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Teuer und umständlich, wie auch die Checkin-Checkout-Tarife: Zugangssperren im Bahnhof Arnhem in den Niederlanden. Foto: Florian Müller |
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Die rot-rot-grüne Koalition in Berlin hatte
der zum 1. Januar 2018 geplanten nächsten
Erhöhung des VBB-Tarifs eine Absage erteilt – dabei
hatten die Verkehrsunternehmen
schon fest mit einer neuen Runde gerechnet. Deshalb
wird nun groß gedacht: Anfang
Juni wurde die Chefin des VBB, Susanne Henckel, mit
der Aussage zitiert, dass die VBBFahrCard
perspektivisch auch nach einem kilometergenauen
Fahrtarif abrechnen soll.
Auch aus der Vorstandsetage der BVG sind solche
Äußerungen zu vernehmen. Weg
vom „eine Stadt – ein Fahrschein“ – Berlin AB
für 120 Minuten in eine Richtung, sondern
auf den Meter und Cent genau abgerechnet? Es
mag ungerecht erscheinen, wenn eine
Fahrt von Wedding nach Mitte genauso viel
kostet wie von Staaken nach Schmöckwitz.
Dafür ist der bisherige Tarif solidarisch
und verständlich – und so einfach und sinnvoll
wie eine Flatrate beim Telefonieren oder
Fernsehen. Wo die Vorteile und Fallen eines
komplett elektronisch berechneten
entfernungsabhängigen Tarifes liegen, kann man
schon heute in den Niederlanden erleben.
Die Tagung des Europäischen Fahrgastverbandes
EPF im März 2017 in Rotterdam war
Anlass für eine kleine Gruppe des Berliner
Fahrgastverbandes IGEB, den Niederlanden
einen Besuch abzustatten. Insofern waren
die Teilnehmer im Benutzen von Öffentlichen
Verkehrssystemen durchaus vorgebildet.
Eine interessante Erfahrung und sogar
Herausforderung bestand aber in der von
den Teilnehmern bisher noch nicht genutzten
„OV-chipkaart“. Diese elektronische
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Foto: Florian Müller |
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Fahrkarte gilt seit 2012 theoretisch in den
gesamten Niederlanden für alle Öffentlichen
Verkehrsmittel vom InterCity über die
städtischen Metrosysteme bis zu Stadt- und
Regionalbuslinien und auch auf Fähren. So
weit hört sich das sehr gut an. Auch in London
hat man mit der „OysterCard“ bereits
ein ähnliches System. Aber in den Niederlanden
gehören landesweit sehr viele unterschiedliche
Unternehmen und Systeme mit
historisch gewachsenen Strukturen dazu –
das erzeugt erfahrungsgemäß einige Unstetigkeiten
an den Anstoßpunkten.
Wir wollen in diesem Beitrag unsere Erfahrung
als Nutzer dieser elektronischen Fahrkarte
schildern, und wo sie an ihre Grenzen
stößt. Dies soll keine vollständige Vorstellung
des Hintergrundsystems der OV-chipkaart
sein, sondern ein Erfahrungsbericht
mit den Augen eines Fahrgastes.
Zugbindung
Als Anreise wurde die
klassische Strecke mit
dem Amsterdamer IC
von Berlin über Bad
Bentheim nach Amersfoort
gewählt, dort
umsteigen in einen IC
nach Rotterdam. Diese
Reiseroute buchten wir
als OnlineTicket auf dem
Portal der Deutschen
Bahn, Sparpreis Europa
mit Bahncard25 für erschwingliche
31,95 Euro.
So weit, so unspektakulär.
