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Foto: VBB |
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Vor genau einem Jahr haben wir „Rad im
Regio“ in dieser Zeitschrift (SIGNAL 2/2016)
ausführlich vorgestellt. Zu den Maßnahmen
gehörten im Kern das Versperren und
der Ausbau von Klappsitzen, Bodenmarkierungen
in den Mehrzweckbereichen
sowie große Fahrrad-Piktogramme außen
am Zug. Zusätzlich wurden Fahrzeugskizzen
in die Fahrplanauskunft der VBB-App
Bus&Bahn integriert und die Fahrradverleiher
in Berlin und Brandenburg intensiver
kommuniziert.
Begleitet wurde das Projekt von umfangreichen
Evaluationen, die im Ergebnis
den eingeschlagenen Weg bestätigen:
Mit einem Methodenmix aus qualitativer
und quantitativer Marktforschung konnte
nachgewiesen werden, dass die Maßnahmen
aus Fahrgast-, Verbands- und Unternehmenssicht
erfolgreich waren. Die Ergebnisse
von Fahrgastbefragungen in den
Zügen – auf den Pilotlinien und auf den anderen
Linien zum Vergleich und auch die
Tiefeninterviews mit Verbandsvertretern
sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern
vor Ort (dem Servicepersonal in den
Zügen und auf den Pilotbahnhöfen) – bestätigen
den Erfolg. Fokusgruppendiskussionen
mit Fahrgästen, Verbandsvertretern
und ein Usabilytest im laufenden Betrieb
rundeten das Marktforschungspaket ab.
Weiterhin wurde auf der Landing Page des
Projektes (VBB.de/radimregio) ein Feedbackkanal
mit zusätzlichen Umfragen geschaffen,
mit dem Meinungen und zusätzliche
Hinweise von Radfahrern, Fahrgästen
und Bürgern ausgewertet und in der Evaluation
berücksichtigt wurden.
Fahrgäste wünschen sich mehr Platz
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Grafik: VBB |
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Grafik: VBB |
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Grafik: VBB |
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In den Zügen des Regionalverkehrs findet
jährlich die VBB-Kundenzufriedenheitsbefragung
in zwei Wellen – April und November
– statt. Der VBB nutzte im „Rad
im Regio“-Projekt diese Befragungen und
führte noch zusätzliche Interviews in den
umgestalten Mehrzweckabteilen durch.
Dabei wurden alle Fahrgäste gebeten, Verbesserungsmöglichkeiten
bei der Fahrradmitnahme
im Regionalverkehr zu benennen
– unabhängig davon, ob sie selbst ein
Rad mitnehmen oder nicht.
Fazit: Rund ein Drittel der befragten
Fahrgäste wünschten sich vor allem mehr
Platz in den Mehrzweckbereichen. Jeder
vierte Fahrgast sprach sich für mehr Wagen
am Zug aus – vor allem bei gutem
Wetter. Eine Trennung der Abteile für
Fahrräder von denen für Rollstuhlfahrer,
Kinderwagen und Gepäck konnte sich
jeder fünfte Befragte vorstellen. Maßnahmen,
die im Pilotprojekt umgesetzt und
getestet wurden.
Ca. 300 Fahrgäste, die auf den Pilotlinien
bereits einmal ein Fahrrad mitgenommen
haben, wurden zu ihrer Zufriedenheit mit
den einzelnen Maßnahmen befragt. In der
zweiten Befragungswelle erhöhte sich der
Anteil der Fahrgäste, die eine Bewertung
mit 1 (sehr zufrieden) bzw. einer 2 (auf einer
sechsstufigen Skala) abgaben. Erfreulich ist,
dass
- das Verständnis der Fahrgäste füreinander
im Zug zunahm,
- mehr Fahrgäste mit dem Platz für Fahrräder
im Zug zufriedener waren und
- mehr Fahrgäste mit den Abstellmöglichkeiten
im Mehrzweckabteil zufrieden waren.
