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Probleme mit der City-Option

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin fuhr mit einem ICE von Hamburg nach Berlin. Für diese Fahrt hatte sie bei der Deutschen Bahn ein Online-Ticket zum Sparpreis gebucht, das sowohl für Hamburg als auch für Berlin eine sogenannte City-Option beinhaltete und gekennzeichnet war mit „Hamburg+City“ und „Berlin+City“.

Nach der Ankunft in Berlin nutzte die Beschwerdeführerin mit ihrem Online-Ticket einen Zug der S-Bahn. Bei einer Fahrkartenkontrolle auf Höhe der Haltestelle Hackescher Markt wurde ihr Fahrschein beanstandet. Auf Nachfrage der Beschwerdeführerin habe der Kontrolleur erklärt, dass Sparpreistickets in Zügen der S-Bahn nicht gelten würden. Daher veranlasste der Kontrolleur ein erhöhtes Beförderungsentgelt über 60 Euro. Die Forderung beglich die Beschwerdeführerin noch vor Ort.

Im Nachhinein erfuhr die Beschwerdeführerin, dass ihr Online-Ticket mit City-Option doch gültig gewesen ist. Sie wandte sich an die S-Bahn und bat um Erstattung des gezahlten Betrages.

Antwort der Beschwerdegegnerin

Die S-Bahn lehnte eine Erstattung ab, da keine persönlichen Daten aufgenommen worden seien und im Übrigen von der „kontrollierten Person“ der Beanstandungsgrund anerkannt worden sei. Den vorgelegten Fahrschein könne man der kontrollierten Person nicht zuordnen.

Damit zeigte sich die Beschwerdeführerin nicht einverstanden. Sie habe den Beanstandungsgrund nicht anerkannt. Vielmehr habe sie um Ausstellung einer Rechnung gebeten. Dies habe der Kontrolleur aber abgelehnt und mit der Polizei gedroht. Sie habe den Betrag lediglich deshalb beglichen, weil sie meinte, keine andere Wahl zu haben. Da die Beschwerdeführerin keine weitere Antwort erhielt, hat sie die söp um Prüfung gebeten.

Schlichtungsarbeit

Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin und kam zu dem Ergebnis, dass das erhöhte Beförderungsentgelt nicht berechtigt gewesen und ihr der bereits gezahlte Betrag zu erstatten ist.

Nach §§ 9 Abs. 1, 12 Abs. 1 lit. a) Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) ist der Reisende zur Zahlung eines erhöhten Fahrpreises verpflichtet, wenn er bei Antritt der Reise nicht mit einem gültigen Fahrausweis versehen ist. Nach § 12 Abs. 2 EVO beträgt der erhöhte Fahrpreis das Doppelte des gewöhnlichen Fahrpreises für die vom Reisenden zurückgelegte Strecke, mindestens aber 60,00 EUR.

Grafik

„Erhöhtes Beförderungsentgelt“ bar bezahlen?

Generell ist eine Barzahlung nicht empfehlenswert, da in diesem Fall u.U. keine persönlichen Daten aufgenommen werden. Im Nachgang kann dann die Rechtmäßigkeit der Forderung nicht überprüft werden, weil die Forderung keinem bestimmten Fahrgast zugeordnet werden kann. Der Reisende sollte daher immer darauf bestehen, dass seine Daten (Name, Anschrift) aufgenommen werden, um ggf. später gegen die Forderung Widerspruch einlegen zu können. (ks)

Gemäß Ziffer 3.4 Teil C VBB-Tarif (zeitlich oder örtlich begrenzte Sonderregelungen; hier City-Ticket Berlin) berechtigen Fahrkarten der Deutschen Bahn mit dem Aufdruck „Berlin+City“ in Verbindung mit der Bahn-Card 25 zur Nutzung der Verkehrsmittel im Teilbereich A des Tarifbereichs Berlin. Sie gelten auch bis zu den Bahnhöfen Nöldnerplatz und Berlin-Lichtenberg. Das von der Beschwerdeführerin genutzte Ticket enthielt den Vermerk „Berlin+City“, so dass die vorgezeigte Fahrkarte in der S-Bahn an der Haltestelle Hackescher Markt gültig war. Warum der Kontrolleur der Auffassung war, dass es Ausnahmen für Sparpreisfahrkarten gibt, ist nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus war die Beschwerdeführerin auch im Besitz einer BahnCard 25.

Auch wenn der Kontrollbeleg keine persönlichen Daten nennt, klingen die Schilderungen der Beschwerdeführerin glaubhaft und auch die Zeitangaben sind stimmig. Planmäßig sollte der ICE um 20.19 Uhr in Berlin Hauptbahnhof ankommen. Eine Kontrolle gegen 20.44 Uhr auf Höhe der Haltestelle Hackescher Markt ist daher durchaus möglich. Darüber hinaus kann die Beschwerdeführerin das Gespräch mit dem Kontrolleur detailliert schildern.

Dass im Falle einer Barzahlung keine Daten erhoben werden, sollte nicht zu Lasten der Fahrgäste gehen, die sich aufgrund der doch unangenehmen Kontrollsituation dazu veranlasst sehen, die Forderung umgehend zu begleichen. Dass eine Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Forderung im Nachhinein dann nicht mehr möglich ist, dürfte den Reisenden nicht bewusst sein. Vor diesem Hintergrund regte die söp die Erstattung des bereits geleisteten Betrages an.

Die S-Bahn Berlin stimmte dem Vorschlag der söp zu und anerkannte die vorgebrachten Angaben der Beschwerdeführerin. Auch die Beschwerdeführerin zeigte sich mit der Erstattung der 60 Euro einverstanden, so dass die streitige Angelegenheit einvernehmlich beigelegt werden konnte.

Dr. Katja Schmidt

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

aus SIGNAL 1/2017 (März 2017), Seite 30

 

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