Mit herannahendem
Reisetermin versuchten
wir, die Reiseroute
noch zu verfeinern und
kamen auf die Idee, die
Anreise über Arnhem
zu legen, um dem einzigen
O-Bus-Betrieb
in den Niederlanden
einen Kurzbesuch abzustatten. Da die Zugbindung
des Sparpreis Europa nur für den
deutschen Fahrtabschnitt gilt, sollte eine
Änderung des Weges innerhalb der Niederlande
kein Problem sein, solange der
Weg auf das Fahrtziel zusteuert. Und eine
Fahrtunterbrechung in Arnhem sei damit
tickettechnisch sicher auch unkritisch. (Achtung:
Wie wir später lernten wird zurzeit die
Staatsgrenzen überschreitende Fahrkartenlogik
der Bahnen umgestellt, diese richtet
sich künftig zunehmend am Verkehrsunternehmen
und nicht mehr an der Staatsgrenze
aus. Richtung Schweiz z. B. besteht die Zugbindung
künftig im ganzen gebuchten Abschnitt
des grenzüberschreitenden Zuges,
also zum Beispiel im ICE von Deutschland
aus bis nach Interlaken.)
„Overstappen“ nicht vergessen
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Beim „Overstappen“ (Umsteigen) auf dem Bahnhof nicht vergessen: Erst bei der einen Bahngesellschaft auschecken, dann an der Stele daneben beim anderen Unternehmen einchecken – hier auf dem Bahnsteig in Hengelo. Foto: Florian Müller |
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Also verließen wir den IC aus Berlin bereits
kurz nach der Grenze in Hengelo. Hier gab es
nach wenigen Minuten bahnsteiggleichen
Anschluss mit einem „Privatbahnzug“ der
Syntus (Keolis Group). Auf dem Bahnsteig
staunten wir über die vielfältigen unterschiedlich
farbigen Eincheck-Stelen auf dem
Bahnsteig mit dem großen Leuchtsymbol
„overstappen“, also „umsteigen“. Eine dazugehörige
Bedienhilfe klärt auf: Beim Umsteigen
von einem Verkehrsunternehmen (z. B.
NS) zu einem anderen (z. B. Syntus) muss
sich der Fahrgast mit seiner OV-chipkaart
erst an der NS-Stele auf dem Bahnsteig
auschecken und einen Meter daneben an
der Syntus-Stele einchecken, um mit dem
Syntus-Zug weiterzufahren. So richtig fahrgastfreundlich
sieht das nicht aus. Aber uns
betrifft es ja erstmal nicht, da wir eine internationale
Fahrkarte besitzen und auch keine
Stele zum Auschecken aus dem Verkehrsunternehmen
DB zu sehen ist.
Also steigen wir einfach in den roten
Syntus-Triebwagen nach Zutphen und werden
auch von keinem Schaffner nach einer
Fahrkarte gefragt. Pünktlich kommen wir im
Nebenbahnknoten Zutphen an und staunen
erneut, wie durch Doppelbelegung der Gleise
fünf Züge gleichzeitig an drei Bahnsteigkanten
für Anschluss sorgen können.
Auch hier lassen wir die Overstappen-Terminals
unbenutzt. Wir setzten uns in den
NS-Intercity nach Arnhem. Hier ernten wir
beim Vorweisen unseres selbstgedruckten
DIN A4-OnlineTickets bei der Fahrkartenkontrolle
durch den Schaffner nur ein zufriedenes
„dank u wel“.
Zugangssperren
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Massive Schrankenanlagen an den Bahnhöfen regeln den Zu- und Abgang, hier in Den Haag Centraal. Foto: Florian Müller |
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Geschlossene Systeme erfordern baulichen Aufwand: Auch der Zugang zum Aufzug ist mit Zugangssperren ausgestattet, hier in Rotterdam Blaak. Foto: Florian Müller |
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Jedes Verkehrsunternehmen hat seinen eigenen Typ von Checkin-Checkout-Stelen. Foto: Florian Müller |
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Im Bahnhof Arnhem gibt es, wie in den
Niederlanden üblich, am Ein- und Ausgang
mechanische Durchgangssperren, hier sind
es über 20 parallel. Die Fahrgäste halten
ihre OV-chipkaart an das Lesegerät und die
Schranke gewährt den Durchgang. Aber wie
kommen wir ohne chipkaart raus? Personal
zum Fragen ist nicht in Sicht. Der Blick auf
das online-Ticket fällt auf den QR-Scancode,
den die DB-Schaffner im Zug nutzen. Und
siehe da, an den Schranken ist auch ein optischer
Scanner verbaut, der den Ausgang per
QR-Code freigibt. Okay, hat geklappt. Aber
was wäre, wenn eine Fahrkarte für mehrere
Personen gültig wäre? Lässt die Schranke
dann auch mehrere Personen durch? Und
vor allem: Kommen wir mit dem QR-Code in
ein paar Stunden wieder auf den Bahnsteig?
