Die Länder, DB Netz und der VBB haben
daher das Projekt i2030 aus der Taufe
gehoben, um in Infrastrukturfragen des
Schienengebundenen Personennahverkehrs
(SPNV) zusammenzuarbeiten. Primärziel
ist dabei die Koordinierung und
Finanzierung von Planungsleistungen bis
hin zur Genehmigung, was angesichts des
zunehmenden Aufwandes bisweilen ausufern
kann. Zwei Jahre von der Idee bis
zur Inbetriebnahme einer Eisenbahn wie
Anno 1838 reichen heutzutage nicht mal
mehr ansatzweise.
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Zahlreiche Verkehrsbeziehungen zwischen Berlin und dem nahen Umland wurden in den Voruntersuchungen betrachtet. Acht davon wurden für i2030 auserwählt. Quelle: VBB GmbH |
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Die DB Netz AG führt die Planungsleistungen
durch, während die Länder die Wege auf
politischer Ebene bereiten und hauptsächlich
die Projektgelder zur Verfügung stellen.
2018 waren das etwa sechs Millionen Euro,
die Zukunft kann noch nicht beziffert werden.
Der Verkehrsverbund Berlin Brandenburg
koordiniert und vermittelt zwischen
den Beteiligten.
Die vier bilden auf Entscheidungsebene
einen Lenkungskreis, in dem sich mindestens
zweimal jährlich die Berliner Senatorin
für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz Regine
Günther, die Brandenburger Ministerin
für Infrastruktur und Landesplanung Kathrin
Schneider, die VBB-Geschäftsführerin Susanne
Henkel und der Vorstand für Netzplanung
und Großprojekte der DB Netz AG Dirk
Rompf zu Grundsatzthemen treffen.
Die Koordinierung und Steuerung von
i2030 übernimmt eine Projektarbeitsgruppe,
in der Abteilungsleiter der Berliner Senatsverwaltungen
sowie der Brandenburger Ministerien
und Projektleiter von DB Netz, DB
Station&Service, DB Energie sowie des VBB
das operative Geschäft leiten. Die eigentliche
Arbeit übernehmen auf Projektebene
zehn Teilprojektgruppen.
Der Konzernbevollmächtigte der Deutschen
Bahn für Berlin, Alexander Kaczmarek,
hat bei Bedarf dann auch noch seine
Finger mit im Spiel – und ist ein engagierter
Verfechter dieses Projektes, zu erleben
u. a. bei seinem Vortrag auf den Deutschen
Schienenverkehrs-Wochen 2018 (siehe
www.igeb.org/SVW-Vortraege).
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i2030 auf einen Blick. Durch enge Zusammenarbeit der Länder Berlin und Brandenburg, DB Netz und VBB soll es gelingen, diese acht i2030-Teilprojekte bis zur Baureife zu entwickeln und umzusetzen. Der gesteckte Horizont bis 2030 mag lang erscheinen, ist aber angesichts des Gesamtvolumens und heute üblicher Verfahrensdauer leider realistisch, teilweise sogar sehr ambitioniert. Andererseits müssen einige der Teilprojekte besonderer Umstände wegen deutlich vor 2030 realisiert werden. Mehr zu den einzelnen Teilprojekten erfahren Sie auf den folgenden Seiten und im SIGNAL 1/2019. Grafik: VBB GmbH |
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Bevor es mit i2030 richtig los ging, wurden
schon mehrere Studien und Voruntersuchungen
zu neun Regional-Korridoren und
achtzehn Stadt-Umland-Verkehrskorridoren
durchgeführt. Dabei wurden verschiedene
Datenquellen ausgewertet, um zunächst
je ein Verkehrsmodell daraus zu erstellen.
Unter anderem wurden betrachtet: die
Bevölkerungsprognosen der Länder Berlin
und Brandenburg, die Schul- und Gewerbestandorte
sowie Einkaufts- und Tourismusziele,
aber auch die Pendler- und Nachfragedaten
und natürlich das bestehende SPNV/ÖPNV-Angebot.