Bessere Orientierung auf dem Bahnsteig
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Fahrradtreffpunkt am Bahnhof Gesundbrunnen. Foto: VBB |
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Auf den Bahnhöfen der Pilotlinien wurden –
analog zum Fernverkehr – Wagenstandsanzeiger
in den Vitrinen aufgehängt. So ist
bereits vor Ankunft des Zuges erkennbar,
in welchen Bereichen sich die besonderen
Fahrradabteile, die barrierefreie Toilette sowie
die 1. Klasse befinden. Auf Bahnsteigen
mit Bahnsteigabschnittsmarkierungen wurde
ebenfalls der Haltestandort des Zuges
eingetragen, auf Bahnsteigen ohne diese
wurde die Orientierung mittels eines roten
Standortpunktes im Wagenstandsanzeiger
sichergestellt.
Diese Informationen wurden in der
Studiodiskussion
wie auch im Praxistest
als sehr hilfreich eingeschätzt. Bei der Befragung
in den Zügen spiegelte sich dies
jedoch nicht wider. So wünschten sich die
Fahrgäste zwar bessere Fahrgastinformationen,
aber es wurde auch festgestellt, dass
viele die bereits bestehenden Möglichkeiten
nicht nutzten. Hier muss seitens aller
Projektpartner die Kommunikation noch
verbessert werden.
Das Schild Fahrradtreffpunkt, das den
Haltepunkt der besonderen Fahrradbereiche
kennzeichnet (auf den Bahnhöfen Gesundbrunnen
und Lübbenau) wurde beim
Praxistest und von den Kundenbetreuern
gelobt. Tatsächlich sei laut Aussagen der
Kundenbetreuer eine Lenkung der Fahrradfahrgäste
eingetreten. Nach Hinweisen
im Praxistest wird nun geprüft, ob
die Schilder im Bahnhof Gesundbrunnen
besser in die Sichtachse gerückt werden
können.
Insgesamt hat sich gezeigt, dass ein spezieller
Fahrradtreffpunkt nur an jenen Bahnhöfen
sinnvoll ist, an denen viele Radfahrer
einsteigen. Denn Fahrradgruppen haben so
die Möglichkeit, sich bereits vor Einfahrt des
Zuges günstig aufzustellen. So wird unnötiger
Stress beim Einstieg vermieden und der
Zug kann pünktlich abfahren.
Klappsitze raus – Markierungen rein
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Fahrradwagen mit Bodenmarkierungen. Foto: VBB |
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Die wirksamste und zugleich sensibelste
Maßnahme war das Versperren von Klappsitzen
(RE 3, RE 5) bzw. deren Ausbau (RE 2,
RE 4). Es gab vorab Befürchtungen, dass der
Verlust einiger Sitzplätze zugunsten von
Radstellplätzen von vielen Fahrgästen nicht
akzeptiert würde.
Doch die Befragungen ergaben ein ausgeglichenes
Echo: Knapp 50 Prozent der Fahrgäste wünscht sich die Beibehaltung
als nutzbare Klappsitze. Die andere Hälfte befürwortet
das Verschließen oder Ausbauen der Klappsitze.
Die Bodenmarkierungen im Mehrzweckbereich wurden äußerst
positiv aufgenommen. Die Fahrgäste empfanden es als
sehr hilfreich, dass deutlich sichtbar ist, wo Bereiche für
Fahrräder vorgesehen sind und wo sie nicht abgestellt
werden sollen. Mit der klaren Kennzeichnung wuchs
das Verständnis zwischen Fahrgästen
mit Fahrrad und solchen ohne. Auch
die Kundenbetreuer von DB Regio
und ODEG zeigten sich sehr zufrieden.
Zu der großen Außenbeklebung
an den Zügen gibt es differenzierte
Einzelmeinungen:
Einigen Befragten sind sie zu
groß, anderen nun endlich auffällig
genug, um vom Bahnsteig aus gut
wahrgenommen
zu werden. Neben der Größe gab es auch
Anmerkungen zum Kontrast zur übrigen
Farbgebung der Züge: Die weißen Piktogramme
auf den DB-Zügen seien bei einer
schmutzigen Außenhaut schlecht erkennbar.
Bei der ODEG wurde ein noch stärkerer
Kontrast zu den ODEG-Farben gewünscht.
Hier wurde jedoch bereits aus mehreren Varianten
die mit dem höchstmöglichen Kontrast
ausgewählt.
