Mit der im Auftrag der CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg erarbeiteten
und im März 2017 veröffentlichten „Entwicklungsstrategie
für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Berlin und
Brandenburg“ setzte die größte Oppositionspartei im Landtag ein
bemerkenswertes Zeichen für besseren SPNV.
Die Autoren Hans Leister und Detlef Woiwode beschreiben viele
Defizite und machen interessante Vorschläge. Wer sich schon lange
mit der brandenburgischen Verkehrspolitik beschäftigt, erfährt
dabei zwar wenig wirklich Neues, aber Landtag und Landesregierung
haben sich solchen und ähnlichen Analysen und Vorschlägen
bisher stets verweigert, denn sie sind nicht gerade schmeichelhaft
für die brandenburgische SPNV-Politik.
So ist in der Zusammenfassung zu lesen: „Das Konzept liefert die
Begründung für viele dringend benötigte Infrastruktur-Ausbaumaßnahmen.
Zurückhaltende Bestell-Politik des Landes hat bisher
dazu geführt, dass Forderungen nach Infrastruktur-Ausbauten
nicht überzeugend begründet werden konnten.“
Dem setzen die Autoren ihr neues Regionalverkehrs-Konzept
entgegen: „Die hier vorgestellte progressive
Regionalverkehrs-Strategie wird die Verbindungen aus den
Städten und Regionen im
Land Brandenburg massiv verbessern. Zielvorgabe war dazu die
Forderung, alle Ober- und Mittelzentren schneller mit Berlin und
Potsdam zu verbinden; auch die Städte, die relativ weit von Berlin
entfernt sind, sollen in weniger als 90 Minuten erreichbar werden.“
Und wie soll das alles finanziert werden?
Zur Finanzierung schreiben die Autoren: „Das Regionalverkehrs-
Netz ist bei weitem nicht so gut, wie es sein könnte. Von den vom
Bund bereitgestellten Regionalisierungsmitteln für den
Schienenpersonennahverkehr
(SPNV) verwendet das Land Brandenburg
nur rund 80 Prozent für Regionalzüge und S-Bahnen, ein erheblicher
Teil fließt entgegen der Intention des Regionalisierungsgesetzes
in die Finanzierung des Schülerverkehrs und in den Straßen-ÖPNV,
der dafür keine Landesmittel erhält.
Mit der heutigen Drosselung des Regionalverkehrs und des öffentlichen
Verkehrs insgesamt durch Unterfinanzierung schadet
das Land Brandenburg der eigenen wirtschaftlichen Entwicklung.
Wenn die Städte und Vororte im Land schneller und öfter mit Berlin
und Potsdam verbunden werden, kann die positive Landesentwicklung
deutlich verstärkt werden.
Die Regionalisierungsmittel müssen mittelfristig komplett für
Regionalverkehr und S-Bahn verwendet werden, der ÖPNV aus
Landesmitteln gefördert werden!“
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In dem von der brandenburgischen CDU vorgelegten Konzept ist die Stammbahn ein wesentlicher Bestandteil zur Verbesserung der Bahnverbindungen zwischen der Bundeshauptstadt Berlin und der Landeshauptstadt Potsdam. Zu diskutieren ist allerdings, dass hier auf die wichtigen Zwischenhalte in Berlin-Steglitz (U 9 und regionales Einkaufszentrum) und Berlin-Schöneberg (Ringbahn) verzichtet wird. Quelle: Innoverse GmbH: Entwicklungsstrategie für den Schienenpersonennahverkehr in Berlin und Brandenburg. Erstellt für die CDU-Fraktion im Landtag Brandenburg. Potsdam, 3/2017. |
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Vollkommen richtig! Die Brandenburg zur Verfügung stehenden
Regionalisierungsmittel würden ausreichen, wenn sie nicht
zweckentfremdet würden. Zwar handelt es sich nicht um eine
Zweckentfremdung im rechtlichen Sinn, weil das Gesetz diese
erlaubt, aber in der Sache ist es eine. Wie gut, dass das in der CDU-Studie
so klar benannt wird. Es bleibt zu hoffen, dass die CDU als
größte Oppositionsfraktion im Landtag, und erst recht, wenn sie
das nächste Mal an der Landesregierung beteiligt ist, das Thema
„Zweckentfremdung der Regionalisierungsmittel“ beharrlich weiterverfolgt.
Allerdings ist auch diese, leider viel zu selten geführte Debatte
nicht neu. Bereits in der Diskussion um den brandenburgischen
Landesnahverkehrsplan 2008 bis 2012 kritisierte die seinerzeitige
„Projektgruppe Brandenburgnetz 2020“ (Christfried Tschepe, Jens
Klocksin, Martin Schlegel, Jörg Podzuweit und Axel Kruschat) die
SPNV-Finanzierung im Land Brandenburg und schrieb 2007:
„Das Land Brandenburg gab im Jahr 2006 rund 83 Millionen
Euro für Zuschüsse an die Landkreise und kreisfreien Städte für
deren ÖPNV-Bestelllungen und für die gesetzlichen Erstattungszahlungen
zum Schülerverkehr aus. Von diesem Betrag sind 81
Millionen Euro den vom Bund für SPNV-Bestellungen zur Verfügung
gestellten Regionalisierungsmitteln entnommen worden.
Somit ist ein Fünftel der Regionalisierungsmittel nicht mehr für
SPNV-Bestellungen einsetzbar. Lediglich 2 Millionen der 83 Millionen
Euro sind Landesmittel. Beide Ausgabepositionen, ÖPNV und
Schülerverkehr, sollen künftig vollständig aus dem Landeshaushalt
finanziert werden, damit die Regionalisierungsmittel allein für
den Schienenpersonennahverkehr zur Verfügung stehen. Damit
erfolgt zugleich der Wiedereinstieg in die anteilige Finanzierung
des ÖPNV aus Landesmitteln. Seit 2002 werden vom Land alle entsprechenden
Zuschüsse an die Landkreise und kreisfreien Städte
ausschließlich durch Weiterreichung von Bundesmitteln finanziert.“
(siehe auch SIGNAL 5/2007, Seite 19)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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