Höhe der Straßennutzungsgebühr garantiert.
Somit werden in Deutschland zugelassene
Pkw von der Straßennutzungsgebühr
ausgenommen. (…)
Die hauptsächlichen Bedenken der Kommission
betreffen den Aspekt der indirekten
Diskriminierung auf Basis der Staatsangehörigkeit.
Diese Diskriminierung findet
auf zwei Ebenen statt: Zum einen werden
deutsche Nutzer die Straßennutzungsgebühr
nicht zahlen, weil ihre Kfz-Steuer um
den exakten Betrag der Gebühr gesenkt
wird. Zum anderen sind die Preise für Kurzzeitvignetten,
die typischerweise für ausländische
Nutzer vorgesehen sind, überproportional
teuer. Bei entsprechenden
Straßennutzungsgebühren im EU-Ausland
(z. B. in Österreich und in Slowenien) ist
eine solche Diskriminierung nicht festzustellen,
was auch auf Interventionen der
Kommission zurückzuführen ist. (…)
Die Kommission befürwortet verhältnismäßige,
entfernungsbasierte Nutzungsabgaben,
die dem Verursacherprinzip und
dem entsprechenden Beitrag zum Unterhalt
der Infrastruktur besser Rechnung
tragen. Im „Weißbuch Verkehr“ aus dem
Jahr 2011 empfiehlt die Kommission aus
diesem Grund, die Straßennutzungsgebühren
und die Kfz-Besteuerung so auszurichten,
dass von der Preisgestaltung
die richtigen Anreize für Nutzer ausgehen.
Die von Deutschland verabschiedete Pkw-
Maut deckt sich nicht mit den Zielen des
Weißbuchs Verkehr von 2011, weil kein
Verhältnis zur Intensität der Straßennutzung
besteht.“
Aufgrund der Einleitung eines Verfahrens
vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH)
gegen die deutsche „Ausländer-Maut“ entschied
Bundesverkehrsminister Alexander
Dobrindt (CSU), die Maut nicht einzuführen,
bevor der EuGH ein Urteil gefällt hat.
Der Druck der EU auf die deutsche Regierung
hat also Wirkung gezeigt. Minister Dobrindt
gesteht ein, dass sein absurdes Vorhaben
der Prüfung durch den Europäischen
Gerichtshof nicht standhalten wird. Die Aussetzung
der Mauteinführung bedeutet den
Anfang vom Ende der ausländerfeindlichen
Pläne. Das ist eine schallende Ohrfeige für
Alexander Dobrindt!
Über den Widerstand quer durch die EU
kann niemand überrascht sein. Bereits zwei
Mal sind deutsche Regierungen mit unfairen
Mautvorhaben am Diskriminierungsverbot
der EU-Verträge gescheitert. Alexander Dobrindt
hätte es besser wissen können, doch
er hat sich selbst in die populistische Sackgasse
manövriert.
Jetzt ist es höchste Zeit, diese Farce zu beenden
und über eine ernst gemeinte Lösung
für die Finanzierung unserer Infrastruktur
nachzudenken. Fairness ist das oberste Gebot:
Vielfahrer sollen viel, Gelegenheitsfahrer
wenig zahlen. Auch die Fernbusse müssen
endlich eine Straßenbenutzungsgebühr
zahlen!
Wir brauchen Kostenwahrheit im Verkehr,
damit nicht die Allgemeinheit für die Folgen
aufkommen muss. Auf EU-Ebene besteht
darüber Einigkeit, jetzt müssen den Worten
Taten folgen – auch und gerade in Deutschland.
Michael Cramer
Mitglied des Europäischen Parlaments – Die Grünen/EFA und
Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr und Tourismus
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