Sachverhalt
Der Beschwerdeführer und seine Frau wollten
mit ihren Fahrrädern mit der Bahn von
Salzwedel nach Jena fahren und die dafür
erforderliche Fahrkarte am Fahrkartenschalter
in Salzwedel erwerben. Von der Mitarbeiterin
vor Ort wurde ihnen eine Verbindung
mit fünf Umstiegen und zwei Schienenersatzverkehren
empfohlen (Fahrzeit 8:20 h).
Da der Beschwerdeführer befürchten
musste, dass eine Fahrradmitnahme im SEV
schwierig werden könnte, fragte er nach
einer alternativen Verbindung. Seiner Frau
und ihm wurde daraufhin nur eine Verbindung
mit einem IC angeboten, die allerdings
nicht mehr gebucht werden konnte,
weil keine Fahrradstellplätze mehr vorhanden
waren. Daher entschieden sich der Beschwerdeführer
und seine Frau für die erste
angebotene Verbindung und kauften ein
Quer-durchs-Land-Ticket (54 Euro) sowie
zwei Fahrradkarten (10 Euro).
Nach dem Kauf der Fahrkarte suchte der
Beschwerdeführer dann selbstständig an
einem Fahrkartenautomaten nach einer
anderen Verbindung. Der Automat zeigte
eine Verbindung an, die von der Schaltermitarbeiterin
nicht genannt worden ist. Diese
Verbindung enthielt keinen Schienenersatzverkehr,
auch die Fahrzeit war deutlich
kürzer (6:36 h). Für diese Verbindung hätte
ein „Drei-Länder-Ticket“ zum Preis von 27
Euro ohne Fahrradkarten ausgereicht. Da
der Fahrkartenschalter zwischenzeitlich geschlossen
hatte, war ein Umtausch der Fahrkarten
nicht mehr möglich. Der Beschwerdeführer
und seine Frau traten die Fahrt
daher mit dem Quer-durchs-Land-Ticket an,
nutzten aber die schnellere Verbindung.
Im Zug sei ihnen vom Zugbegleitpersonal
in Aussicht gestellt worden, dass der zu viel
gezahlte Betrag erstattet werden würde. Daher
wandte sich der Beschwerdeführer nach
der Fahrt an das Verkehrsunternehmen, um
eine Erstattung des Mehrbetrages i.H.v. 37
Euro zu erreichen.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Der Kundendialog des Verkehrsunternehmens
lehnte eine Erstattung i.H.v. 37 Euro
zunächst ohne Begründung ab. Erst im Verlauf
der weiteren Korrespondenz teilte das
Verkehrsunternehmen mit, dass es sich bei
dem Fahrkartenschalter in Salzwedel um
eine selbstständige Agentur handele, auf
deren Entscheidung das Verkehrsunternehmen
keinen Einfluss nehmen könne.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers
und kam zu dem Ergebnis, dass
ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten
nicht ausgeschlossen ist. Anhang II zur Verordnung
(EG) Nr. 1371/2007 (VO) bestimmt,
dass Fahrkartenverkäufer vor Fahrtantritt
bestimmte Mindestinformationen zu erteilen
haben. Hierzu gehören unter anderem
Informationen zu Fahrplänen und Bedingungen
der Fahrt mit der kürzesten Fahrzeit
sowie zu den Fahrplänen und Bedingungen
der Fahrt zum günstigsten Fahrpreis.
Nach den Schilderungen des Beschwerdeführers
ist nicht ausgeschlossen, dass die
Servicemitarbeiterin vorliegend diese Informationen
trotz Nachfrage nicht erteilt hat. Die
Fahrzeit der angebotenen Reiseverbindung
war um ca. 2 Stunden länger als die letztlich
genutzte. Darüber hinaus hätte es ein kostengünstigeres
Ticket gegeben. Nach der aktuellen
Tarifauskunft werden für eine ähnliche
Verbindung drei verschiedene Ländertickets
angeboten, die preislich zwischen 28 Euro und
52 Euro liegen. Eine mangelhafte Beratung
konnte daher nicht ausgeschlossen werden.
Soweit das Verkehrsunternehmen darauf
verwies, dass lediglich ein Partnerunternehmen
die Fahrkarte verkauft habe,
überzeugte dieser Einwand nicht. Da der
Verkauf der Fahrkarte wohl im Namen des
Verkehrsunternehmens stattgefunden hat
und das „Lizenzunternehmen“ als Vermittler
aufgetreten ist, dürfte sich das Verkehrsunternehmen
eine etwaige Falschberatung
nach § 278 BGB auch zurechnen lassen
müssen. Im Übrigen war auf der Fahrkarte
deutlich das Logo des Verkehrsunternehmens
zu erkennen, was ebenfalls dafür
spricht, dass dieses für seine Leistungen
auch einstehen müsste. Ein Erstattungsanspruch
i.H.v. 37 Euro ist daher jedenfalls
nicht gänzlich ausgeschlossen.
Das Verkehrsunternehmen teilte mit, dass
zwar das Verkaufsgespräch nicht mehr rekonstruiert
werden könne. Allerdings sei die
angebotene Verbindung mit fünf Umstiegen
und dem Schienenersatzverkehr auf
einer Teilstrecke nicht nachvollziehbar, da
auch nach Recherchen des Verkehrsunternehmens
die letztlich von den Reisenden
genutzte Reiseroute die sinnvollste war.
Ein Verkaufsfehler durch die Agenturmitarbeiterin
in Salzwedel sei daher nicht vollständig
auszuschließen. Für die Fahrt von
Salzwedel nach Jena über Magdeburg kann
das Sachsen-Anhalt-Ticket genutzt werden.
Nach den gültigen Angebotsbedingungen
für dieses Ticket, ist auch bei Fahrten nach
Thüringen die Fahrradmitnahme kostenlos.
Der zusätzliche Erwerb einer Fahrradtageskarte
für den Nahverkehr wäre damit nicht
notwendig gewesen.
Das Verkehrsunternehmen stimmte daher
einer Erstattung des zu viel gezahlten
Betrages i.H.v. 37 Euro zu. Da sich auch der
Beschwerdeführer mit diesem Vorschlag
einverstanden erklärte, konnte das Schlichtungsverfahren
einvernehmlich beendet
werden. Dr. Katja Schmidt
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
|