Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin wollte mit ihren
zwei Kindern und einem Hund mit dem Zug
von Singen nach Hamburg fahren. Für diese
Fahrt hatte sie Sparpreisfahrkarten für die
1. Klasse für sich und ihre Kinder sowie den
Hund erworben, wobei für die Kinder trotz
Eintragung in der Fahrkarte kein Beförderungsentgelt
gezahlt werden musste. Bei
der Fahrkarte für den Hund handelte es sich
um eine Fahrkarte zum Ermäßigungstarif für
Kinder. Reservierungen für den ICE buchte
die Beschwerdeführerin separat hinzu.
Nach ihren ursprünglichen Reiseplänen
wollten die Reisenden um 10.06 Uhr von
Singen abfahren und nach einem Umstieg
in Offenburg um 17.41 Uhr in Hamburg ankommen.
Aufgrund der Sperrung der Rheintalstrecke
kam es jedoch zu Einschränkungen
im Zugverkehr. Der Beschwerdeführerin
sei am Bahnhof Singen am Vortag der Reise
empfohlen worden, die Zugfahrt von Singen
vorzeitig anzutreten, um den geplanten
ICE in Rastatt erreichen und die reservierten
Sitzplätze nutzen zu können.
Aufgrund dieser Empfehlung traten die
Reisenden die Fahrt bereits eine Stunde früher
als geplant mit einem Regionalzug an,
der nicht über eine 1. Klasse verfügte. Einen
Nachweis über das Fehlen der 1. Wagenklasse
legte die Beschwerdeführerin vor. Mit diesem
Regionalzug fuhren die Reisenden bis nach
Baden-Baden und nutzten von dort einen
Schienenersatzverkehr (SEV) mit Bussen
bis nach Rastatt. Der SEV verfügte ebenfalls
nicht über eine 1. Klasse. Den reservierten
ICE konnten die Reisenden erst ab Rastatt
und nicht, wie ursprünglich vorgesehen, ab
Offenburg nutzen. Hamburg erreichten sie
um 17.57 Uhr und damit 16 Minuten später
als ursprünglich geplant.
Nach der Fahrt wandte sich die Beschwerdeführerin
an das Servicecenter Fahrgastrechte
(SFR) und machte eine Erstattung der
Klassendifferenz und eine Entschädigung
wegen der Fahrzeitverlängerung geltend.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Das SFR stellte eine Verspätung von 16 Minuten
fest und zahlte einen Betrag in Höhe
von 31,80 Euro. Der Zahlbetrag setzt sich
aus einer „Klassendifferenz“ in Höhe von 20
Euro und der Erstattung des Reservierungsentgeltes
für den ICE in Höhe von 11,80 Euro
zusammen. Die Zahlung einer Verspätungsentschädigung
wurde abgelehnt, da die Verspätung
am Zielort weniger als 60 Minuten
betragen hat.
Damit war die Beschwerdeführerin nicht
einverstanden und wandte sich an die
Schlichtungsstelle (söp).
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen der Beschwerdeführerin
und kam zu dem Ergebnis, dass
die Beschwerdeführerin nicht ausreichend
entschädigt wurde.
Zwar steht ihr kein Anspruch auf Verspätungsentschädigung
zu, da ausgehend von
Art. 17 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 1371/2007
(VO) dieser Anspruch erst dann gegeben
ist, wenn der Fahrgast eine Verspätung von
mindestens 60 Minuten zwischen dem Abfahrts-
und dem Zielbahnhof erleidet. Dies
war hier nicht der Fall, da die Reisenden ihren
Zielbahnhof um 17.57 Uhr statt um 17.41
Uhr und damit mit einer nicht entschädigungsrelevanten
Verspätung von 16 Minuten
erreichten.
Die söp wies in diesem Zusammenhang
ergänzend darauf hin, dass die VO Entschädigungsansprüche
wegen verfrühter
Abfahrt bzw. wegen einer Fahrzeitverlängerung
nach ihrem Wortlaut nicht vorsieht.
Allerdings kam die söp zu dem Ergebnis,
dass der Beschwerdeführerin eine weitere
Entschädigung aufgrund der nicht zur Verfügung
gestellten 1. Klasse auf der Strecke
von Offenburg nach Rastatt zusteht. Nach
den Beförderungsbedingungen des befördernden
Verkehrsunternehmens erhalten
Inhaber einer Fahrkarte zum Sparpreis für
die 1. Wagenklasse gegen Nachweis einmalig
einen Betrag in Höhe von jeweils 20 Euro
für alle in der Fahrkarte eingetragenen Personen,
wenn u. a. ICE-Züge, die planmäßig
die 1. Wagenklasse führen, nur mit Wagen
der 2. Wagenklasse bereitgestellt werden.
Die in der Fahrkarte eingetragenen eigenen
Kinder/Enkelkinder, die unentgeltlich befördert
werden, sind von dieser Regelung
ausgenommen. Das SFR zahlte dementsprechend
den Betrag von 20 Euro für einen
Erwachsenen.
Allerdings hatte das SFR die für den Hund
gekaufte Kinderfahrkarte unberücksichtigt
gelassen. Zwar wurde die Fahrkarte für einen
Hund ausgestellt. Seine Beförderung
erfolgte aber nicht unentgeltlich, so dass für
diese „Kinderfahrkarte“ ebenfalls eine Entschädigung
in Höhe von 20 Euro zu zahlen
war.
Vor diesem Hintergrund schlug die söp
die Zahlung eines Betrages in Höhe von weiteren
20 Euro vor. Die Beschwerdegegnerin
stimmte der Zahlung zu und teilte mit, dass
auch nach deren Verständnis der einschlägigen
Beförderungsbedingungen ein Anspruch
auf Erstattung der Klassendifferenz
besteht. Damit zeigte sich die Beschwerdeführerin
einverstanden, so dass die Angelegenheit
einvernehmlich beigelegt werden
konnte. (Dr. Katja Schmidt)
Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Baden
Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg,
Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt
und Thüringen können sich an die söp
wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin
von dem an der Schlichtung teilnehmenden
Verkehrsunternehmen der Region keine sie
zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V
|