Im Empfangsgebäude suchen wir das Kundenzentrum
des örtlichen Stadtverkehrsbetriebs
„breng“ auf, denn wir brauchen
ja nun Tickets für unsere O-Bus-Befahrung.
Hier bekommen wir unsere OV-chipkaart,
eine Plastekarte im Scheckkartenformat mit
einem RFID-Chip darin, ähnlich wie die VBB-Fahrcard.
Uns wird vom Bediensteten empfohlen,
ein Guthaben von 30 Euro aufzuladen.
Eine Tageskarte für den Stadtverkehr
gibt es, lohnt sich aber preislich für uns nicht.
Also werden wir den Kilometertarif nutzen.
In den Arnheimer O-Bussen befinden sich
Checkin-Checkout-Geräte, die wir nutzen.
Auch Schleifenfahrten und Rückfahrten werden
korrekt als „overstappen“ angezeigt, der
Fahrpreis wird beim Auschecken angezeigt.
Am Abend wollen wir unsere Eisenbahnfahrt
nach Rotterdam fortsetzen und kommen
mit unserem QR-Code vom Onlineticket
problemlos durch die Bahnsteigsperre
und genauso einfach in Rotterdam aus dem
Bahnhof heraus.
Am nächsten Tag wollen wir den Bahnhofstunnel
nur durchqueren, um vom Hintereingang
zum Empfangsgebäude zu gelangen.
Also für 20 Euro einchecken und am
anderen Ausgang auschecken (hoffentlich
wurden die 20 Euro wieder gutgeschrieben
… ). Erst später entdecken wir parallel
zum Bahnsteigtunnel einen „Fitsentunnel“,
einen öffentlichen Tunnel für Fahrräder und
Fußgänger, der keine Zugänge zu den Bahnsteigen
hat und damit sperrenfrei ist.
Tagesticket als Wegwerf-Chipkarte
Wir erkundigen uns am Kundenschalter des
Rotterdamer Stadtverkehrs RET nach einem
Tagesticket. Ja, gibt es, kostet 7,50 Euro für
alle Busse, Trams und Metros der RET oder
13,50 Euro für fast alle Verkehrsmittel in
der Provinz Zuid Holland, aber nicht in den
Zügen der NS. Letzteres ist unsere Wahl für
diesen Tag. Diese Tageskarten werden nur
als Wegwerf-OV-chipkaart ausgegeben.
Sie gelten ab dem ersten Einchecken bis
Betriebsschluss. Dennoch wird mündlich
und schriftlich darauf hingewiesen, dass
wir auch mit diesem Pauschalfahrschein im
Fahrzeug stets Ein- und Auschecken sollten.
Eine augenscheinlich sinnlose, maximal
fahrgaststatistisch sinnvolle Maßnahme,
deren Einhaltung uns aber noch später auf
die Füße fallen sollte.
Straßenbahn mit Pendelschaffner
Beim Nahen der Straßenbahn ist also das
Ticket schon bereitzuhalten, damit es im
Einstiegsbereich im Fahrzeug nicht zu größeren
Stauungen im Fahrgastfluss kommt,
weil alle Aussteigenden und dann alle Einsteigenden
am Lesegerät an der Tür 1 Sekunde
verweilen müssen. Meist sind rechts
und links der Tür Lesegeräte installiert. Als
besondere Neuerung zur „Beschleunigung
des Fahrgastwechsels“ wird auf Plakaten
darauf hingewiesen, dass jetzt neu auch abseits
der Türen Lesegeräte angebracht seien,
wo man sich einchecken kann. Das Auschecken
geht ohnehin auch schon im fahrenden
Fahrzeug vor dem Aussteigen. In Rotterdam
sind die meisten Straßenbahnen mit Pendelschaffnern
besetzt (sie „Pendeln“ ohne
festen Sitzplatz durch den ganzen Zug), die
die ganze Zeit im Fahrzeug mitfahren und
ein oder zwei Mal pro Fahrt die Fahrkarten
mittels tragbarem Lesegerät prüfen und für
Service zur Verfügung stehen.
