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Jetzt über 100 Euro: Berlin-ABC. Foto: Florian Müller |
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Positiv und nachvollziehbar ist die Wahl
der Kriterien, anhand derer dieser Index
ermittelt wird: zu 83 Prozent durch die Entwicklung
der Lebenshaltungskosten und
zu je 8,5 Prozent durch die Entwicklung der
Kraftstoff- bzw. Strompreise. Negativ ist,
dass es für niemanden außerhalb des VBB
nachvollziehbar ist, wie die Umrechnung auf
die einzelnen Fahrpreise erfolgt. Wie werden
die einzelnen Tarife gewichtet, um am
Ende auf einen Durchschnittswert von 1,84
Prozent zu kommen? Welche Annahmen
werden der Berechnung zugrunde gelegt
hinsichtlich erhöhter oder verminderter
Nachfrage nach einem Tarifangebot? Werden
erhöhte Erlöse durch mehr Fahrgäste
berücksichtigt? Hierzu gibt der VBB keine
Antwort.
Diese IGEB-Kritik konnten Sie fast wortgleich
bereits 2014 und 2015 im SIGNAL lesen.
Leider ist sie auch 2016 noch aktuell.
Mogelpackung Index
Wie intransparent das Verfahren ist und wie
wenig aussagekräftig der Index ist, wird
bei der Tariferhöhung zum 1.1.2017 sogar
noch deutlicher. „Eine Ausnahme bildet das
Tarifgebiet Potsdam AB. Hier beträgt die
durchschnittliche Tarifanpassungsrate vier
Prozent“, schreibt der VBB in seiner Presseinformation
vom 29. September 2016. Damit
hat der VBB das ausgesprochen, was in
den Vorjahren beispielsweise für die Berliner
Stammkunden-Tarife galt: Wenn der Index
den Verkehrsunternehmen zu niedrig ist,
wird er als Bemessungsmaßstab einfach außer
Kraft gesetzt.
Bis 50 Prozent – Potsdams Fahrgäste
werden zur Kasse gebeten
Selbst der Vier-Prozent-Wert für die Potsdamer
Tarifzone AB beschönigt noch, was tatsächlich
auf die Fahrgäste der Landeshauptstadt
zukommt, zum Beispiel die Nutzer des
Kurzstreckentarifs. Denn dieser wird nicht
nur von 1,40 auf 1,50 Euro angehoben, was
allein schon einer Erhöhung um 7,1 Prozent
entspricht, sondern die Reichweite des Tickets
wird um ein Drittel reduziert! Ab 2017
kann der Fahrgast in Potsdam nicht mehr
sechs Haltestellen weit fahren, sondern
nur noch vier. Will er weiterhin sechs Stationen
fahren, muss er eine Einzelfahrkarte
Potsdam AB für dann 2,10 Euro kaufen. Das
entspricht einer Teuerung um 50 Prozent gegenüber
der bisherigen Kurzstrecke!
Es kann aber noch teurer kommen. Zu kritisieren
ist nicht nur die Leistungskürzung
an sich, sondern auch die dann unterschiedliche
Handhabung vergleichbarer Angebote
innerhalb des VBB. Denn die Berliner Kurzstreckenfahrkarte
berechtigt weiterhin zu
einer Nutzung für Distanzen bis zu sechs
Haltestellen bei Bus oder Straßenbahn. Es
kann also schnell passieren, dass die Fahrt
60 Euro für ein „Erhöhtes Beförderungsentgelt“
kostet, wenn man unwissentlich den
vierten Halt überfährt!
Potsdamer, die auf eine Umweltkarte
wechseln, können den Preisanstieg zwar
dämpfen, aber zum Beispiel 16 Euro zusätzlich
für die Jahreskarte Potsdam AB (+4,1
Prozent) sind auch eine beträchtliche Verteuerung.
Potsdam wird familienfreundlicher
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Ausgewählte Änderungen beim VBB-Tarif Auswahl: IGEB, Quelle: VBB |
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Auch die Tageskarte Potsdam AB wird 5
Prozent teurer. Für einen Teil der Fahrgäste
relativiert sich das aber, weil künftig nicht
nur der Inhaber selbst, sondern zusätzlich
bis zu drei Kinder im Alter von 6 bis 14
Jahren mitfahren können. Ein Verwandtschaftsverhältnis
zu den Kindern muss
laut Ankündigung nicht bestehen. Es gilt
jedoch die Bedingung, dass der Fahrscheininhaber
über 14 Jahre alt sein muss. Wenn
also vier „clevere Freunde“ unter 15 sich
eine Erwachsenentageskarte kaufen, gilt
die kostenfreie Mitnahme nicht.
Aber Achtung: Die Mitnahme soll nur für
die Tageskarte Potsdam AB gelten. Für die
Tageskarten Potsdam BC und ABC ist diese
Regelung nicht angekündigt worden! Wer
eines dieser beiden Tickets benutzt, muss
für die Kleinen separate Fahrkarten lösen.
Hier besteht also noch Nachbesserungsbedarf
bei der Beseitigung dieser „Schwarzfahrerfallen“.
Berlin macht es besser
Die familienfreundliche Kindermitnahmeregelung
gilt ab 1. Januar 2017 ebenfalls für die
Tageskarten Berlin AB, BC und ABC. Anders
als in Potsdam müssen die Berliner Fahrgäste
also nicht auf die Tarifzonenwahl achten.
Für die Stadtgebiete Brandenburg a. d.
Havel, Frankfurt (Oder) sowie Cottbus ist
auch weiterhin für jedes Kind eine eigene
Fahrkarte erforderlich – und das bei einer
Verteuerung um 9,1 Prozent in allen drei
Städten.
Bei einigen Tageskarten wird also die
langjährige IGEB-Forderung nach strukturellen
Verbesserungen beim VBB-Tarif umgesetzt,
aber die Uneinheitlichkeit im Verbundgebiet
schmälert die Freude erheblich.
Ausblick
Die Berliner Koalitionsvereinbarung weckt
Hoffnungen, dass in einem Jahr nicht schon
wieder eine solche Grundsatzkritik am VBB-Tarif
erforderlich ist, wie in diesem und früheren
Signal-Artikeln.
Entscheidend ist, dass der Berliner Senat
eine umfassende und seriöse Untersuchung
des VBB-Tarifs in Auftrag gibt und dann auch
Konsequenzen zieht, die sich nicht länger allein
an den betriebswirtschaftlichen Interessen
der Verkehrsunternehmen orientieren,
sondern der verkehrs-, sozial- und umweltpolitischen
Bedeutung des öffentlichen Verkehrs
Rechnung tragen. Wenn dabei dann
auch höhere Zuschüsse zum Beispiel an die
BVG erforderlich werden, damit diese die
wachsende Zahl von Fahrgästen bewältigen
kann, so muss der Senat das tun.
Doch die Sicht vieler Verkehrsunternehmen,
weniger, aber gut zahlende Fahrgäste
sind besser als viele, aber wenig zahlende
Fahrgäste, muss endlich der Vergangenheit
angehören. Und das gelingt nur, wenn die
VBB-Tarife nicht länger von den Verkehrsunternehmen,
sondern von den Aufgabenträgern
bestimmt werden, also den Ländern
und Landkreisen. (BfVst)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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