Im Einzelnen:
Wir begrüßen, dass der Senat den Nahverkehrsplan
jetzt vorgelegt hat, ohne den verspäteten
„Überbau“ durch den Stadtentwicklungsplan
Verkehr und Mobilität abzuwarten.
Wir erwarten aber, dass die Inhalte des NVP,
insbesondere des Bedarfsplans, nun auch in
den StEP übernommen werden.
Wir begrüßen, dass der NVP neben dem Zeithorizont
2023 auch einen Zeithorizont 2035 hat
und damit eine Grundlage für den Verkehrsvertrag
mit der BVG und die Vergaben der S-Bahn-Leistungen ist.
Wir begrüßen, dass der Nahverkehrsplan
nicht nur der Daseinsvorsorge verpflichtet ist,
sondern aus verkehrs- und umweltpolitischen
Gründen auch einen deutlich gesteigerten
Modal-Split-Anteil des ÖPNV in Berlin anstrebt.
Wir begrüßen, dass der Nahverkehrsplan
der intensiven öffentlichen Diskussion um die
Verlängerung von U-Bahn-Strecken eine realistische
Bewertung entgegensetzt, indem er
feststellt, „dass U-Bahn-Neubaustrecken in Anbetracht
des komplexen Planungs- und Umsetzungsprozesses
nur langfristig umsetzbar sind.
Entsprechend sind sie keine Lösung für die
kurzfristig zu bewältigenden Kapazitätsengpässe
auf einigen Achsen und in bestimmten
Stadtgebieten (bspw. im Spandauer Netz) bzw.
für die kurzfristige Erschließung von neuen
Entwicklungsgebieten.“
Dass dennoch „in der Laufzeit des Nahverkehrsplans
die technische Machbarkeit
für bestimmte U-Bahn-Erweiterungen
untersucht werden“ soll, ist im Sinne einer
gesamthaften Betrachtung langfristiger Entwicklungen
und Planungen nachvollziehbar.
Allerdings befürchtet der Berliner Fahrgastverband
IGEB, dass mit den Machbarkeitsstudien
zu viele der knappen Personalkapazitäten
bei Senatsverkehrsverwaltung und BVG
gebunden werden.
Außerdem ist nicht nachvollziehbar, nach
welchen Kriterien die fünf Strecken (U 6-Verlängerung
Nord, U 7-Verlängerung Süd, U 8-Verlängerung
Nord, U 9-Verlängerung Nord und
Süd) für Machbarkeitsstudien ausgewählt
wurden. So handelt es sich nur um Außenäste,
im Falle der U 7-Verlängerung sogar außerhalb
Berlins, obwohl die U-Bahn am ehesten zur Erschließung
dicht bebauter, intensiv genutzter
Innenstadtgebiete geeignet ist.
Wir begrüßen, dass der NVP die herausragenden
Möglichkeiten der Straßenbahn klar
benennt: „In Anbetracht der prognostizierten
Nachfrage einerseits und der schnelleren Realisierbarkeit
von Straßenbahnstrecken andererseits
können die Ziele des Nahverkehrsplans
mit diesem Verkehrssystem bestmöglich erreicht
werden.“ Vor diesem Hintergrund ist es
richtig, dass der Erweiterung des Straßenbahnnetzes
Priorität eingeräumt und auch ein „Temporäres
Spandauer Inselnetz“ zur Behebung
der dortigen gravierenden Kapazitätsengpässe
in Betracht gezogen wird.
Wir begrüßen, dass zur Verbesserung des
Angebotes und auch zur Gewinnung neuer
Fahrgäste auf allen Berliner ÖPNV- und S-Bahn-Linien ein Mindestangebot im 10-Minten-Takt
angestrebt wird.
Wir begrüßen, dass für Straßenbahnen und
Busse ein Vorrangnetz definiert wird. Es ist
allerdings nicht erkennbar, mit welchen Instrumenten
dieses angesichts der erheblichen
Widerstände bei der VLB und teilweise auch
innerhalb der SenUVK-Verwaltung wirksam
umgesetzt werden kann.
Beim Thema „S 21“ ist als 2. Bauabschnitt die
Verbindung vom Hauptbahnhof zum Potsdamer
Platz vorgesehen. Das halten wir für falsch.
Da der 3. Bauabschnitt vom Potsdamer Platz
zur Yorckstraße sehr viel schneller realisiert
werden kann und mit der Umsteigemöglichkeit
am Gleisdreieck einen eigenen Verkehrswert
hat, sollte dieser vor dem 2. Bauabschnitt
gebaut werden.
Es ist unverständlich und falsch, den äußerst
wichtigen Neubau eines S-Bahnhofs Perleberger
Brücke nur als „dringlich“ einzustufen, während
zum Beispiel der Neubau eines S-Bahnhofs
Borsigwalde als „vordringlich“ eingestuft wird.
Wir begrüßen, dass es eine gesamthafte
Umsetzungs- und Erfolgskontrolle geben
wird. Damit diese aber nicht zu so ernüchternden
Ergebnissen führt, wie bei den bisherigen
Nahverkehrsplänen, muss dringend
eine Umsetzungsstrategie erarbeitet werden,
damit ausreichend Personal und Geld für Planung,
Bau und Betrieb zur Verfügung stehen.
Die Ziele des NVP sind nur erreichbar, wenn
künftig auch mehr Fahrzeuge und Fahrpersonale
zur Verfügung stehen. Hier werden sich
die jahrelangen politischen Fehlentscheidungen
noch auf den gesamten Zeitraum bis zum
ersten NVP-Zieljahr 2023 auswirken. Fahrzeug- und Personalmangel bei Straßenbahn
und Bus können und müssen aber auch durch
konsequente Bevorrechtigung des ÖPNV vermindert
werden.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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