Draußen oder drinnen Einchecken?
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Hochflur- und Niederflurfahrzeuge halten an der selben Haltestelle. Entsprechend ist auf dem Bahnsteig oder im Fahrzeug einzuchecken, hier in Amsterdam. Foto: Florian Müller |
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Die Metro von Rotterdam nach Den Haag
ist eine ehemalige Vorortbahn, die in das
Rotterdamer Metrosystem integriert wurde
und von der RET betrieben wird. Im Bereich
von Den Haag wird die gleiche Strecke auch
von den Stadtbahnzügen des Den Haager
Stadtverkehrs HTM genutzt. So ergibt sich
hier wieder tickettechnisch eine Besonderheit:
Die RET-Metrozüge haben Bahnsteigsperren
und keine Lesegeräte im Fahrzeug,
die HTM-Stadtbahnzüge haben als „Straßenbahn“
nur Lesegeräte im Fahrzeug, aber
keine Bahnsteigsperren. Auf den gemeinsam
bedienten Stationen (fünf Stück) stellt sich
für dem einsteigenden Fahrgast die Frage:
Einchecken an der RET-Stele auf dem Bahnsteig
oder im HTM-Fahrzeug? Für den unbedarften
Fahrgast ist die schnelle optische
Unterscheidung schwierig. Ein Einheimischer
gab uns den Tipp: Wenn der Wagen am Hochflurteil
des Bahnsteigs hält: RET-Metro, an der
Bahnsteigstele einchecken. Hält der Wagen
am Niederflurteil des Bahnsteigs: HTM-Stadtbahn,
Einchecken im Fahrzeug.
Alleine diese Falle und Fragestellung zu erkennen
und formulieren zu können, braucht
schon Expertenwissen, die „Lösung“ allemal.
Der Card-Clash
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An größeren Stationen stehen Terminals, an denen man seine OV-chipkaart auslesen und sich z. B. die letzten Transaktionen anzeigen lassen kann. Die Werte in Klammern zeigen die beim Einchecken pauschal abgebuchten Beträge. Was nicht „verfahren“ wurde, wird beim Auschecken Zurückgebucht. Oben zwei Check-ins ohne Check-out als Folge des „Card-Clash“. Foto: Florian Müller |
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Nach diversen Fahrten mit Metro und Straßenbahn
wollten wir mit der NS, die im
Stadtgebiet von Rotterdam mehrere Halte
hat, von Rotterdam Blaak nach Centraal
fahren. Die für den Stadtverkehr genutzte
Tageskarte gilt hier nicht, das ist klar, aber
wir können unsere OV-chipkaart aus Arnhem
zum nationalen Kilometertarif für diese
kurze Strecke nutzen. Meine Mitreisenden
durchschreiten die Bahnsteigsperre und gelangen
auf den Bahnsteig. Bei mir erscheint
eine Fehlermeldung an der Schranke: „Guthaben
nicht ausreichend“. Wie kann das
sein? Wir haben die gleichen Fahrtguthaben
aufgebucht und genau die gleichen Fahrten
durchgeführt. Der Kontostand auf der chipkaart
müsste also gleich sein und deutlich
über 20 Euro liegen.
