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Und sie bewegt sich doch! Viele Jahre lang
war es für die Berliner Denkmalpflege kein
Thema, U-Bahnhöfe unter Schutz zu stellen,
die „erst“ dreißig, vierzig oder fünfzig Jahre
alt sind. Mehr noch als bei Laien löste dieses
Verhalten bei Fachleuten Verwunderung
aus. Gilt doch als Faustregel, dass Denkmalschutz
für ein Bauwerk erst dann in Frage
kommt, wenn dieses einer „abgeschlossenen
Gestaltungsepoche“ angehört. Und wer
baut schon noch wie in den 1960er oder gar
1970er und 1980er Jahren?
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Das war einmal: Wie bei vielen Berliner U-Bahnhöfen aus den sechziger und siebziger Jahren wurde auch die originale Verkleidung der 1971 eröffneten U 7-Station Yorckstraße inzwischen abgeschlagen. Statt auf Keramikriemchen blicken die Fahrgäste hier seit über einem Jahr auf nackte Betonwände. Foto: Jan Gympel |
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Womöglich wurden der Denkmalpflege
in Sachen Berliner Verkehrsarchitektur auch
(wieder einmal) seitens der Politik Zügel
angelegt. Jedenfalls schien mit der „Grundsatzvereinbarung
zur Regelung der Zusammenarbeit
bei Umbauten und Grundinstandsetzungsmaßnahmen
in denkmalgeschützten
U-Bahnanlagen“, die am 30. April
2001 zwischen BVG und Landesdenkmalamt
geschlossen worden war, das letzte Wort
gesprochen: Die beigefügte umfangreiche
Auflistung der betreffenden Stationen (geordnet
nach dem Umfang ihrer „Schutzgutdichte“)
bzw. einzelner erhaltenswerter
Elemente auf ihnen, durfte offenbar nicht
ergänzt werden. So waren die einzigen nach
1961 eröffneten Stationen, die unter Schutz
standen, der U-Bahnhof Pankstraße (dieser
allerdings als „Mehrzweckbau, U-Bahnhof
mit Zivilschutzanlage“, sprich: Bunker) sowie
die jüngeren Teile der 1913 in Betrieb
genommenen Station Fehrbelliner Platz.
Ein Trostpflaster fürs ICC?
Erst im Laufe des Jahres 2016 kam endlich Bewegung
in die Sache, unter anderem durch
einen offenen Brief von Kunsthistorikern
und anderen Fachleuten, die den rasanten
Verlust von U-Bahnhöfen aus den sechziger,
siebziger und achtziger Jahren beklagten:
Bei „Grundinstandsetzungen“ verpasst die
BVG diesen Stationen regelmäßig ein völlig
neues Gesicht.
Anfang 2017 wurde dann der U-Bahnhof
Schloßstraße unter Schutz gestellt – buchstäblich
fünf nach zwölf, denn mit der Sanierung
dieser 1974 eröffneten Station hatte
die BVG bereits Mitte 2016 begonnen. Zu
diesem Zweck waren unter anderem schon
die charakteristischen Kunststoffelemente
demontiert worden, die den Stationsnamen
zeigten und die Reklameflächen rahmten
und an den Decken und Hintergleisflächen
angebracht waren – als einziger Schmuck
auf dem ansonsten nackten Beton, an dem
man einst, ganz dem Geschmack des Brutalismus
folgend, die Verschalungsspuren
sichtbar gelassen hatte.
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Vergangenes Jahr wurden alle 1984 eröffneten U 7-Stationen von Paulsternstraße bis Rathaus Spandau unter Denkmalschutz gestellt, vom anschließenden, bereits 1980 in Betrieb gegangenen Abschnitt jedoch nur die Bahnhöfe Rohrdamm und Siemensdamm. Dabei ist letzterer bereits stark verändert worden. Weitgehend im Originalzustand erhalten, doch noch immer schutzlos sind hingegen die Stationen Jungfernheide und Mierendorffplatz (ebenfalls 1980 eröffnet) sowie Richard-Wagner-Platz und Konstanzer Straße (1978 eröffnet). Die zwischen all diesen U-Bahnhöfen liegenden Stationen Halemweg, Jakob-Kaiser-Platz, Bismarckstraße, Wilmersdorfer Straße und Adenauerplatz wurden von der BVG bereits stark verändert oder ihre Umgestaltung ist (zum Teil seit Jahren) im Gange. Foto: Jan Gympel |
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Sinnvollerweise wurde nicht nur der
U-Bahnhof in die Denkmalliste aufgenommen,
sondern das ganze, dort „Verkehrsknoten
Steglitz“ genannte Ensemble mit
der Joachim-Tiburtius-Brücke und dem
allgemein als „Bierpinsel“ bezeichneten
Turmrestaurant. Böse Zungen könnten freilich
behaupten, hier handele es sich um ein
Trostpflaster, stammt das Ensemble doch
von dem Architektenpaar Ralf Schüler und
Ursulina Schüler-Witte. Und deren größtem
und bekanntestem Werk, dem ICC, wird die
Unterschutzstellung beharrlich verweigert,
obwohl es ebenfalls akut vom Abriss oder
zumindest einer entstellenden Umgestaltung
seines Inneren bedroht ist.
