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Foto: Tom Gerlich |
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Die M 8-Haltestelle am Nordbahnhof wurde
durch die neuen Kaps deutlich aufgewertet.
Vor vorbeirauschenden Autofahrern
muss hier nun kein Fahrgast mehr
Angst haben. Auf Radfahrer muss aber
weiterhin geachtet werden, denn der Radweg
verläuft direkt vor den Türen über das
Haltestellenkap. Schade, dass die Chance
der mehrwöchigen Sperrung nicht genutzt
wurde, um auch die benachbarte Haltestelle
Pappelplatz entsprechend umzubauen
und die gefährliche Haltestelle Brunnenstraße/Invalidenstraße umzugestalten.
Das muss nun zu einem späteren Zeitpunkt
nachgeholt werden.
TAB stoppt BVG
Während die M 8-Haltestelle mit einem
weit nach hinten versetzten Wartehäuschen
großzügig dimensioniert ist, wirkt
die M 10-Haltestelle mit dem Standardabstand
zwischen Wetterschutz und Bahnsteigkante
viel enger als nötig. Der bisherige
Gleiswechsel auf der Südseite der
Haltestelle verschwand beim Anschluss
an die neue Strecke. Als Ersatz für den
Betrieb bei Störungen entstand ein neuer
Gleiswechsel nördlich der Haltestelle im
Gleisbogen direkt an der Julie-Wolfthorn-Straße.
Dabei bewies die BVG erneut ein
äußerst unglückliches Händchen, denn
nach dem Neubau-Gleiswechsel in der
Pappelalle darf auch dieser wegen Bedenken
der Technischen Aufsichtsbehörde
(TAB) zunächst nicht genutzt werden. Der
Fahrer eines ankommenden Zuges kann
vorab weder den Gleiswechsel noch die
folgende Haltestelle einsehen und somit
nicht erkennen, ob sich dort bereits ein
Zug befindet, der vor seiner Einfahrt die
Haltestelle verlassen muss.
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60 Meter überdachte Wartefläche am Hauptbahnhof. Doch während die meisten Fahrgäste von hinten kommen, hält der 30-Meter-Kurzzug der M 10 ganz vorn und sorgt so für eine Völkerwanderung auf dem Bahnsteig. Foto: Tom Gerlich |
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Die fehlende Nutzbarkeit des Gleiswechsels
hatte beim Berlin-Marathon am 27. September
2015 zusammen mit der nur noch
eingleisigen Wendeschleife am Jahn-Sportpark
erhebliche Auswirkungen auf die Betriebsführung.
Statt bisher am Nordbahnhof
endete die M 10 bereits am Jahn-Sportpark
und blockierte damit die Wendemöglichkeit
für die M 2, die sonst dorthin abgeleitet wird.
Die M 2 fuhr deswegen zur Schleife Björnsonstraße,
wodurch die gesamte Prenzlauer
Allee nicht mehr von der Straßenbahn befahren
wurde.
Autofahrer blockieren Straßenbahn
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An der Einmündung Caroline-Michaelis-Straße funktioniert die Vorrangschaltung meist, doch durch die Verkehrsführung ist sie nicht immer nutzbar. Insbesondere in östlicher Fahrtrichtung ist die Sperrfläche zu gering dimensioniert. Foto: Tom Gerlich |
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Einladung zur Rotfahrt! Die Ampel zeigt eine grüne Vollscheibe (ohne Richtungspfeile). Am rechten Mast ist daneben überraschend ein rotes Licht für Rechtsabbieger zu erkennen. Da hier nur eine Spur rechts abbiegt, könnte das Gleis bis zur Chausseestraße abmarkiert werden. Foto: Tom Gerlich |
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Der erwartete Flaschenhals der neuen Strecke
sind die Haltestelle Naturkundemuseum
und die Kreuzung mit der Chausseestraße.
Die vielfach befürchtete Überlastung der
Ampelanlage ist allerdings nicht eingetreten.
Sie verkraftete sogar die zusätzlich umgeleitete
M 1 problemlos. Zur Gewährleistung
des Verkehrsflusses wurde das Linksabbiegen
in allen vier Fahrtrichtungen (außer für
BVG-Fahrzeuge) untersagt. Dummerweise
wird das Verbot bisher nicht vorab durch
verkehrslenkende Hinweisschilder angekündigt,
was immer wieder zu überraschten
Autofahrern führt und in allen vier Verbotsrichtungen
ignoriert wird. Und so kommt es
vor, dass mehrere Autofahrer links blinkend
auf der Kreuzung stehen, während die Fahrradstreife
der Polizei angestrengt nach Radfahrern
sucht, die sich falsch verhalten. In der
Beschilderung und Überwachung liegt also
noch deutlicher Nachbesserungsbedarf.
Irritiert sind viele Verkehrsteilnehmer
auch über die komplizierte Gleisführung in
östlicher Fahrtrichtung. Die rechtsabbiegende M 5
bleibt zunächst in der linken Fahrspur
und biegt an der Kreuzung aus dieser nach
rechts ab und bedient die dortige Haltestelle,
die gern zugeparkt wird. Die geradeaus
fahrenden Linien M 8 und M 10 wechseln
dagegen per Pförtnerampel von der linken
in die rechte Fahrspur, um die Haltestelle
am rechten Fahrbahnrand zu bedienen. Anschließend
braucht die Bahn eine eigene
Phase, um wieder auf die linke Fahrspur zu
wechseln.