Zurück zum OV-chipkaart-Terminal am
Bahnhofseingang, an dem ich die Karte auflege
und mich durch das Menü zur Anzeige
der letzten Transaktionen tippe. Tatsächlich:
Es sind an diesem Tag drei mal 4 Euro von
HTM als Check-In abgebucht worden, obwohl
ich doch eine Tageskarte habe! Des Rätsels
Lösung ist eigentlich simpel, aber man
muss drauf kommen: Beide OV-chipkaarts,
die allgemein gültige aus Arnhem zum Kilometertarif
und die Wegwerf-Tageskarte für
Zuid Holland hatte ich ins Portemonnaie gesteckt
und hatte beim Ein/Auschecken ganz
lässig nur das Portemonnaie ans Lesegerät
gehalten, ohne die Karten herauszunehmen.
So wurde zufällig mal die Tageskarte ohne
Transaktion erkannt, mal von der allgemein
gültigen Karte der Einchecktarif abgebucht.
Böse Falle! 12 Euro abgebucht für Nichts – ärgerlich.
Genau genommen hätte auch noch
meine VBB-Fahrcard aus Berlin mitspielen
können, denn die funktioniert nach demselben
technischen Lesesystem und steckte
auch im Portemonnaie …
Dieses Problem der zufälligen Auswahl
gültiger Karten beim Einchecken ist Insidern
unter dem Namen „Card-Clash“ bekannt,
wie wir später erfuhren.
In diesem Fall blieb mir erst einmal nicht
anderes übrig, als von meiner EC-Karte 10
Euro auf die OV-chipkaart zu laden, damit
ich über 20 Euro Guthaben komme, um die
Schranke zu durchschreiten.
Kulanz-Lösung
Am nächsten Morgen schilderten wir das
Missgeschick an dem Fahrkartenschalter,
wo wir schon gestern die Tageskarte gekauft
hatten. Meine Geschichte scheint keine
große Verwunderung oder Misstrauen
beim Mitarbeiter hervorzurufen. Er schaute
sich die Daten meiner Karte in seinem Terminal
an und bestätigte zwei offene Eincheckvorgänge.
Ja, man könne auf einer
speziellen Website (uitcheckgemisst.nl, also
„auscheckenvergessen“) solche Fälle nachträglich
auschecken und bekomme den
Differenzbetrag dann auf die OV-chipkaart
gutgeschrieben. Allerdings dauere es bis zur
Bereitstellung des Gutschriftbetrages eine
Woche, und die Gutschrift müsse an einem
OV-chipkaart-Terminal in einem Bahnhof
auf meine Karte übertragen werden. Auf
meinen Einwand, dass ich ja schon morgen
wieder nach Berlin zurückreisen werde und
dann lange Zeit nicht mehr an einen niederländischen
Bahnhof mit Automaten gelange,
ließ der Mitarbeiter nach etwas Bedenkzeit
Kulanz walten. Er machte von den beiden
Karten Fotokopien (!) und buchte manuell
8 Euro auf meine Karte. Der dritte Eincheck-Vorgang
war mit einem Auschecken geschlossen
worden – hier wurden mir 1,46
Euro als Fahrtkosten belastet. Die Erstattung
auch dieses Betrages verfolgte ich nun nicht
weiter. Ich war doch erfreut, dass eine praktikable
Lösung gefunden wurde. Wenn ich
mir vorstelle, ich wäre mit einem ähnlichen
Anliegen an die Berliner BVG herangetreten:
„Ihre Schuld, da kann ick ooch nüscht
machen“.
Nebenbei: Das nachträgliche Auschecken
per Website wird einem Fahrgast pro Halbjahr
drei Mal gewährt. Und überall in den
Fahrzeugen hängen Plakate, die ans Auschecken
erinnern, und in nervender Häufigkeit
kommt eine entsprechende Ansage vor
dem Erreichen von Umsteigehaltestellen.
Schnellzug-Zuschlag
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Nicht nur beim Umsteigen muss man zusätzlich die Check-in-Steelen nutzen, auch für Zuschläge für den „Intercity direct“ auf der Schnellfahrstrecke gibt es extra Eincheck-Steelen. Foto: Florian Müller |
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Der Tag der Rückreise ist gekommen. Mein
EuropaSpezial der DB ist gebucht von Rotterdam
nach Amsterdam mit einem ICD
(InterCityDirekt) und von Amsterdam mit
dem IC nach Berlin. Auf den Bahnsteig in
Rotterdam komme ich bekanntlich per QR-Scancode,
aber auf dem Abfahrtbahnsteig
entdecke ich noch eine besondere Checkin
Stele: für einen ICD-Zuschlag. Dieser ist
zusätzlich fällig, wenn man den Zug auf der
Neubau-Schnellstrecke Rotterdam—Schiphol
nimmt. Für mich ist es inklusive.
