|
Neben der B2 ist die neue Strecke auf 300 Meter Länge zwar nur eingleisig, aber stauunabhängig. Links im Bild die „Roten Kasernen“, die seit einigen Jahren Wohnzwecken dienen. Foto: Florian Müller |
|
Die Neubaustrecke ist knapp 1,2 km lang
und erhält auf der gesamten Strecke einen
besonderen Bahnkörper. Entlang der Bundesstraße
B2 werden davon 300 Meter eingleisig
ausgeführt.
Die Haltestelle Viereckremise wird in die
Georg-Hermann-Allee verlegt und etwa
100 Meter südwärts verschoben. Die Wendeschleife
wird aufgegeben und bebaut,
während die Strecke hier im Rechtsbogen
von der Mittel- in die nördliche Seitenlage
umschwenkt. Kurz vor der B2 entsteht die
neue Haltestelle „Rote Kaserne“.
|
Die Wendeschleife Viereckremise (mit Zug) wird aufgegeben und das Grundstück soll bebaut werden. Von links kommend wartet das Gleis der Neubaustrecke auf den Anschluss. Foto: Fotograf |
|
Hinter der Haltestelle wird die Strecke eingleisig
und wechselt im Linksbogen in die
östliche Seitenlage der B2. Nach 300 Metern,
am Ende der Bebauung, kreuzt die Straße
Zum Exerzierhaus, und direkt dahinter folgt
die Weiche zur Zweigleisigkeit. Letzte Straßenkreuzung
ist die Straße Am Jungfernsee.
Etwa 100 Meter nördlich davon liegt die
neue Wendeschleife, die mithilfe einer Gleiskreuzung
im Uhrzeigersinn befahren wird.
Innerhalb der Schleife befinden sich die
beiden Bahnsteige der Haltestelle „Campus
Jungfernsee“, die einen direkten Umstieg
zwischen Straßenbahn und Bus ohne lange
Umsteigewege ermöglichen.
|
„Rote Kasernen“ heißt die einzige Zwischenhaltestelle der Neubaustrecke. Sie befindet sich in Seitenlage zwischen der bisherigen Schleife/Endhaltestelle und der Nedlitzer Straße. Foto: Tom Gerlich |
|
Hinter der Haltestelle „Rote Kasernen“ biegt die Strecke links in die Nedlitzer Straße ab und wird für 300 Meter eingleisig. Foto: Tom Gerlich |
|
Nach 300 Metern wird die Strecke hinter der Fritz-von-der-Lancken-Straße wieder zweigleisig. Parallel verläuft ein breiter Geh- und Radweg. Foto: Tom Gerlich |
|
Veränderte Linien und Fahrpläne
Die vorbildliche Umsteigeanlage kann jedoch
nicht darüber hinwegtäuschen, dass
hier künftig für den Großteil der Busfahrgäste
ein zusätzlicher Umstieg notwendig sein
wird, denn mit der Eröffnung der Straßenbahnstrecke
werden auch Linienführungen
und Fahrpläne angepasst.
Die Linie 96 wird zur Hauptlinie der Straßenbahn
und verkehrt dann zwischen
Campus Jungfernsee im Norden und Marie-Juchacz-Straße im Südosten von Potsdam.
Montag bis Freitag tagsüber fährt sie alle 10
Minuten, abends und am Wochenende alle
20 Minuten.
Dies geht zu Lasten der bisherigen
Hauptlinie 92, die erheblich verändert wird.
Sie fährt im Südosten nur noch im Berufsverkehr
und am Wochenende ins Kirchsteigfeld.
Tagsüber endet sie am Bisamkiez
und abends bereits am Hauptbahnhof. Der
20-Minuten-Takt wird in der Hauptverkehrszeit
zwischen Kirschallee und Bisamkiez
auf 10 Minuten verdichtet, so dass sich
dann zwischen Campus Fachhochschule
und Bisamkiez ein glatter 5-Minuten-Takt
ergibt (sonst 5/5/10). Die Angebotsausdünnung
ins Kichsteigfeld soll durch den
Einsatz der auf 40 Meter verlängerten Combinos
ausgeglichen werden. Angesichts der
weiter steigenden Fahrgastzahlen dürfte
das kaum ausreichen, doch der vorhandene
Fahrzeugpark ist zu knapp bemessen,
um weitreichende Angebotsausweitungen
zu ermöglichen.
Das wirkt sich auch auf die anderen Linien
aus. Die Linie 94 verkehrt im Berufsverkehr
verlängert bis Pirschheide, die Linie 98 Schloss
Charlottenhof—Rehbrücke und die Linie 99
verkürzt auf Platz der Einheit—Babelsberg.
|
1125 Meter Neubaustrecke im Potsdamer Norden. Die Haltestelle „Viereckremise“ wird vor die ehemalige Schleife verschoben. Zwischen Rote Kasernen und Fritz-von-der-Lancken-Straße ist die Strecke eingleisig. Die neue zweigleisige Schleife Campus Jungfernsee wird im Uhrzeigersinn befahren. Die meisten Busfahrten enden künftig in der neuen Straßenbahnschleife. Hier muss in die Tram umgestiegen werden. Bisher fahren die meisten Busse weiter bis in die Potsdamer Innenstadt. Grafik: Holger Mertens |
|
Umsteigen und Fahrzeitverlängerung
Scharfe Kritik wurde von vielen Seiten bereits
vorab an der Einkürzung der Buslinien
geäußert. Die Linien 609 und 638 enden
künftig am Campus Jungfernsee und erhalten
dort Anschluss an die Straßenbahnlinie
96. Nur im Schülerverkehr werden weiterhin
einzelne Fahrten morgens stadteinwärts
und nachmittags stadtauswärts zum Platz
der Einheit und Hauptbahnhof angeboten.