Begleitende Kommunikationsmaßnahmen
(Flyer, App, Webseite)
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Zugskizze in der VBB-App „Bus & Bahn“ Screenshot: VBB |
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Für das Pilotprojekt wurde ein spezieller
„Rad im Regio“-Flyer ausgegeben, den die
Fahrgäste ebenfalls bewerten konnten. In
der Studio-Diskussion wurde er zwar als informativ,
aber als zu textlastig empfunden.
Die VBB-Livekarte auf der VBB-Homepage
(vbb.de/livekarte)
stellt wichtige Informationen
zu Fahrradverleihern in Brandenburg
und zu Bike-Sharing-Standorten in Berlin
sowie Potsdam zur Verfügung. In den
Interviews wurde dies positiv bewertet,
allerdings wünschten sich die Befragten
diese Informationen auch in der VBB-App
Bus&Bahn. Die Zugskizzen in der VBB-App
wurden ebenfalls als informativ angesehen.
Für kurze Züge wurde der Informationswert
aber als niedriger eingeschätzt.
Tarifmaßnahmen
Tandemmitnahme/Fahrradanhänger
Auf den vier Pilotlinien ist es seit Mai 2016
erlaubt, Tandems und Fahrradanhänger
mitzunehmen. Die Befürchtungen, es
könnte zu Problemen bei Ein- und Ausstieg
kommen und Haltezeitüberschreitungen
sowie zusätzliche Kapazitätsengpässe
verursacht werden, bewahrheiteten
sich nicht. Aus diesem Grund wird diese
Beförderungsbedingung auch 2017 auf
den Pilotlinien beibehalten und auf weitere
Linien erweitert, um noch mehr Erfahrungen
sammeln zu können.
Rad im Regio geht weiter
Das Pilotprojekt „Rad im Regio“ ist auf ein
erfreulich positives Echo gestoßen. Die
umfassende Auswertung der Pilotphase
zeigt, dass Fahrgäste und Kundenbetreuer
auf den Pilotlinien deutlich zufriedener
geworden sind. Die Maßnahmen, die die
Fahrradmitnahme in Regionalzügen verbessern
sollten, werden deshalb weitergeführt
und weiterentwickelt. Die Klappsitze
bei den Linien RE 2 und RE 4 bleiben ausgebaut,
auf den Linien RE 3 und RE 5 bleiben
sie versperrt.
In Absprache mit den Verkehrsunternehmen
im VBB wird „Rad im Regio“ innerhalb
der nächsten zwei Jahre auf ausgewählten
Linien und Bahnhöfen ausgeweitet. Als
neuer Projektpartner wurde die Niederbarnimer
Eisenbahn (NEB) gewonnen, die
demnächst einzelne Maßnahmen in ihren
Zügen umsetzen will. Auch eine Ausweitung
des Fahrradtreffpunktes auf die Bahnhöfe
Fürstenberg und Eberswalde ist geplant
bzw. bereits erfolgt.
Die Wagenstandsanzeiger in den Vitrinen
auf den Bahnsteigen werden dagegen nicht
auf weitere Linien ausgerollt, da deren tatsächlicher
Nutzen im Vergleich zum Aufwand
in der Evaluation nicht sicher festgestellt werden
konnte. Auf den Pilotlinien bleiben sie bestehen
und werden aktualisiert.
Die Darstellung von Fahrradverleihern
in der Livekarte der VBB-App Bus&Bahn
wird voraussichtlich Ende 2017 erfolgen.
Ebenfalls in Planung ist die zugscharfe Darstellung
der Zugskizzen. Damit wird die Orientierung
auf Linien mit unterschiedlichen
Zuglängen und Bauarten erleichtert (z. B.
RE 7). In einer dritten Ausbaustufe sollen
mittelfristig diese Zugskizzen den tatsächlich
gefahren Zug (IST-Daten) anzeigen.
Mit großem Engagement aller Beteiligten
startet „Rad im Regio“ nun in die nächste
Phase des Ausbaus und der Weiterentwicklung.
An dieser Stelle danken wir noch
einmal den Projektpartnern von DB Regio
Nordost, DB Station & Service, ODEG, NEB,
ADFC, IGEB und VCD für die gute Zusammenarbeit
mit dem VBB und den Ländern
Berlin und Brandenburg.
VBB Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg
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