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Wenn das Verkehrsunternehmen erkannt
hat, dass ein großer Teil seiner Kunden
nicht die Landessprache spricht, so sollte
es Zwei- oder Mehrsprachigkeit herstellen.
Hier muss bereits eine Auswahl getroffen
werden, da auf ein Schild nicht alle Sprachen
der Welt passen. Welche Sprache(n)
wählt man also?
Geht man rein von den weltweiten Muttersprachlern
aus, so müsste man Mandarin
und Spanisch wählen. Die Wahl fällt dann
aber doch eher auf Englisch. Und das nicht,
weil es so viele Muttersprachler gibt, sondern
weil Englisch weltweit die am häufigsten
gesprochene Fremdsprache ist. Mit
Englisch erreicht man also nicht nur Briten,
Australier und Nordamerikaner, sondern
auch viele, deren Muttersprache man nicht
anbieten kann.
„Logisch!“ werden Sie jetzt sagen, doch
so trivial ist das gar nicht. Diese Tatsache
wird nämlich sehr gern wieder vergessen,
wenn es um die Umsetzung geht. Sie wird
verdrängt durch den Perfektionswillen. Da
wird der Muttersprachler herangezogen –
oder der Sprachwissenschaftler. Hauptsache
möglichst korrekt; man will sich ja
schließlich nicht blamieren. Und so wird
aus dem simplen „last stop“ plötzlich das
Fachwort „terminus“. Aus „Please leave the
train!“ die höflich-passive Umschreibung
„All passengers are requested to leave the
train.“
Wer Letzteres verwendet, meint, damit
Sprachwissen und gute Bildung zu beweisen.
Das mag stimmen, nur der Zweck war
eigentlich ein anderer: Man will von möglichst
vielen verstanden werden, und nicht
nur von Leuten, die mit dem Oxford Dictionary
unter dem Kopfkissen schlafen.
Die Datumsfalle
Mauerfall, Reichspogromnacht, Hitlerputsch
und Republikausruf – der 9.11. gilt als Schicksalstag
der deutschen Geschichte. Hingegen
ist 9/11 der Tag der Terroranschläge in den
USA, jedoch nicht der 9. November, sondern
der 11. September. Nun wird die amerikanische
Schreibweise 9/11 auch in Großbritannien
verstanden und korrekt interpretiert, obwohl
dort das Datum doch eigentlich in der uns
bekannten Reihenfolge Tag/Monat (also 11/9)
geschrieben wird.
Hier kann man sich jetzt zwar streiten, welche
Schreibweise weiter verbreitet sei, doch
folgende Tatsache bleibt vom Ausgang dieses
Streites unberührt: Verwenden wir für
Datumsangaben eine der beiden englischen
Kurzschreibweisen, so sind Missverständnisse
vorprogrammiert. Also? Lassen! Es gibt andere
Möglichkeiten, ein Datum unmissverständlich
auszudrücken. Zum Beispiel den Monatsnamen
verwenden oder gar die Tage in einem
Kalender markieren. Das wäre dann sogar
nicht nur für Englischsprechende verständlich.
Weniger ist mehr
Ohnehin kann (so wie der Kalender) eine Symbolsprache
viele Vokabeln ersetzen. Statt ein
Rauchverbot in mehreren Sprachen aufzuschreiben,
kann ein einzelnes Piktogramm
dies ersetzen und ist unbestritten besser verständlich.
Nicht umsonst sind IKEA-Bauanleitungen
als Bildgeschichten und nicht als Fließtext
umgesetzt.
Und wenn sich partout kein Symbol anbietet,
so sollte der englische Satz so einfach wie
möglich sein. Auf überflüssige Wörter sollte
verzichtet werden. Folgende Angabe auf einer
Bahnbaumeldung „[… ] not in operation on
4/5 from 4am (approx.) to 11pm (approx.) [… ]”
beinhaltet nicht nur verwirrende Datumsangaben
und unnötige wissenschaftliche Wörter
auch noch als Abkürzung, vielmehr ist in
diesem Fall der ganze Satz überflüssig, wenn
man weiß, dass die beschriebene Regionallinie
normalerweise sowieso nicht in den Nachtstunden
fährt.
Vorsicht vor falschen Freunden!
Eine leicht erscheinende Übersetzung birgt
aber auch Tücken. So bedeutet „for 1 week“
nicht etwa „für eine Woche“, sondern „seit einer
Woche“. Und wenn im Zug störrisch „exit
on your left hand side“ angesagt wird, fragt
man sich schon, woher der Ansager wissen
will, in welche Richtung ich gerade stehe, um
die Ausstiegsseite passend zu meiner Körperhaltung
mitzuteilen. Statt einfach „exit left“
mitzuteilen, hat hier die Floskel zugeschlagen,
obwohl sie ausnahmsweise mal nicht passt.
Denn der Zug hat keine linke Hand.
Floskeln sind generell ein Problem. Stellen
Sie sich vor, Sie sprechen nur ein wenig Schulenglisch
und sind in einem fremden Land unterwegs!
Aufwändig entziffern Sie einen Plakataufsteller
mit dem Satz: „For more information
on the AIRPORT EXPRESS service, please refer
to service announcements“. Sie haben also die
Erkenntnis gewonnen, dass Sie auf andere Bekanntmachungen
achten sollen. Als ob Sie auf
die Idee nicht selbst gekommen wären …
Fazit
Zusammenfassend kann man wohl folgende
Ratschläge formulieren:
- Kurze Sätze und einfache Wörter benutzen!
- Verzichten Sie auf Fachsprache, auch wenn
sie korrekter erscheint!
- Vorsicht bei Datumsangaben!
- Verzichten Sie auf Standardfloskeln! Beschränken
Sie sich auf das Wesentliche! Haben
Sie Mut, Unwichtiges wegzulassen!
- Überprüfen Sie, ob sich Teile statt als Übersetzung
nicht besser als Grafik oder Piktogramm
darstellen lassen!
- Testen sie Ihren Text bei Leuten, die schlecht
oder nur wenig Englisch verstehen!
Wer diese kleinen Ratschläge beachtet, der verhindert
schon das Schlimmste. Und man kann
sich sicher sein, dass die Übersetzung auch hilfreich
ist und beim Adressaten ankommt. (hm)
Berliner Fahrgastverband IGEB
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