Von wegen „Nachkriegsmoderne“
Ende März 2017 folgte der Schutz für eine
ganze Kette von U-Bahnhöfen: Die sieben
Stationen am Westende der U 7 von Siemensdamm
bis Rathaus Spandau, für deren
Ausgestaltung (wie bei fast allen zwischen
1966 und 1996 in [West-] Berlin eröffneten
U-Bahnhöfen) sämtlich Rainer Gerhard
Rümmler verantwortlich gezeichnet hatte.
Zu dieser Unterschutzstellung gab es am 28.
März 2017 sogar eine Pressekonferenz auf
der Station Paulsternstraße, bei der neben
Landeskonservator Jörg Haspel auch BVG-Chefin
Sigrid Evelyn Nikutta und Kultursenator
Klaus Lederer sprachen.
Es ist verschmerzbar, dass in der Pressestelle
der Senatsverwaltung für Kultur und
Europa offenkundig keine Kunsthistoriker
sitzen, verkündete diese doch in ihrer Einladung
zu dem Termin, die unter Schutz
gestellten Stationen wären „besondere
Zeugnisse der Nachkriegsmoderne“ (was
von diversen Medien sogleich wiederholt
wurde): Allen voran die 1984 in Betrieb
gegangenen U-Bahnhöfe Paulsternstraße,
Haselhorst, Zitadelle, Altstadt Spandau
und Rathaus Spandau sind in Wahrheit,
teils sehr eindrucksvolle, Beispiele für
postmoderne Architektur, die sich aus der
erklärten Gegnerschaft zur modernen Architektur
speiste.
Eigenartig ist aber die Auswahl der weiteren,
1980 eröffneten Stationen, die doch
durch Fachleute erfolgt sein sollte: So ist der
U-Bahnhof Siemensdamm bereits deutlich
verändert worden – unter anderem wurden
hier der Sichtbeton grün angemalt und die
ursprünglich auf den Hintergleisflächen
applizierten Elemente zum größten Teil
entfernt. Weitgehend original erhalten ist
hingegen die Nachbarstation Rohrdamm,
doch während diese ebenfalls in die Denkmalliste
aufgenommen wurde, verwehrte
man dies den vergleichbar gering veränderten
U-Bahnhöfen Jungfernheide und
Mierendorffplatz. (Die im selben Abschnitt
liegenden Stationen Jakob-Kaiser-Platz und
Halemweg wurden erst kürzlich Opfer einer
„Grundinstandsetzung“ in BVG-üblicher Manier.)
Zerstörte Zusammenhänge,
verlorene Lesbarkeit
Zudem stellt sich die Frage nach einem
Schutz für die weiteren Werke Rümmlers,
allesamt oft nicht unbedingt gestalterisch
oder gar künstlerisch herausragend, aber
doch sehr typisch für ihre Zeit. Damit ermöglichten
sie auch dem Laien eine „Lesbarkeit“
von Bauphasen der Berliner U-Bahn.
Beispielsweise unterschieden sich die 1963
am Südende der heutigen U 7 eröffneten
Stationen Blaschkoallee, Parchimer Allee
und Britz-Süd deutlich von den Vorkriegsbahnhöfen.
Die Stationen Johannisthaler
Chaussee, Lipschitzallee, Wutzkyallee und
Zwickauer Damm des folgenden, 1970 in
Betrieb gegangenen Abschnitts bildeten
ebenfalls eine gestalterische Einheit. Und
der 1972 eröffnete Endbahnhof Rudow sah
wiederum ganz anders aus.
