Sachverhalt
Der Beschwerdeführer war Inhaber einer
Schülermonatskarte für die Strecke zwischen
Friedrichshafen und Stuttgart. Am
7. November 2014 wollte er mit dem IRE von
Friedrichshafen nach Stuttgart fahren. Aufgrund
von Streikmaßnahmen fuhr der Zug
jedoch lediglich bis Ulm und endete dort.
Die für den Beschwerdeführer nächstmögliche
Verbindung ergab sich erst mit einem
ICE mit Abfahrt in Ulm um 12.51 Uhr. Um
13.47 Uhr erreichte der Beschwerdeführer
schließlich Stuttgart. Planmäßig hätte er
bereits um 11.56 Uhr dort eintreffen sollen.
Für die Fahrt mit dem ICE musste der
Beschwerdeführer eine ICE-Fahrkarte zu einem
Preis von 33,50 Euro erwerben, da seine
Schülermonatskarte im Zug nicht akzeptiert
worden war.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Nach der Fahrt machte der Beschwerdeführer
beim Servicecenter Fahrgastrechte
eine Erstattung der Ticketkosten für den
ICE geltend. Das Servicecenter lehnte die
Erstattung der ICE-Fahrkarte ab, da weder
eine Verspätung von 60 Minuten vorgelegen
habe, noch sei das ICE-Ticket im Original
eingereicht worden. Damit ist der Beschwerdeführer
nicht einverstanden und begehrt
weiterhin die Erstattung der Kosten für die
ICE-Fahrkarte.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers
und kam zu dem Ergebnis, dass
dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Erstattung
der Kosten für das ICE-Tickt zusteht.
Die Beförderungsbedingungen des fahrkartenausgebenden
Verkehrsunternehmens
bestimmen folgendes: „Muss vernünftigerweise
davon ausgegangen werden,
dass der Reisende mit einer Fahrkarte der
Produktklassen ICE, IC/EC am Zielbahnhof
gemäß Beförderungsvertrag mindestens 20
Minuten verspätet ankommen wird, hat er
unverzüglich die Wahl zwischen (i) der Fortsetzung
der Fahrt oder der Weiterreise mit
geänderter Streckenführung bis zum Zielort
bei nächster Gelegenheit oder (ii) der Fortsetzung
der Fahrt oder der Weiterreise mit
geänderter Streckenführung bis zum Zielort
zu einem späteren Zeitpunkt. Er kann dabei
auch den Zug einer höherwertigen Produktklasse
benutzen.“
Weiter heißt es: „Für den Reisenden mit
einer Fahrkarte für die Produktklasse C gilt
Nr. 9.1.1 mit Ausnahme von Satz 2. Der Reisende
hat stattdessen bei Weiterreise im
Zug einer höherwertigen Produktklasse
zunächst den Fahrpreis für die benutzte
Produktklasse zu zahlen. Die dafür erforderlichen
Aufwendungen werden nach Nr.
9.3. erstattet. Dies gilt nicht für Inhaber von
Fahrkarten zu einem erheblich ermäßigten
Fahrpreis. Welche Fahrkarten das sind, ist in
den Beförderungsbedingungen der jeweiligen
Angebote geregelt.“
Maßgeblich war daher insoweit, ob es sich
bei der Schülermonatskarte des Beschwerdeführers
um einen Fahrausweis zu einem
erheblich ermäßigten Fahrpreis handelt.
Die Zeitkarten-Bestimmungen des fahrkartenausgebenden
Verkehrsunternehmens
trafen hierzu keine Aussage. Eine solche
Aussage wäre aber erforderlich gewesen.
Ausgehend von § 5 Eisenbahn-Verkehrsordnung
(EVO) ist nämlich in den Beförderungsbedingungen
zu regeln, ob es sich bei einem
Fahrschein um einen Fahrschein zu einem
erheblich ermäßigten Fahrpreis handelt.
Da eine diesbezügliche Regelung offenbar
nicht bestand, dürfte der Beschwerdeführer
einen Anspruch auf Erstattung der Kosten
für das ICE-Ticket haben.
Darüber hinaus war für die söp nicht nachvollziehbar,
warum das Servicecenter keine
Verspätung festgestellt hat. Ursprünglich
wollte und sollte der Beschwerdeführer mit
dem IRE um 11.56 Uhr in Stuttgart eintreffen.
Da der IRE jedoch unerwartet in Ulm endete,
musste er seine Fahrt mit dem ICE fortsetzen
und erreichte Stuttgart erst um 13.47
Uhr. Damit ist eine Verspätung von fast zwei
Stunden gegeben gewesen.
Die söp schlug daher vor, dem Beschwerdeführer
die Kosten für die ICE-Fahrkarte in
voller Höhe zu erstatten. Das Verkehrsunternehmen
stimmte dem Vorschlag uneingeschränkt
zu und stellte eine Erstattung
der Ticketkosten gegen Vorlage der Originalfahrkarte
in Aussicht. Mit diesem Vorgehen
zeigte sich auch der Beschwerdeführer
einverstanden, so dass die Angelegenheit
gütlich geklärt werden konnte.
Dr. Katja Schmidt
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich
an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und
-Leser können in jeder Ausgabe anhand eines
konkreten Falls einen Einblick in die praktische
Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-
Vorpommern und Sachsen-Anhalt können
sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von der BVG, der S-Bahn Berlin
GmbH oder einem anderen teilnehmenden
Verkehrsunternehmen der Region keine sie
zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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