Überlisten ohne Ausschecken?
In Amsterdam habe ich noch Zeit, um mir
die Metro und Straßenbahn anzusehen. Ich
entschließe mich, keine spezielle Tageskarte
für den Stadtverkehr GVB zu kaufen,
sondern mit meiner OV-chipkaart per Kilometertarif
zu fahren. Immerhin habe ich ja
noch Guthaben darauf. Nach Durchschreiten
der Bahnsteigsperre am Metrobahnhof
fährt mich die Metrolinie 51 ganz in den
Süden nach Amstelveen. Dabei geht die Linie
vom Metrosystem ins Stadtbahnsystem
über. Hier fährt sie gemeinsam mit der Straßenbahn
auf denselben Gleisen, und ob
man an der Stele auf dem Hochbahnsteig
für den Metrozug oder in der Niederflurstraßenbahn
10 Meter weiter einchecken
muss – wir erinnern uns an Den Haag – erkennt
der Fachmann am Halteplatz des
Zuges. Nur mit dem Unterschied, dass hier
tatsächlich beide Züge vom selben Betreiber
sind.
An der Endstation
in Westwijk angekommen
will ich
wieder zurückfahren
und überlege: Was
passiert, wenn ich
mich an der Stele auf
dem Bahnsteig (keine
mechanische Sperre)
nicht auschecke, sondern
gleich wieder
zurückfahre? Mache
ich dann wieder Fahrpreis
„gut“? Wie kann
die Rückfahrt geprüft
werden? Oder ist das
nach Tarif einfach verboten?
Schaffner in
der Metro gibt es hier
nicht, würde es also
niemand bemerken?
Ich entscheide mich
doch fürs Aus- und
neu Einchecken.
Metergenaue
Fahrpreise
Auf dem Fahrplanaushang
der Metro entdecke
ich noch im Kleingedruckten ein interessantes
Detail der Fahrgastinformation:
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Auf dem Amsterdamer Schnellbahnplan sind auch die Fahrpreise zwischen den Stationen angegeben. Foto: Florian Müller |
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An der Perlschnur stehen nicht nur die
Bahnhofsnamen und Reisezeiten bis dorthin,
sondern auch die Fahrpreise zu den einzelnen
Stationen. Der Preis pro Station bewegt
sich zwischen 0,06 Euro und 0,35 Euro, offenbar
je nach Stationsabstand. Die Preise finde
ich auch auf einem Metrofahrplan-Faltblatt
wieder, hier differieren sie aber um einzelne
Centbeträge gegenüber dem Aushang. Mir
geht die Frage durch den Kopf: Wie wird mit
gefahrenen Umwegen verfahren? Werden
Umleitungen teurer berechnet? Wer legt das
fest, und wo erfahre ich so etwas?
Später fahre ich ein Stück mit dem Stadtbus
und bemerke ein großes Plakat: „Ab
26. März keine Barzahlung mehr im Bus“.
Man kann mit dem OV-chipkaart-Guthaben
einchecken oder man kann beim Busfahrer
seine OV-chipkaart per EC-Karte aufladen,
um auf mindestens 4 Euro zu kommen. Aber
die Aufwertung mit Bargeld ist jetzt vorbei.
Straßenbahn-Einstieg nur erste
und vorletzte Tür
Mit der Straßenbahn will ich zum Centraal-
Bahnhof zurückfahren. In Amsterdam fahren
alle Straßenbahnen mit Schaffner, die
in einem speziellen Dienstabteil sitzen. Einstieg
in die Straßenbahn ist nur an der ersten
Tür beim Fahrer oder an der vorletzten Tür
beim Schaffner gestattet. Dieser passt auf,
dass alle Einsteigenden am Lesegerät vorbeidefilieren.