Am anderen Ende der U 7 konnte auf einer
Fahrt von Mehringdamm (bis 1966 umgebaut)
nach Rathaus Spandau (1984 in Betrieb
genommen) auch der Laie erkennen,
wie Rümmler, ganz im Einklang mit dem
Zeitgeist, von einer sachlich-modernen Gestaltung
zu einer immer verspielteren, dekorationsfreudigeren
kam. Eindrucksvoll auch
die Entwicklung, die der 1971 eröffnete Abschnitt
der U 9 zeigte: Der U-Bahnhof Güntzelstraße,
wohl als erster entworfen, wurde
noch wie die ersten Nachkriegsstationen
mit kleinen Rechteckfliesen sowie den um
1960 beliebten Keramikriemchen verkleidet, die folgenden Stationen Berliner Straße,
Bundesplatz und Friedrich-Wilhelm-Platz
erhielten größere Rechteckfliesen, Walther-Schreiber-Platz große Eternitplatten und
eine abgehängte Decke aus aneinandergereihten
flachen Bögen. Letzteres eine in
Rümmlers gestalterische Zukunft weisende
Spielerei und Reminiszenz, mit der er an die
Decken der ältesten Berliner U-Bahnhöfe
erinnern wollte.
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Am Bayerischen Platz liegt eine der letzten Bahnsteighallen auf dem 1971 eröffneten Abschnitt der U 7, die weitgehend im Ursprungszustand überdauert hat. Wichtig für die Entwicklung der Berliner U-Bahn-Architektur ist die Gestaltung der Decke, die an Shed- oder Sägezahndächer erinnert. Solche abgehängten Decken entfernt die BVG in letzter Zeit, weil sie neuerdings ein Sicherheitsproblem darstellen sollen. Wandverkleidungen wie die hier zu sehenden verschwinden hingegen, da sie aus Asbestzement (Markenname Eternit) sind. Dabei ist der Asbest natürlich im Zement gebunden, weshalb die Fahrgäste auch keineswegs seit Jahrzehnten einer tödlichen Gefahr ausgesetzt werden. Foto: Jan Gympel |
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All diese Zusammenhänge zerstört die
BVG in fortschreitendem Maße, indem sie
bei Renovierungen oder (Beton-)Sanierungen
das historische, bauzeittypische Bild
weder bewahrt noch wiederherstellt, sondern
eine völlig beliebige Neugestaltung
vornimmt. Diese folgt offenkundig auch
keinen festen, sinnfälligen Regeln, wie die
Verwendung von Fliesen in dunklen oder
trüben Farben und mit stumpfen Oberflächen
(schlimmstes Beispiel: Bundesplatz),
von dunkler Schrift auf dunklem Untergrund
(jüngster Fall: Kaiserin-Augusta-Straße) oder
von spiegelnden Lettern, die sich schon aus
kurzer Distanz nur schwer entziffern lassen
(etwa Mehringdamm), zeigt.
Letzte Vertreter ihrer Gestaltungsart
Bemerkenswerterweise wurde Denkmalschutz
nun auch ausgerechnet besonders
bunt und auffällig (um nicht zu sagen: aufdringlich)
gestalteten Anlagen zuteil, deren
Architektur sich erfahrungsgemäß der
breiten Öffentlichkeit leicht vermitteln lässt.
Akuter von der Entstellung oder Zerstörung
ihres Gesichts bedroht, als die 1984 eröffneten
postmodernen Stationen, sind jedoch
die modernen, sachlichen aus den 1960er
und 1970er Jahren, einer Ära, deren bauliche
Zeugnisse seit geraumer Zeit überall
verschwinden oder bis zur Unkenntlichkeit
verändert werden. Und dies meist unter
allgemeinem Schulterzucken, wenn nicht
gar unter Applaus für die Beseitigung der
„Schandflecken“ und „Bausünden“ – wobei
sich unter den relativ wenigen Fürsprechern
dieser Bauten auffällig viele junge Leute befinden,
es sich also womöglich nicht nur um
eine Frage des Zeitgeschmacks, sondern
auch der Generationen handelt.