Auf diesen Verkehrsmodellen basierend
berechnete man die Verkehrsmodelle für die
Zukunft im Jahre 2030 unter der Bedingung
eines gleichbleibenden SPNV-Angebotes –
den sogenannten Nullfall. Berücksichtigt
wurden dabei aber schon Änderungen an
der Infrastruktur, die bereits fest geplant
oder in der Umsetzung sind, und auch strukturelle
sowie demografische Entwicklungen
in der Region.
Im nächsten Schritt wurden auf den jeweiligen
Nullfall aufbauend weitere Entwicklungsszenarien
untersucht, wie sich das
Verkehrsverhalten verändern würde, wenn
man strecken- bzw. linienbezogen Veränderungen
an der Infrastruktur und/oder am
Verkehrsangebot vornehmen würde. Da es
für jede Stadt-Umland-Beziehung nicht nur
jeweils eine Entwicklungsidee gab, musste
entsprechend viel gerechnet werden. So
entstanden über 71 Varianten sogenannter
Mitfälle. Diese betrachtete man auf die veränderte
Nachfragewirkung hin gegenüber
den Nullfällen, schätzte die Kosten für
Infrastruktur und Betrieb, verglich die Nachfrageund
Kostenänderungen.
Aus den vielen Handlungsfeldern hat sich
der Lenkungskreis im März 2018 auf acht
Teilprojekte geeinigt, die man mit Nachdruck
vorantreiben möchte (siehe Karte
unten). Das soll natürlich nicht heißen, dass
alle anderen Infrastrukturmaßnahmen auf
Eis gelegt werden!
Die ausgewählten Projekte haben es
in sich. Sie bergen Problemfelder, die oft
medienwirksam diskutiert worden sind,
viele Fahrgäste betreffen und zum Teil
politischen Sprengstoff bergen. Diese
Teilprojekte sind nach Himmelsrichtungen
orientiert:
- TP West: die Strecke Berlin-Spandau—
Nauen
- TP Nord-West: der Prignitz-Express und
die S-Bahn nach Velten
- TP Nord: die Heidekrautbahn und Abschnitte
der Nordbahn
- TP Süd-Ost: die Strecke Lübbenau—Cottbus
und der Bahnhof Königs Wusterhausen
- TP Süd: die Strecke Blankenfelde—Rangsdorf
- TP Süd-West: die Potsdamer Stammbahn
und das Siedlungsgebiet Teltow/Kleinmachnow/Stahnsdorf
- TP Ost-West: der RE 1 Magdeburg—Berlin—Eisenhüttenstadt
- TP S-Bahn: Engpassbeseitigung und Weiterentwicklung
im S-Bahn-Netz
Hinzu kommen noch zwei Teilprojekte, die
sich mit der Bedarfsanalyse sowie mit der
Investitionsstrategie und Finanzierung beschäftigen.
Die zentrale Aufgabe ist, die einzelnen
Projektplanungen so schnell wie möglich
zur Baureife zu entwickeln – allen Widerständen
zum Trotz. Ob dann ein Spatenstich
erfolgt und letztdie Infrastrukturmaßnahme
abgeschlossen werden
kann, steht noch auf einem ganz anderen
Blatt. Denn wenn es an die Umsetzung
geht, geht es richtig ins Geld. Und damit
kommt der Bund ins Spiel. Schließlich ist
er für die Finanzierung der Eisenbahninfrastruktur
verantwortlich. Ob dieser jedoch
wie gewünscht mitspielen wird, ist zwar
noch fraglich, aber zumindest verhandelbar.
Aber erfahrungsgemäß gibt es immer
wieder Zeiten, in denen aus verkehrspolitischen,
umweltpolitischen oder wirtschaftspolitischen
Gründen oder wegen nahender
Wahlen Geld kurzfristig zur Verfügung gestellt
wird. Und wer dann umsetzungsreife
Projekte in der Schublade hat, kann Vorhaben
realisieren, die zuvor bei jeder Haushaltsaufstellung
chancenlos waren.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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