Zumindest theoretisch. Praktisch hatte
das Dargestellte nichts mit der tatsächlichen
Position der Züge zu tun. Denn es
handelte sich keinesfalls um eine Echtzeitortung
der Fahrzeuge beispielsweise
per GPS – so wie es in Navigationssystemen
für Autos, Fußgänger oder Radfahrer
geschieht. Vielmehr wurde die ungefähre
Position der Züge aufwändig berechnet.
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Die VBB Semi-„Live-Karte“ suggeriert Zug-und Buspositionen auf einer Karte, die nichts mit der Realität zu tun hat. Die DB hat ihrer Version davon zum 1. Oktober 2018 den Stecker gezogen. Das sollte beim VBB schnellstmöglich nachgeholt werden. Grafik: Screenshot VBB.de |
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Und das funktionierte so: Auf Grundlage
des Fahrplans ist dem Programm bekannt,
wann ein Zug am Startbahnhof starten
und am Zielbahnhof ankommen sollte.
Das Programm nimmt jetzt eine gleichförmige
Bewegung des Zuges vom Startzum
Zielpunkt an. Start- und Zielpunkt
sind hierbei zwei aufeinanderfolgende
Stationen der Zugfahrt. Exakt zur planmäßigen
Abfahrtsminute setzt sich dann
das Zugsymbol auf der Karte in Bewegung
und bewegt sich unbeirrt gleichförmig auf
die nächste Station zu, die es zweifellos
sekundengenau nach Fahrplan erreichen
wird.
Aber wie kommen jetzt die Echtzeitdaten
da rein? Hier werden die Prognosedaten
aus den Betriebsleitsystemen zuhilfe
genommen. Diese berechnen aufgrund
der Echtzeitdaten des Zuges eine Prognose,
um wie viele ganze Minuten sich ein
Zug verspäten wird. Dieser ganzzahlige
Minutenwert wird beim „Zugradar“ einfach
auf die Planzeiten draufgerechnet.
Passiert dies, während der Zug unterwegs
ist, kann man auf den Karten unter
Umständen beobachten, dass der Zug
plötzlich springt, also seine Position komplett
verändert, als ob er sich in seiner
Position zurückbeamen könnte. Je mehr
sich bei der DB im Betriebszustand unplanmäßig
veränderte, desto kurioser und
willkürlicher zeigten sich die angeblichen
Zugpositionen in der App.
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Screenshot aus der Android-App „DB Zugradar”. Die Angaben in der Karte hatten oft nichts mit der Realität zu tun. Grafik: Aus Google-Play-Store |
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Nach Jahren hat die DB nun offensichtlich
erkannt, dass dies ihren eigenen Qualitätsansprüchen
bei der Fahrgastinformation
nicht gerecht wird. Das ist verständlich
und die Entscheidung daher längst
überfällig. Denn die technische Spielerei
hatte nichts mit tatsächlicher Fahrgastinformation
zu tun. Besonders auch im
Zusammenhang mit dem irreführenden
Namen „Zugradar“ suggerierte diese
Nebelkerze der Marketingabteilung eine
Funktionalität, die nie geben war und mit
der verwendeten Technik auch gar nicht
möglich gewesen wäre.
Hoffentlich lernen andere davon! Denn
es gibt noch viele andere, die diese Technik
weiterhin verwenden, mit genauso irreführenden
Namen. Ganz vorn mit dabei:
der VBB. Seine „Live-Karte“ ist das exakt
identische Produkt wie der DB-Zugradar.
Auch hier, bei der sogenannten VBB-Fake-Live-Karte,
sollte schnellstmöglich der
Stecker gezogen werden!
Und auch all die anderen Unternehmen
sollten sich in diesem Punkt mal ein Beispiel
an der Ehrlichkeit der DB nehmen
und es ihr gleichtun. Nichtsdestotrotz
wäre eine Kartendarstellung der tatsächlichen
Zugpositionen durchaus hilfreich
und sinnvoll – dann aber bitte mit den
echten, tatsächlichen GPS-Daten! Denn
wenn eine Position auf einer Karte dargestellt
wird, sollte sie auch stimmen!
Berliner Fahrgastverband IGEB
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