Nahverkehrsplan 2019-2023

IGEB-Stellungnahme zum NVP-Entwurf vom 31. Juli 2018

Der Berliner Fahrgastverband IGEB begrüßt den vorgelegten Entwurf in weiten Teilen. Wenn er im Wesentlichen so, wie jetzt vorgelegt, fertiggestellt und vor allem umgesetzt wird, ist dieser Nahverkehrsplan ein wichtiger Baustein für die in der Koalitionsvereinbarung 2016 angestrebte Verkehrswende.

Im Einzelnen:

Wir begrüßen, dass der Senat den Nahverkehrsplan jetzt vorgelegt hat, ohne den verspäteten „Überbau“ durch den Stadtentwicklungsplan Verkehr und Mobilität abzuwarten. Wir erwarten aber, dass die Inhalte des NVP, insbesondere des Bedarfsplans, nun auch in den StEP übernommen werden.

Wir begrüßen, dass der NVP neben dem Zeithorizont 2023 auch einen Zeithorizont 2035 hat und damit eine Grundlage für den Verkehrsvertrag mit der BVG und die Vergaben der S-Bahn-Leistungen ist.

Wir begrüßen, dass der Nahverkehrsplan nicht nur der Daseinsvorsorge verpflichtet ist, sondern aus verkehrs- und umweltpolitischen Gründen auch einen deutlich gesteigerten Modal-Split-Anteil des ÖPNV in Berlin anstrebt.

Wir begrüßen, dass der Nahverkehrsplan der intensiven öffentlichen Diskussion um die Verlängerung von U-Bahn-Strecken eine realistische Bewertung entgegensetzt, indem er feststellt, „dass U-Bahn-Neubaustrecken in Anbetracht des komplexen Planungs- und Umsetzungsprozesses nur langfristig umsetzbar sind. Entsprechend sind sie keine Lösung für die kurzfristig zu bewältigenden Kapazitätsengpässe auf einigen Achsen und in bestimmten Stadtgebieten (bspw. im Spandauer Netz) bzw. für die kurzfristige Erschließung von neuen Entwicklungsgebieten.“

Dass dennoch „in der Laufzeit des Nahverkehrsplans die technische Machbarkeit für bestimmte U-Bahn-Erweiterungen untersucht werden“ soll, ist im Sinne einer gesamthaften Betrachtung langfristiger Entwicklungen und Planungen nachvollziehbar. Allerdings befürchtet der Berliner Fahrgastverband IGEB, dass mit den Machbarkeitsstudien zu viele der knappen Personalkapazitäten bei Senatsverkehrsverwaltung und BVG gebunden werden.

Außerdem ist nicht nachvollziehbar, nach welchen Kriterien die fünf Strecken (U 6-Verlängerung Nord, U 7-Verlängerung Süd, U 8-Verlängerung Nord, U 9-Verlängerung Nord und Süd) für Machbarkeitsstudien ausgewählt wurden. So handelt es sich nur um Außenäste, im Falle der U 7-Verlängerung sogar außerhalb Berlins, obwohl die U-Bahn am ehesten zur Erschließung dicht bebauter, intensiv genutzter Innenstadtgebiete geeignet ist.

Wir begrüßen, dass der NVP die herausragenden Möglichkeiten der Straßenbahn klar benennt: „In Anbetracht der prognostizierten Nachfrage einerseits und der schnelleren Realisierbarkeit von Straßenbahnstrecken andererseits können die Ziele des Nahverkehrsplans mit diesem Verkehrssystem bestmöglich erreicht werden.“ Vor diesem Hintergrund ist es richtig, dass der Erweiterung des Straßenbahnnetzes Priorität eingeräumt und auch ein „Temporäres Spandauer Inselnetz“ zur Behebung der dortigen gravierenden Kapazitätsengpässe in Betracht gezogen wird.

Wir begrüßen, dass zur Verbesserung des Angebotes und auch zur Gewinnung neuer Fahrgäste auf allen Berliner ÖPNV- und S-Bahn-Linien ein Mindestangebot im 10-Minten-Takt angestrebt wird.

Wir begrüßen, dass für Straßenbahnen und Busse ein Vorrangnetz definiert wird. Es ist allerdings nicht erkennbar, mit welchen Instrumenten dieses angesichts der erheblichen Widerstände bei der VLB und teilweise auch innerhalb der SenUVK-Verwaltung wirksam umgesetzt werden kann.

Beim Thema „S 21“ ist als 2. Bauabschnitt die Verbindung vom Hauptbahnhof zum Potsdamer Platz vorgesehen. Das halten wir für falsch. Da der 3. Bauabschnitt vom Potsdamer Platz zur Yorckstraße sehr viel schneller realisiert werden kann und mit der Umsteigemöglichkeit am Gleisdreieck einen eigenen Verkehrswert hat, sollte dieser vor dem 2. Bauabschnitt gebaut werden.

Es ist unverständlich und falsch, den äußerst wichtigen Neubau eines S-Bahnhofs Perleberger Brücke nur als „dringlich“ einzustufen, während zum Beispiel der Neubau eines S-Bahnhofs Borsigwalde als „vordringlich“ eingestuft wird.

Wir begrüßen, dass es eine gesamthafte Umsetzungs- und Erfolgskontrolle geben wird. Damit diese aber nicht zu so ernüchternden Ergebnissen führt, wie bei den bisherigen Nahverkehrsplänen, muss dringend eine Umsetzungsstrategie erarbeitet werden, damit ausreichend Personal und Geld für Planung, Bau und Betrieb zur Verfügung stehen. Die Ziele des NVP sind nur erreichbar, wenn künftig auch mehr Fahrzeuge und Fahrpersonale zur Verfügung stehen. Hier werden sich die jahrelangen politischen Fehlentscheidungen noch auf den gesamten Zeitraum bis zum ersten NVP-Zieljahr 2023 auswirken. Fahrzeug- und Personalmangel bei Straßenbahn und Bus können und müssen aber auch durch konsequente Bevorrechtigung des ÖPNV vermindert werden.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 4/2018 (November 2018), Seite 13

 

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