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Sachverhalt
Der Beschwerdeführer fuhr im Mai 2017 mit
einem Bus eines Fernbusunternehmens
von Kopenhagen nach Hamburg. Auf dieser
Fahrt nahm er ein Fahrrad mit und erwarb
für diese Fahrt eine Fahrkarte zuzüglich
Fahrradmitnahme.
Der Beschwerdeführer schildert, dass
sein Fahrrad vom Busfahrer unsachgemäß
im Kofferraum verstaut worden sei. Einen
Gepäckträger für Fahrräder habe es nicht
gegeben. Der Transport des Fahrrades sei
nur im Gepäckraum des Busses möglich
gewesen, wobei es Sicherungsmaterialien
für das Fahrrad (z. B. Gurte) nicht gegeben
habe. Bei der Ankunft in Hamburg habe
der Beschwerdeführer zahlreiche Schäden
am Fahrrad festgestellt: Rückleuchte defekt,
hinteres Schaltwerk verbogen, Kratzer an
der Gabel, Sattel aufgerissen, Schutzblech
verbogen.
Der Beschwerdeführer meldete sich beim
Busunternehmen, schilderte den Sachverhalt
und forderte eine Entschädigung in
Höhe von 150 Euro, um die „Schäden am
Fahrrad bestmöglich beseitigen zu können“.
Darüber hinaus übersandte er Fotos vom beschädigten
Fahrrad sowie vom Fahrrad im
Gepäckraum des Busses.
Antwort der Beschwerdegegnerin
Das Busunternehmen lehnte die Zahlung einer
Entschädigung ab, da keine überzeugenden
Dokumente vorliegen würden, um den
Schaden besser einordnen zu können. Mit
dieser Antwort war der Beschwerdeführer
nicht einverstanden. Der Schlichtungsstelle
(söp) legte er einen Kostenvoranschlag für
eine Reparatur durch eine Reparaturwerkstatt
über 539 Euro sowie eine Rechnung
über den Kauf des Fahrrades (gekauft am
8. September 2010, Preis: 1195 Euro) vor. Er
bat um Durchführung eines Schlichtungsverfahrens.
Schlichtungsarbeit
Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers
und kam zu dem Ergebnis, dass
ein Schadensersatzanspruch nicht ausgeschlossen
ist. Zwar trägt der Beschwerdeführer
die Beweislast dafür, dass der Schaden
am Fahrrad durch den Transport entstanden
ist und nicht schon vorher vorgelegen hat.
Allerdings hat das Busunternehmen nicht
bestritten, dass die Schäden am Fahrrad
durch den Transport entstanden sind.
Ausgehend von den Beförderungsbedingungen
des Busunternehmens (AGB)
werden Fahrräder entweder auf dem Fahrradträger
oder in dafür geeigneten Taschen
im Kofferraum befördert. Eine für den Kofferraum
geeignete Fahrradtasche hatte der
Beschwerdeführer offenbar nicht. Vielmehr
ging er davon aus, dass sein Fahrrad auf einem
Fahrradträger befördert wird. Warum
letztlich kein Fahrradträger vorhanden war,
ist nicht bekannt. Zwar entscheidet nach § 11
Abs. 5 Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen
für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr
mit Kraftfahrzeugen (BefBedV) das
Betriebspersonal, an welcher Stelle „Sachen“
unterzubringen sind. Gleichwohl trifft das
Buspersonal eine Sorgfaltspflicht dahingehend,
die Sachen so zu verstauen, dass sie
nicht beschädigt werden.
Da der Beschwerdeführer mitteilt, dass
das Fahrrad im Kofferraum untergebracht
wurde, ohne dass es entsprechende Sicherungsgurte
gegeben hätte, bestehen Bedenken,
ob der Busfahrer dieser Sorgfaltspflicht
in ausreichendem Maße genügt hat.
Darüber hinaus wird nach den AGB des Busunternehmens
in Fällen der leichten Fahrlässigkeit
nur gehaftet, sofern wesentliche
Vertragspflichten verletzt wurden. Da auch
die Beförderung des Fahrrades geschuldet
war, dürfte jedenfalls erwartet werden, dass
fremdes Eigentum so verstaut wird, dass keine
Beschädigungen entstehen. Eine Haftung
wegen der Fahrradbeschädigung kommt
daher nach §§ 280, 241 Abs. 2 BGB in Betracht,
wenn das Busunternehmen oder seine
Erfüllungsgehilfen eine Pflicht aus dem
Beförderungsvertrag verletzt und sie diese
Pflichtverletzung auch zu vertreten haben.
Dies könnte vorliegend gegeben sein, da
das Fahrrad offenbar nicht ordnungsgemäß
verstaut worden ist. Das Verschulden des
Busunternehmens wird vermutet, wobei unklar
ist, ob sich dieses ggf. entlasten könnte.
Nach § 249 Abs. 1 BGB ist der Geschädigte
so zu stellen, wie er stünde, wenn ordnungsgemäß
erfüllt worden wäre. Ist wegen der
Beschädigung einer Sache Schadensersatz
zu leisten, kann der Geschädigte auch in
Geld entschädigt werden (§ 249 Abs. 2 BGB).
Maßgeblich ist, wie hoch der Zeitwert des
Fahrrades zum Zeitpunkt der Beschädigung
war. Der Wertverlust beträgt im ersten Jahr
25 Prozent und danach pro Jahr ca. 10 bis 15
Prozent (http://www.movesto.de/wie-vielist-mein-gebrauchtes-fahrrad-wert).
Da das
Fahrrad des Beschwerdeführers ca. 7 Jahre
alt war, verbleibt noch ein Zeitwert von 26,2
Prozent, mithin 313,09 Euro. Der Wiederbeschaffungswert
einer wirtschaftlich gleichwertigen
Sache liegt in der Regel etwa 20 bis
25 Prozent über dem Zeitwert, vorliegend
bei ca. 391,36 Euro. Angesichts des Kostenvoranschlages
dürfte es sich hier jedoch um
einen sogenannten „wirtschaftlichen Totalschaden“
handeln, da die Reparaturkosten
den Wiederbeschaffungswert des Fahrrades
deutlich übersteigen. Selbst wenn man –
wie bei Kfz üblich – einen Integritätszuschlag
von 30 Prozent berücksichtigen wollte,
beliefe sich der Wiederbeschaffungswert
auf einen Betrag von 508,76 Euro und läge
damit immer noch unter den veranschlagten
Reparaturkosten in Höhe von 539 Euro.
Der Beschwerdeführer kann daher lediglich
den Wiederbeschaffungswert in Höhe von
391,36 Euro ersetzt verlangen.
Die söp schlug in Anbetracht dessen eine
Zahlung i.H.v. 391,36 Euro vor. Das Busunternehmen
bot eine Vergleichszahlung i.H.v.
250 Euro an, die der Beschwerdeführer annahm.
Die Angelegenheit konnte damit einvernehmlich
beigelegt werden.
(Dr. Katja Schmidt)
Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie von
deren Kunden noch so gut geplant und
organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen
kommen, die Anlass zur Beschwerde
geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende
Antwort bekommt, kann sich
an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten
Geld, Zeit und Ärger. Derzeit beteiligen sich
rund 370 Verkehrsunternehmen am Schlichtungsverfahren
der söp.
SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in
jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls
einen Einblick in die praktische Arbeit der söp
bekommen.
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
www.soep-online.de
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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