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Die 1838 als erste preußische Eisenbahn gebaute
und seit 1945 größtenteils ungenutzte
Bahnstrecke verbindet die fünf „Großstädte“
Berlin, Schöneberg, Steglitz, Zehlendorf und
Potsdam. In jedem anderen Bundesland gäbe
es zwischen diesen Städten einen schnellen
Regionalzug, dessen Notwendigkeit niemand
bezweifeln würde. In Berlin und Brandenburg
hingegen scheitert die attraktive Bahnverbindung
an der politischen Mauer zwischen den
beiden Ländern. Berlin investiert nur im Stadtzentrum
und fühlt sich für Brandenburger
Pendler nicht zuständig. Brandenburg fördert
den ländlichen Raum, um den „Speckgürtel“
um Berlin nicht zu bevorzugen. Das Ergebnis:
Massen von Autos, die sich mangels echter Alternative
tagein, tagaus aus dem Südwesten
nach Berlin schieben. Die Bahnstrecke mit
einem „Fahrrad-Schnellweg“ zu überbauen,
wäre das Gegenteil von moderner Verkehrspolitik.
Volle Busse und Bahnen zeigen, dass Berlin
und Brandenburg mehr davon brauchen!
Fünf gute Gründe für die Stammbahn
Die Wiederinbetriebnahme der Potsdamer
Stammbahn ist verkehrspolitisch nach wie
vor sinnvoll:
- Die Bevölkerung wächst. In Berlin kommen
seit 2011 jährlich mehr als 40 000 Menschen
hinzu, in Brandenburg lebt mittlerweile
knapp die Hälfte der Einwohner rund
um Berlin.
- Auf mittlere Sicht kann die wachsende
Nachfrage nach Leistungen im Schienenpersonennahverkehr
der Relation Potsdam—Berlin-Steglitz—Berlin Hbf und ggf.
darüber hinaus nur mit der reaktivierten
Stammbahn befriedigt werden.
- Die Strecke stellt die schnellste Verbindung
für den Fern- und Regionalverkehr von
Potsdam in den Zentralen Bereich von Berlin
dar und entlastet die an der Leistungsgrenze
befahrene Stadtbahn.
- Mit dem Angebot eines attraktiven Schienenverkehrs
werden Pendler wie Freizeit-Nutzer motiviert, auf das Auto zu verzichten
– auch ein Beitrag zu Energiebewusstsein
und Klimaschutz.
- Mit der Stammbahn wird eine spürbare
Entlastung der Durchgangsstraßen und
Wohngebiete entlang dieser Verkehrsachse
und namentlich in den Bezirken Steglitz-Zehlendorf
und Tempelhof-Schöneberg
möglich.
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Im Ruhrgebiet wird auf der Trasse der ehemaligen Rheinischen Bahn ein Radschnellweg zwischen Essen und Duisburg angelegt. Das Foto zeigt den neu asphaltierten Radweg (Mitte), begleitet von einem gesplitteten Fußweg (rechts), am Bahnhof Mülheim/Ruhr (links). Auf der Berlin-Potsdamer Stammbahn-Trasse kämen – so der Plan – noch Beleuchtung, Rampen, Brücken, Fahrrad-Parkhäuser und Service-Stationen hinzu. Da wäre es lebensfremd zu glauben, dass so ein Radweg in 10 oder 20 Jahren zugunsten einer Bahnlinie zurückgebaut werden könnte. Deshalb ist auch die vermeintlich „temporäre Nutzung“ faktisch der dauerhafte Ausstieg aus dem Bahnbetrieb, die Option auf eine Reaktivierung der Stammbahn wäre im Wortsinne „verbaut“. Foto: Florian Müller, Sep. 2015 |
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Die verkehrsplanerischen Voraussetzungen
für die Wiederinbetriebnahme der Stammbahn
sind erfüllt. Die Trasse ist seit den 1990er
Jahren Bestandteil des Berliner Stadtentwicklungsplans
(StEP) Verkehr. Daher wurde beim
Bau des Nord-Süd-Tunnels die Einfädelung
durch einen Tunnelstutzen für 25 Mio. Euro
bereits baulich vorbereitet. Die Trasse ist weiterhin
Bahnfläche und auch in den Flächennutzungsplänen
des Landes Berlin, der Landeshauptstadt
Potsdam und der Gemeinde
Kleinmachnow als Bahnstrecke dargestellt.
Der auf Grundlage eines Staatsvertrages
zwischen Berlin und Brandenburg erstellte
„Gemeinsame Landesentwicklungsplan
für den engeren Verflechtungsraum“ weist
Kleinmachnow als „Potenziellen Siedlungsschwerpunkt“
aus, der an das Schienennetz
anzubinden ist.
Ermutigend ist die Tatsache, dass auf Ebene
der Länder etwas passiert. Brandenburg
entwickelt (endlich) eine Mobilitätsstrategie
als Grundlage für den neuen Landesnahverkehrsplan
2018-2022, Berlin überprüft seine
überholte Bevölkerungsprognose, und die
Deutsche Bahn AG hat sich zuletzt mit der
Netzkonzeption 2030 zum Ausbau des Schienennetzes
bekannt.
Wozu eine Fahrrad-Autobahn?
Die derzeit diskutierte Fremdnutzung oder
Bebauung der Trasse als „Fahrrad-Schnellweg“
oder „Multifunktionsweg“ würde die
Option auf eine Wiederinbetriebnahme der
Potsdamer Stammbahn auf Dauer zunichtemachen.
Auch eine vorerst temporäre Nutzung
würde schnell dauerhaft. Es wäre ein geradezu
verantwortungsloser Umgang mit öffentlichen
Geldern, wenn ein im zweistelligen
Millionenbereich liegender Wegausbau nach
10 Jahren wieder zurückgebaut würde. Allein
dies spricht gegen die Fahrrad-Autobahn in
der geplanten Trassenführung. Was aber besonders
befremdet: Fahrrad und Schiene sind
Teil des Umweltverbundes aus Bus & Bahn,
Fuß & Rad. In den letzten Jahren gab es viele
Erfolge bei dem gemeinsame Bemühen, das
Monopol des Autos auf den Straßenraum zu
brechen: Mit der Initiative jetzt werden Rad
und Schiene gegeneinander ausgespielt, und
auf der Straße bleibt alles wie gehabt.
Die Stammbahn muss wieder fahren!
Die Bürgerinitiative Stammbahn fordert die
Reaktivierung einer leistungsfähigen Bahnverbindung
und lehnt eine temporäre oder
dauerhafte Fremdnutzung der Trasse ab. Voraussetzung
dazu ist die Instandhaltung der
Bahndämme und Brückenpfeiler zwischen
Berlin und Griebnitzsee, des Bahnsteigs in
Zehlendorf sowie des Tunnelstutzens an der
Einfahrt zum Nord-Süd-Fernbahntunnel
durch den Infrastrukturbetreiber DB Netz
AG. Und wir wollen, dass die Länder Berlin
und Brandenburg kurzfristig eine Nutzen-
Kosten-Untersuchung durchführen, die die
neuen Rahmenbedingungen „Wachsende
Stadt und wachsende Region“ berücksichtigt.
Udo Dittfurth, Simon Heller, Jens Klocksin
info@stammbahn.de
www.stammbahn.de
Bürgerinitiative Stammbahn
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