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Foto: Jan Gympel |
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Nach Keramikriemchen und vor Eternitplatten wurden die Hintergleisflächen bevorzugt mit hochrechteckigen Fliesen verkleidet. Die zeittypisch betont sachliche Gestaltung einer Station wie Westphalweg kann man allerdings auch durchkreuzen, indem man die ehemaligen Reklameflächen mit offensiver Vorliebe für Kitsch umgestaltet. Die BVG darf dies, denn der 1966 eröffnete Südabschnitt der U 6 steht, trotz historischer Bedeutung und recht guter Erhaltung, ebenso wenig unter Denkmalschutz wie der U 5-Bahnhof Tierpark. Dabei ist letzterer die einzige erhaltene Tunnelstation aus DDR-Zeiten. 1973 in Betrieb gegangen, orientierte man sich hier deutlich an den Traditionen der Berliner U-Bahn-Architektur, frönte aber auch der zeitgenössischen Vorliebe für Experimente – sei es bei dem Aufsichtshaus in Gestalt einer Kommandobrücke oder dem schotter- und schwellenlosen Gleisbau. Foto: Jan Gympel |
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Gut erhalten, doch schutzlos sind bei der
Berliner U-Bahn nach wie vor die Stationen
Britz-Süd (eröffnet 1963), Möckernbrücke
(U 7), Alt-Tempelhof, Ullsteinstraße, Westphalweg,
Alt-Mariendorf (alle 1966), Zwickauer
Damm (1970), Kleistpark, Eisenacher
Straße, Bayerischer Platz (U 7), Güntzelstraße,
in Teilen auch Berliner Straße und Blissestraße
(alle 1971), ferner Konstanzer Straße,
Richard-Wagner-Platz (beide 1978) und wie
erwähnt Mierendorffplatz und Jungfernheide
(1980). Bei einigen dieser Anlagen wäre
ein Erhalt besonders wichtig, da mittlerweile
viele „Vergleichsstücke“ verschwunden sind
und sie somit zu den letzten Zeugnissen der
jeweiligen Gestaltungsphase gehören.
Wiederholt sich hier der Fehler der siebziger
und achtziger Jahre? Der post-, also antimoderne
Zeitgeist jener Zeit, verspielt und
schnörkelselig, an Historie und an der Architektur
des Historismus interessiert, brachte
bei der Berliner U-Bahn die allgemeine
Rehabilitierung der Wilmersdorf-Dahlemer
Stationen: Was 1913 zwischen Hohenzollernplatz
und Freie Universität/Thielplatz in
Betrieb genommen worden war und heute
zur U 3 gehört, war anfangs verachtet und
verspottet und dann jahrzehntelang auch
von der BVG schlecht behandelt worden.
In den Achtzigern stellte die Denkmalpflege
dann gleich die ganze damalige U 2 von
Wittenbergplatz bis Krumme Lanke unter
Schutz – derweil die zeitgleich entstandenen,
sachlich-modern gestalteten Werke
Alfred Grenanders diesen noch lange nicht
genießen durften.
Ist das überhaupt denkmalwert?
Hoffen lässt allerdings die Nachricht, die
Denkmalpflege arbeite an einer Unterschutzstellung
der 1988 und 1989 eröffneten
Strecke zwischen Tierpark und Hönow,
mit der die Ost-Berliner Trabantenstadt Hellersdorf
Schnellbahnanschluss erhielt: Mit
ihrer sachlichen Architektur stehen diese
oberirdischen Stationen (heute auf der U 5)
in deutlichem Kontrast zu dem, was damals
im Westteil der Stadt gebaut wurde.
Da sie dem derzeitigen Geschmack kaum
als schön gelten, wird auch die Frage gestellt,
ob Denkmalschutz überhaupt angemessen
wäre. Schönheit ist allerdings kaum mehr
ein Kriterium der Denkmalpfleger. Sie kann
es nicht sein, weil sich der Geschmack immer
wieder wandelt: Seit langem gilt der 1959-61 erfolgte Abriss des Anhalter Bahnhofs
als schlimmer Fehler. Vor 60 Jahren stieß er
jedoch auf keinen Widerstand, auch nicht
beim Landeskonservator, denn historistische
Bauten, also vom Stilmischmasch der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geprägte,
galten damals per se als ästhetisch minderwertig
und geschmacklos.
Eingedenk solch trüber Erfahrungen,
von denen es zahllose gibt, bemüht man
sich heute um objektivere Kriterien, um
den historischen Wert eines Bauwerks zu
ermitteln: Was ist besonders typisch, aussagekräftig,
architekturgeschichtlich bedeutend?
Daher gehört der 1973 eröffnete
U-Bahnhof Tierpark, in ganz Deutschland
der einzige weitgehend erhaltene Tunnelbahnhof
aus DDR-Zeiten, längst in die
Denkmalliste. Und daher verfängt auch der
Einwand nicht, die Architekten hätten auf
der Strecke nach Hönow lieber anders gebaut:
Dass man sich in Ost-Berlin ebenfalls
gern in Spielereien ergangen wäre, wenn
man denn gekonnt hätte, ist gerade kein
Argument gegen, sondern für den Schutz.