Die Direktverbindung zwischen Potsdam
Hauptbahnhof und dem Fernbahnhof
Spandau geht damit verloren.
Während der Umstieg von Bus auf Straßenbahn
stadteinwärts annehmbar funktioniert,
da selbst bei verpasstem Anschluss die
nächste Bahn nach spätestens 10 Minuten
fährt, muss die Fahrt stadtauswärts genau
geplant werden. Wer auf „Nummer sicher“
gehen will, sollte eine Bahn früher einplanen,
um ausreichend Puffer für den Umstieg
zu haben und nicht bis zu 40 Minuten in der
Hauptverkehrszeit und tagsüber bis zu 60
Minuten warten zu müssen.
Fahrplanmäßig braucht die Straßenbahn
durch die Linienführung mit Umwegen von
Campus Jungfernsee zum Potsdamer Hbf
rund zwei Minuten länger als bisher der Bus
638. Hinzu kommt die Zeit zum Umsteigen
an der Haltestelle Campus Jungfernsee. Die
zwei bzw drei durchgehenden Fahrten des
638ers gegen 7.30 Uhr sind mit künftig 53
Minuten vom Bahnhof Spandau bis Potsdam
Hbf geplant. Mit dem Umsteigen in Campus
Jungfernsee benötigen die Fahrgäste gegen
9 Uhr gemäß Fahrplanentwurf des ViP aber
63 Minuten.
|
Statt einer hässlichen Lärmschutzwand grenzt ein Erdwall die Wohnbebauung von der Straßenbahn und Bundesstraße ab. Die Einfriedung dient nicht nur als optisches Element, sondern sichert die Gleise auch gegen Betreten. Zum Geh- und Radweg hin muss dagegen ein Standardgeländer diesem Zweck dienen. Foto: Tom Gerlich |
|
Ein- und Ausfahrt der neuen Wendeschleife Campus Jungfernsee mit einer Gleiskreuzung. Rechts die B2, auf der der Busverkehr dann ausgedünnt wird. Foto: Tom Gerlich |
|
Baustelle der künftigen Wendeschleife (mit Bauschild). Auf der rechten Seite können die Busfahrgäste künftig direkt aus dem Bus in die abfahrbereite Straßenbahn umsteigen. Links entsteht umgekehrt die Ankunfthaltestelle der Straßenbahn mit direktem Übergang zum Bus. Links im Hintergrund auf freiem Feld das Software-Büro von SAP. Foto: Tom Gerlich |
|
Die Schleife Campus Jungfernsee erhält zwei Gleise. Im Hintergrund ist die wachsende Wohnbebauung zu sehen, rechts endet der Erdwall. Foto: Florian Müller |
|
Ob die Fahrgäste den Umsteigezwang bei
obendrein zehn Minuten längerer Reisezeit
akzeptieren werden, bleibt abzuwarten.
Der Ziel- und Quellverkehr im Bereich der
Haltestelle Campus Jungfernsee ist bisher
noch recht gering. Ein größeres Wohngebiet
und Bildungseinrichtungen sind in dessen
Umfeld im Bau bzw. geplant.
Zukunftspläne
In einem weiteren Schritt ist geplant, die
Straßenbahn rund drei Kilometer über Neu
Fahrland bis nach Krampnitz zu verlängern.
Das dortige große, seit Jahrzehnten leerstehende
Kasernengelände soll zum Wohngebiet
umgebaut und mit der Straßenbahn an
die Potsdamer Innenstadt angebunden werden.
Diese langfristige Planung ist natürlich
sehr zu begrüßen.
Mit der Verlängerung von acht Combinos
auf 40 Meter und dem weiteren Einsatz von
hochflurigen Tatra-Fahrzeugen hat sich die
Stadt Potsdam etwas Zeit erkauft, doch
um die Anschaffung neuer Straßenbahnen
wird sie bei der anhaltend positiven Entwicklung
der Fahrgastzahlen nicht herum
kommen.
Das Land Brandenburg muss hier endlich
über seinen Schatten springen und analog
zu (allen) anderen Bundesländern die
Anschaffung neuer Straßenbahnfahrzeuge
ohne Wenn und Aber fördern. Davon würde
nicht nur Potsdam, sondern auch die
anderen Betriebe im Land Brandenburg
profitieren, die derzeit nicht wissen, wie
sie die im Personenbeförderungsgesetz
verankerte Verpflichtung zur Barrierefreiheit
ab 2022 umsetzen sollen. Straßenbahnen
bieten immerhin seit über 100 Jahren
zuverlässig die derzeit überall geforderte
Elektromobilität. (ge)
IGEB Stadtverkehr
|