Verbesserungsfähig: Haltestelle am Hbf
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Tapfer warten Fahrgäste nun am Hauptbahnhof bis zu 20 Minuten auf die nächste M 5. Der tägliche Andrang zeigt den Bedarf für den 10-Minuten-Takt. Mit der Wiederverdichtung würden auch die 40-Minuten-Löcher bei Zugausfällen halbiert. Foto: Tom Gerlich |
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Mit der endgültigen Fertigstellung der Strecke
ging auch die neue Haltestelle Hauptbahnhof
in Betrieb, die vor einem Jahr
zunächst durch ein Provisorium vertreten
wurde.
Als einzige Haltestelle im Straßenbahnnetz
weist sie die aus der U-Bahn bekannten
Informations- und Notrufsäulen auf und
besitzt zudem einen stationären Fahrkartenautomaten.
Eine Ausrüstung, die auch
an anderen wichtigen Knotenpunkten wünschenswert
wäre.
Sitzgelegenheiten befinden sich leider
nur auf der östlichen Seite der Haltestelle,
während der Hauptzugang auf der Westseite
liegt. Mülleimer befinden sich nur an den
Zugängen der Haltestelle und sind zudem
im unscheinbaren grau „versteckt“, statt im
gewohnten BSR-Orange weit sicherbar zu
werben. Entsprechend vermüllt war die Haltestelle
bereits nach wenigen Betriebstagen.
Das klassische Haltepositionsproblem der
BVG ist selbstverständlich auch am Hauptbahnhof
in östlicher Fahrtrichtung anzutreffen.
Je nach Lust und Laune des Personals
halten die 30-Meter-Züge der M 10
irgendwo innerhalb der 60 Meter langen
Haltestelle – mit Vorliebe aber ganz vorn
und somit mit maximaler Entfernung zum
Hauptzugang am westlichen Ende, wo auch
die meisten Fahrgäste warten.
Die Alibi-Vorrangschaltung
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Die M 10-Haltestelle am Nordbahnhof in Standardausführung. Die Wartehalle steht ohne Zwang so dicht am Gleis, dass sich Ein- und Aussteiger gegenseitig behindern. Ein vom Alexanderplatz bekanntes Problem, das hier wiederholt wurde. Foto: Tom Gerlich |
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An der M 8-Haltestelle führt der Radweg über´s Kap. Die Wartehalle steht deutlich zurückgesetzt und städtebaulich gut in die Baumreihe integriert. Foto: Tom Gerlich |
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Richtung Hauptbahnhof muss sich der Fahrgast entscheiden, ob er die Straßenbahn von der Mittelinsel oder den Bus vom Straßenrand nutzt. In östlicher Richtung halten Bus und Bahn dagegen am selben Bahnsteig – eine gute Lösung, erkauft allerdings durch eine unübersichtliche Verkehrsführung. Foto: Tom Gerlich |
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Die Ampelschaltungen sollen dafür sorgen,
dass die Bahn haltfrei bis zur nächsten Haltestelle
kommt. Klingt nach Vorrang, ist es
aber nicht, denn erkauft wird dies durch
eine Blockade am Hauptbahnhof. Während
die Autos längst rollen, muss die Bahn in der
Haltestelle warten, bis auch sie ihre Freigabe
erhält, damit es an der nächsten Ampel
passt. Währenddessen kann allerdings keine
Folgebahn in die Haltestelle einfahren.
Innovativ wäre es, dem Fahrer anzuzeigen,
in wievielen Sekunden die nächste Phase
kommt oder die aktuelle Phase endet, so
dass die Türen nicht aus Angst einer verpassten
Phase zu früh geschlossen werden.
Auf Vorsignale wurde auch bei dieser
Strecke verzichtet, obwohl deren gezielter
Einsatz ein angepasstes Fahrverhalten ermöglichen
und dadurch helfen würde, die
Fahrdynamik zu verbessern.
Von den Fahrgästen gut angenommen
wurde auch die neue Schleifenfahrt über
Lesser-Ury-Weg nach Alt-Moabit sowie die
Einstiegshaltestelle Clara-Jaschke-Straße.
Am Lesser-Ury-Weg lässt es sich bequem in
den 245er-Bus umsteigen, doch auch hier
gilt es, beim Ausstieg auf nachfolgende Autofahrer
zu achten, deren StVO-Kenntnisse
eine Auffrischung vertragen könnten.
Noch bequemer lässt es sich in der Gegenrichtung
am Invalidenpark umsteigen,
denn dort halten Bus und Bahn am selben
Bahnsteig. Fahrgäste der Linie 123 kommen
allerdings ab Anfang Januar nicht mehr in
diesen Genuss, denn ihr Bus endet künftig
zusammen mit den Linien M 41 und M 85
in der Minna-Cauer-Straße nördlich des
Hauptbahnhofs und startet an der provisorischen
Haltestelle auf dem Busparkplatz mit
den längstmöglichen Umsteigewegen zum
Bahnhof.
Verlängerung zur Turmstraße überfällig
Doch trotz langer Verzögerungen beim Bau,
dogmatischer Vierspurigkeit auf der Invalidenstraße
anstelle eines eigenen Gleiskörpers
und der damit verbundenen komplizierten
Verkehrsführung und Probleme ist
die Straßenbahnstrecke zum Hauptbahnhof
ein voller Erfolg und zeigt damit sehr deutlich,
wie wichtig der Ausbau der Straßenbahn
in Berlin ist.
Der nächste Schritt, die Verlängerung
zum U-Bahnhof Turmstraße, ist zugleich
der längst überfällige Moabiter Schienenanschluss
in Ost-West-Richtung. Doch ist
für diese Verlängerung noch nicht einmal
das Planfeststellungsverfahren eröffnet
worden, obwohl dessen Dringlichkeit
unstrittig ist und der zuständige Stadtentwicklungssenator
Andreas Geisel sich
wiederholt für eine schnelle Realisierung
ausgesprochen hat. (ge)
IGEB Stadtverkehr
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