Zunächst übernehmen die Berliner Wasserbetriebe
das Zepter. Bis Mai 2019 werden die
Leitungen unter der Treskowallee erneuert.
Hierfür wurde der Individualverkehr auf der
östlichen Fahrbahn mit einem Fahrstreifen
pro Richtung konzentriert, und die Buslinie
396 wurde über die Marksburgstraße umgeleitet.
Radfahrer sollen einen größeren Umweg
durch die Hentigstraße fahren. Von Juni bis
August 2018 wird die Sperrung der westlichen
Fahrbahn in der zweiten Phase bis zur Sewanstraße
ausgedehnt, bevor sie in der anschließenden
dritten Phase wieder zur Marksburgstraße
verkürzt wird. Die Bauarbeiten geben
dabei schon mal einen kleinen Vorgeschmack
darauf, wie es bei der Straßenbahn wohl künftig
sein wird: Warten auf F1 (Fahrt frei).
In Simulationen wurde zwar nachgewiesen,
dass das künftige Verkehrskonzept funktioniert.
Es basiert aber auf dem „perpetuum
mobile“ der Planer: Die Straßenbahn soll Pulkführer
sein. In der Realität bedeutet das eher
kurze Freigabe- und lange Standzeiten.
Unternehmen wir eine virtuelle Fahrt mit
der Straßenbahn von Süd nach Nord.
Wenn die Straßenbahn sich nähert, hat idealerweise
die Querstraße Wandlitzstraße/Am
Carlsgarten „Grün“, und die Autofahrer biegen
von dort in die Treskowallee ein. Nun erhält
die Straßenbahn, idealerweise ohne Halt, die
Pulkführerschaft und darf aus der Mittellage
in den rechten Fahrstreifen wechseln, um unter
der Bahnbrücke am Bordstein zu halten.
Hierbei können allerdings jene Fahrzeuge, die
kurz zuvor in die Treskowallee eingebogen sind,
das Erreichen der vorgesehenen Halteposition
blockieren, da sie ihrerseits nun erst „Grün“ bekommen.
Damit kann sich die CDU/FDP-Klientel
in ihrem Straßenbahnvorurteil bestätigt fühlen,
denn die Straßenbahn ist nun für einen Ampelumlauf
Verkehrshindernis im rechten Fahrstreifen,
während die Auto-Ampel „Grün“ zeigt.
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Im aktuellen Bauzustand wird die Verschwenkung der Straßenbahn schon mal getestet. An bis zu 4 der 5 Baustellenampeln wird sie ausgebremst, so auch mit jeder Fahrt nordwärts unter der Brücke – quasi als „Probehalt“ für die künftige Haltestelle. Auch künftig muss sich die Straßenbahn hier eine Spur mit den Autos teilen. Foto: Tom Gerlich |
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Ist der Fahrgastwechsel abgeschlossen,
braucht es nun die passende Phase, um vom
rechten Fahrstreifen wieder in die Mittellage
zu wechseln. Das funktioniert allerdings nur,
wenn die Straßenbahn tatsächlich an erster
Stelle vor der Ampel wartet und sie nicht durch
einen Rechtsabbieger blockiert wird, der sie
eben noch überholte und nun „Rot“ hat. Die
Straßenbahn kann die Haltestelle nur dann als
Pulkführer wieder verlassen, wenn kein Fahrzeug
vor ihr steht. Gleiches gilt für eine Phase
nach dem Autoverkehr: Es darf sich keiner vordrängeln.
In Fahrtrichtung Süd besteht dieses Problem
weniger, da die Bahn hier nach der Haltestelle
zunächst in rechter Seitenlage einen eigenen
Bahnkörper erhält, von dem aus sie anschließend
in die Mittellage zurück schwenkt.
Dabei ist die dem Verschwenk zugrundeliegende
Idee richtig. Nachdem man in Adlershof
gelernt hat, dass eine zu schmale Haltestelle
in Mittellage einige Probleme verursacht und
nicht wirklich umsteigefreundlich ist, wurde in
Karlshorst mit Haltestellen in Seitenlage direkt
vor dem Bahnhofszugang geplant. Ursprünglich
sollte die Straßenbahn dabei in beiden
Fahrtrichtungen eine abmarkierte Spur erhalten,
doch in der Planung blieb nur ein schmaler
Gehweg übrig, den sich Fußgänger, wartende
Fahrgäste und Radfahrer teilen sollten. Es folgten
verschiedene Variantenideen, die schließlich
zur oben geschilderten Lösung mit der
Haltestelle im rechten Fahrstreifen führten.
Auf der ursprünglich angedachten ÖPNV-Spur
befindet sich nun der Wartebereich für
die Fahrgäste, durch ein Gitter abgegrenzt
zum dahinter geführten Rad- und anschließendem
Gehweg. Damit sind Konflikte vorprogrammiert,
denn die Radfahrer unterliegen
nicht der Wartepflicht gegenüber dem Fahrgastwechsel.
Umsteiger von und zur S-Bahn
müssen jedoch den Radweg zwischen Haltestelle
und Bahnhofseingang kreuzen.
Besser gewesen wäre aus Fahrgastsicht
eine Radwegführung in Form eines überfahrbaren
Haltestellenkaps, wie sie sonst überall
in Berlin aktueller Standard beim Neubau von
Haltestellen sind. Damit unterliegen Radfahrer
zwar der Wartepflicht gegenüber Ein- und
Aussteigern, bleiben aber zugleich im Sichtfeld
der Autofahrer. Zudem kann so auf Gitterorgien
hinter dem Wartebereich verzichtet werden
und die Trennung zwischen Gehweg und Wartebereich
kann entfallen.
Es stellt sich auch die Frage, ob der Autoverkehr
wirklich zwei Fahrstreifen pro Richtung
benötigt, wenn in der nördlichen Treskowallee
sowieso durch parkende Fahrzeuge
nur eine Spur nutzbar ist. Die Einengung auf
einen Streifen sollte dann bereits vor der Verschwenkung
der Straßenbahn erfolgen und
der rechte Streifen als ÖPNV-Spur ausgewiesen
werden.
Spätestens mit Eröffnung der Tangentialen
Verbindung Ost (TVO) muss die Kapazitätsreduzierung
für den Autoverkehr in der Treskowallee
erfolgen, damit die gewünschte Verkehrsverlagerung
eintritt.
Fazit: Was lange währt, muss noch lange
nicht gut werden. Eine deutliche Verbesserung
gegenüber der bisherigen Situation wird
die neue Haltestelle mit deutlich kürzeren Umsteigewegen
aber in jedem Fall bringen.
Unter Beachtung von §1 der Straßenverkehrsordnung
„Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“
müssen sich Fahrgäste und Radfahrer stets arrangieren.
Der Senat macht es ihnen mit dieser
Radwegführung allerdings unnötig schwer. (ge)
IGEB Stadtverkehr
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