Regionalverkehr

Zukunft der Ostbahn

Bericht von der 3. Internationalen Ostbahnkonferenz

Zug
Mit den neuen PESA LINK-Triebwagen, die im deutschen und polnischen Bahnnetz zugelassen sind, wollte die Niederbarnimer Eisenbahn den grenzüberschreitenden Bahnverkehr auf der Ostbahn attraktiver machen. Doch eine Vielzahl von Problemen mit den Fahrzeugen und fehlendes Personal führten 2016 immer wieder zu schwerwiegenden Störungen und großem Ärger bei den Fahrgästen der RB 26. Foto: Florian Müller

Mobilität ist ein Zauberwort für die Zukunftsentwicklung von Landkreisen, Städten und Gemeinden. Mobilität von Personen und Gütern ist eine Basis für die Wahl des Wohnortes und für die Ansiedlung von Firmen. Die Ausarbeitung eines Konzeptes braucht seine Zeit, und die Umsetzung braucht dann 10 bis 15 Jahre. Die Region um die Ostbahn profitiert hier von einer bereits funktionierenden Lebensader. Aber es gilt darüber nachzudenken, welche Aktivitäten und Projekte gestartet werden sollten, damit die bereits in den Grundzügen geplanten und bekannten Anforderungen des Jahres 2030 erreicht werden können.

Damit sollte sich die 3. Internationale Ostbahnkonferenz am 20. Oktober 2016 in der brandenburgischen Kreisstadt Seelow beschäftigen. Ausgehend von der derzeitigen Einordnung dieser Eisenbahnstrecke in die jeweiligen vorhandenen Grundsatzdokumente der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Polen und der Europäischen Union sowie Russlands, sollten sich die namhaften Referenten mit der Zukunft der traditionsreichen Eisenbahnverbindung Berlin—Piła—Kaliningrad auseinandersetzen. Eingeladen zu der Konferenz hatten die Städte Seelow und Kostrzyn nad Odrą.

Von der Konferenz sollten Impulse ausgehen für neue Strukturen der Zusammenarbeit und für gemeinsame Initiativen mit Zielrichtung Brüssel, Berlin und Warschau zur Umsetzung der Zukunftsvisionen möglichst in Regierungsabkommen und der Aufnahme in Europäische Verkehrsplanungen sowie natürlich in die Grundsatzdokumente der Länder Berlin und Brandenburg sowie der Woiwodschaften Lubuskie und Wielkopolskie.

Es geht um die weitere Entwicklung einer nachhaltigen Mobilität für Personen und für Güter in der ca. 7000 km² großen Region im Einzugsgebiet der 253 km langen Eisenbahnstrecke von Berlin bis Pila.

„Das Spiel ist noch nicht abgepfiffen, die Ostbahn hat immer noch große Chancen!“ – das war die Botschaft am Ende der Konferenz. Die 72 teilnehmenden Verkehrsexperten, Politiker und Unternehmer aus beiden Ländern berieten in Seelow über die Zukunft einer Strecke, die als wichtige europäische Verkehrsachse einst Berlin und Königsberg verband, das heute russische Kaliningrad. Derzeit fährt die Bahn zwischen Berlin-Lichtenberg und Kostrzyn, einzelne Züge sind bis Górzow unterwegs.

In fünf Thesen wurde am Ende der Podiumsdiskussion das Ergebnis der Konferenz zusammengefasst:

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  • Die Ostbahn ist zwar in einigen Europäischen Verkehrsprojekten enthalten, sie wird aber in ihren Potenzialen noch zu wenig wahrgenommen. Dafür sollte weiter Lobbyarbeit geleistet werden. Es sollten die Chancen eines neues EU-Programms genutzt werden, das für Lückenschlüsse in der grenzübergreifenden Verkehrsinfrastruktur zur Verfügung steht (siehe SIGNAL 5/2016, Seite 26) – auch wenn dies mit bürokratischem Aufwand und Zeitdruck verbunden ist. Denkbar ist, damit Planungsleistungen für den zweigleisigen Ausbau und für die Elektrifizierung zu finanzieren.
  • Es ist nicht akzeptabel, dass die Ostbahn nicht im Entwurf des Bundesverkehrswegeplans 2030 vorkommt. An diesem Ziel muss weiter festgehalten werden. Ohne eine durchgehende Elektrifizierung hat die Ostbahn keine Zukunft. Stattdessen droht ein schleichender Niedergang.
  • Infrastruktur, Fahrzeuge, Fahrpläne und Taktzeiten müssen besser an die Kundenwünsche und an die Anzahl der Reisenden angepasst und mit dem übrigen ÖPNV verzahnt werden.
  • Die politischen Veränderungen in Polen haben in den dortigen Gebietskörperschaften zu großen personellen Veränderungen geführt, vertraute Ansprechpartner für die Ostbahn sind nicht mehr im Amt. Hier müssen die Gesprächsfäden wieder aufgenommen, neue Kontakte geknüpft werden.
  • Von der Ostbahn profitiert der ländliche Raum in einem breiten Korridor. Die Entwicklung dieses Umfelds soll nicht mehr dem Zufall überlassen werden. Deshalb unterstützten die Teilnehmer den Plan des Landrats von Märkisch-Oderland, im Frühjahr 2017 eine Siedlungsgemeinschaft zu gründen. Damit sollen Siedlungsdruck, kommunale Interessen und Landesplanung in Übereinstimmung gebracht und wichtige Planungsinstrumente für die zukünftige Entwicklung der Eisenbahnstrecke in einer Hand gebündelt werden.

Die 4. Internationale Ostbahnkonferenz soll im April 2017 in Gorzów Wlkp. stattfinden.

Karl-Heinz Boßan

aus SIGNAL 6/2016 (Dezember 2016/Januar 2017), Seite 25

 

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