Ist hier doch dokumentiert, was unter und
aus den Bedingungen der Mangelwirtschaft
gemacht wurde: Herauskommen
konnten so eindrucksvolle Räume wie in
den Zugangsbauwerken der Stationen Elsterwerdaer
Platz und Kaulsdorf-Nord.
Wer rettet Birkenstraße?
In die Denkmalliste nachzutragen wären
aber nicht nur Anlagen aus der Zeit nach
1961: In der 2001 zwischen Landesdenkmalamt
und BVG festgelegten Aufzählung
fehlten Bauten, die man dort erwartet hätte.
Inzwischen zeigte sich, dass es sich dabei
nicht um Irrtümer oder Versäumnisse
gehandelt hatte: Einige U-Bahnhöfe, deren
ursprüngliches Aussehen und originale Substanz
erhalten geblieben war, waren offenbar
absichtlich nicht unter Denkmalschutz
gestellt worden.
So konnte die BVG inzwischen die 1956 eröffneten
Stationen Rehberge, Afrikanische
Straße und Kurt-Schumacher-Platz nach eigenem
Gutdünken umgestalten. Sie waren
die ersten kompletten Neubauten bei der
Berliner U-Bahn nach dem Zweiten Weltkrieg
und ihre Gestaltung für die kommenden
Jahre stilbildend.
Noch zu retten wäre der U-Bahnhof Birkenstraße
– die mit Abstand am besten
erhaltene Station auf der 1961 eröffneten
Ursprungsstrecke der heutigen U 9. Auch
der Bahnhof Seestraße, Mitte der fünfziger
Jahre umgebaut und dabei fast zu einem
Prototypen für die Berliner U-Bahnhofs-Architektur der ersten Nachkriegszeit gemacht,
fehlt nach wie vor in der Denkmalliste.
Immerhin wurde der 2001 „vergessene“
U- (und S-)Bahnhof Tempelhof mittlerweile
in diese aufgenommen.
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Verwunderung bis Unverständnis löste die Nachricht aus, die Berliner Denkmalpflege erwäge eine Unterschutzstellung des U 5-Abschnitts von Biesdorf-Süd bis Hönow, mit dem 1988/89 die Ost-Berliner Trabantenstadt Hellersdorf eine Schnellbahnanbindung erhielt. Schließlich wäre die moderne, sachliche Gestaltung der durchweg oberirdischen Stationen ja nur der Not der späten DDR geschuldet, wo man sich postmoderne Spielereien, wie sie damals im Westen beliebt waren (siehe U 7), nicht leisten konnte. Doch übersieht diese Argumentation nicht nur, dass diese U-Bahnhöfe gerade deshalb einen hohen Wert als Dokumente ihrer Zeit besitzen. Auch gelang es den Architekten mancherorts, aus der Not eine Tugend zu machen. Am eindrucksvollsten geschah dies bei den Treppenhäusern der Stationen Elsterwerdaer Platz (oben) und Kaulsdorf-Nord. Sie wurden deshalb so groß, weil hier (wie auf allen anderen Stationen des Abschnitts) statt Aufzügen Rampen eingebaut wurden – nicht unbedingt behinderten –, aber immerhin kinderwagengerecht in einer Gegend, wo die Neubauwohnungen bevorzugt an Familien mit Kindern vergeben wurden. Foto: Jan Gympel |
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Damit stehen nun nahezu alle Bauwerke
der Berliner U-Bahn, die vor dem Zweiten
Weltkrieg entstanden sind und an denen
noch originale Substanz oder Gestaltung
erhalten ist, unter Schutz. Vor Entstellung
oder Zerstörung schützt dies erfahrungsgemäß
allerdings auch nicht (ein extremes
Beispiel ist die bei der „Grundinstandsetzung“
grotesk entstellte Station Voltastraße).
Manchmal scheinen die behördlichen Denkmalpfleger
dies nicht einmal zu bemerken:
So ist in der aktuellen Berliner Denkmalliste,
Stand 10. August 2017, noch immer der
U-Bahnhof Oranienplatz eingetragen. Dabei
wurde die – nie voll ausgebaute oder gar in
Betrieb gegangene – Bahnsteighalle unter
der Dresdener Straße bereits 2015 vollständig
mit Beton verfüllt.
Die aktuelle Denkmalliste, Denkmalkarte und
Denkmaldatenbank findet man unter
[Link]http://www.berlin.de/landesdenkmalamt/
denkmale/liste-karte-datenbank/|www.berlin.de/landesdenkmalamt/
denkmale/liste-karte-datenbank/[/Link]
Jan Gympel
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