Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wollte zu einer
Freundin fahren und auf dem Weg dorthin
noch Besorgungen machen. Für diese Fahrt
stempelte sie einen Abschnitt einer zuvor
erworbenen 4-Fahrten-Karte ab (Uhrzeit:
13.30 Uhr). Nach einer kurzen Fahrtunterbrechung
nahm sie die Fahrt wieder zu ihrer
Freundin wieder auf. Sie plante, den Bus mit
planmäßiger Abfahrt um 15.08 Uhr zu nehmen.
Leicht verspätet stieg die Beschwerdeführerin
nach eigenen Angaben um 15.10
Uhr in den Bus. Die planmäßige Fahrzeit mit
diesem Bus beträgt ca. 20 Minuten.
Bei der Kontrolle gegen 15.45 Uhr habe
die Beschwerdeführerin ihren Fahrschein
vorgezeigt, der zunächst auch nicht beanstandet
worden sei. Später sei der Kontrolleur
zurückgekommen und habe bemängelt,
dass sie „15 Minuten über der Zeit“ sei.
Die Beschwerdeführerin habe daraufhin
die Situation und ihren Fahrtverlauf erläutert
und darauf hingewiesen, dass sie noch
weitere ungestempelte Fahrkarten habe.
Dennoch habe der Kontrolleur ein erhöhtes
Beförderungsentgelt in Höhe von 60 Euro
erhoben.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Gegen diese Forderung legte die Beschwerdeführerin
bei der Beschwerdegegnerin
„Widerspruch“ ein. Sie wies auf den verspäteten
Bus hin und auf ihre während der Kontrolle
vorhandenen weiteren Fahrscheine. Sie
ist der Auffassung, dass ein Hinweis des Kontrolleurs
zum Zeitablauf gereicht hätte. Sie
hätte dann einen weiteren Fahrschein abgestempelt.
Die Beschwerdegegnerin bestand
aber weiterhin auf ihrer Forderung i.H.v. 60
Euro. Die Gültigkeit des Fahrscheins betrage
120 Minuten und sei bei der Kontrolle bereits
seit 15 Minuten abgelaufen gewesen.
Damit zeigte sich die Beschwerdeführerin
nicht einverstanden und bat die Schlichtungsstelle
um Prüfung und die Durchführung
eines Schlichtungsverfahrens.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin
und kam zu dem Ergebnis, dass
das erhöhte Beförderungsentgelt unberechtigt
sein könnte.
Zwar stellte die söp zugunsten des Verkehrsunternehmens
fest, dass rein objektiv
die Voraussetzungen für den erhöhten
Fahrpreis gegeben waren, da die Beschwerdeführerin
einen um 13.30 Uhr entwerteten
Fahrausweis vorzeigte, der zum Kontrollzeitpunkt
nicht mehr gültig gewesen ist. Nach
den Bestimmungen des örtlichen Verkehrsverbundes
haben Einzelfahrausweise nach
der Entwertung eine Gültigkeit von 120
Minuten. Der von der Beschwerdeführerin
vorgezeigte Fahrausweis war daher zum
Kontrollzeitpunkt um 15.45 Uhr bereits seit
15 Minuten ungültig.
Dennoch ließ sich nach den glaubhaften
Schilderungen der Beschwerdeführerin
nicht gänzlich ausschließen, dass der Grund
für die Ungültigkeit der Fahrkarte nicht in
ihren Verantwortungsbereich fallen könnte.
Die Schlichtungsstelle wies darauf hin,
dass die Beschwerdeführerin mit dem Bus
um 15.08 Uhr fahren wollte. Den Zielort der
Beschwerdeführerin hätte der Bus bei regulärem
Fahrtverlauf um 15.27 Uhr erreicht.
Zum Zeitpunkt der Kontrolle um 15.45 Uhr
hätte die Beschwerdeführerin daher schon
längst ihren Zielort erreicht haben müssen.
Aufgrund des hohen Verkehrsaufkommens
kam es dann aber offenbar zu einer längeren
Fahrzeit als geplant. Bei planmäßigem
Fahrtverlauf hätte die Beschwerdeführerin
ihren Zielort daher noch innerhalb der Gültigkeitsdauer
ihres Fahrausweises erreicht.
Aus Gründen, die nicht in ihren Verantwortungsbereich
fallen, verlängerte sich die
Fahrtdauer unplanmäßig. Aufgrund dieser
Situation hätte der Kontrolleur auch kulanter
reagieren und die Entwertung eines weiteren
Fahrscheins akzeptieren können.
Die söp schlug daher vor, jedenfalls aus
Kulanz die Forderung einzustellen, da die
Beschwerdeführerin für die in Anspruch genommene
Beförderungsleistung zahlte und
sich offenbar auch keine Beförderungsleistung
erschleichen wollte. Mit diesem Vorschlag
zeigte sich das Verkehrsunternehmen
einverstanden und verzichtete – ohne Anerkenntnis
einer Rechtspflicht – auf die offene
Forderung. Die Beschwerdeführerin nahm
den Vorschlag ebenfalls an, so dass die Angelegenheit
gütlich geklärt werden konnte.
Dr. Katja Schmidt
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich
an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und
-Leser können in jeder Ausgabe anhand eines
konkreten Falls einen Einblick in die praktische
Arbeit der söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der
Länder Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-
Vorpommern und Sachsen-Anhalt können
sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von der BVG, der S-Bahn Berlin
GmbH oder einem anderen teilnehmenden
Verkehrsunternehmen der Region keine sie
zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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