Der Vorteil in Rotterdam mit
dem Pendelschaffner besteht darin, dass
dort alle Türen zum Einstieg genutzt werden
dürfen und der Schaffner beim Gehen durch
den Zug auch mal eine liegengelassene Zeitung
wegräumt. In Amsterdam verließ der
Schaffner sein Abteil die ganze Fahrt nicht,
beschäftigte sich die meiste Zeit mit seinem
Smartphone und wurde dabei nur ein mal
von einer kurzen Frage eines Fahrgastes unterbrochen.
Kein Bestpreis
Am Bahnhof dann die Auswertung der
gespeicherten Tarif-Transaktionen am Terminal:
Nach Kilometertarif wurden mir in
Amsterdam 11,12 Euro berechnet, eine zu
Beginn gebuchte Tageskarte hätte 7,50 Euro
gekostet. Eine Bestpreisabrechnung bzw.
Kappung am Maximalpreis findet also trotz
technischer Möglichkeit nicht statt. Schade.
Attraktiver ÖV – aber …
Der Öffentliche Verkehr in den Niederlanden
macht einen sehr attraktiven Eindruck. Das
dichte Schienennetz und der enge Takt der
Eisenbahn, moderne und saubere Bahnhöfe
sowie flotte Anschlüsse und hohe Pünktlichkeit
sind sehr angenehm. Auch die Stadtverkehre
mit Metro, Straßenbahn und Bus
mit dichtem Takt machen einen sehr guten
Eindruck. Und es scheint, dass der ÖV und
die umfänglichen Fahrradverkehrsanlagen
nicht in Konkurrenz zueinander stehen, sondern
sich ergänzen. Etliche gute Beispiele,
die man auch auf andere Orte übertragen
könnte. Aber der gewöhnungsbedürftige
elektronischen Tarif schmälert den positiven
Eindruck nicht unerheblich.
Ein Modell für Berlin?
Die Einführung einer metergenauen Tarifabrechnung
in Berlin kann gerechter
für die in Anspruch genommene Leistung
sein, sie kann aber auch viele Fallen, Fragen
und Probleme durch ihre Komplexität
und hohen technischen Voraussetzungen
bringen. Das Ein- und Auschecken ist für
den Fahrgast lästig und führt zu Staus an
den Fahrzeugzugängen. Eine riesige Anzahl
von Lesegeräten muss angeschafft,
installiert und vor allem instandgehalten
werden. Das nötige elektronische Hintergrundsystem
ist äußerst
komplex und mit einer
enormen Zahl von Sonderregelungen
aufgrund
verkehrsgeografischer
Besonderheiten zu bestücken,
die wiederum
auch nachvollziehbar
dem Fahrgast kommuniziert
werden müssen.
Bei Änderungen im
Verkehrsnetz (Linienänderungen,
spontane
Umleitungen) entstehen
eine Vielzahl von neuen
Sonderfällen, die sofort
in der Tarifberechnung
abgebildet werden müssen,
was eine Heerschar
von spontan einsetzbaren
Tarifprogrammierern
erfordert. Und es
wird eine Vielzahl von
Verständnisfragen und Beschwerden von
Fahrgästen über eventuell falsch berechnete
Tarife geben.
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Für Reisen ins Ausland ist aus- und nicht einzuschecken. Foto: Florian Müller |
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Letztlich ist der komplizierte elektronische
Tarif ein ungerechter, denn er behindert
weniger gebildete, weniger sprachkundige
und viele alte Fahrgäste, aber auch Gelegenheitsfahrgäste,
und er schließt Fahrgäste aus,
die aus welchen Gründen auch immer nur
über Bargeld verfügen.
Ein Vorteil für die Verkehrsplaner ist eine
lückenlose Erhebung aller getätigten Fahrten
in großer Detailschärfe.
Ist das die Aufgabe des bewährten Prinzips
„eine Stadt – ein Fahrschein“ wert? Ich
meine nein.
Florian Müller
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