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Grafik: IGEB |
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Gute Fahrgastinformation ist kurz, präzise
und leicht verständlich. Je mehr dieser Eigenschaften
fehlen, umso schlechter wird
die Information. Eigentlich logisch wie einleuchtend,
doch in der Praxis schleicht sich
gern die eine verschwurbelte Formulierung
oder die andere Sprachfloskel ein.
Das mag in Briefen oder umfangreichen
Broschüren noch als höflich gelten. Ein
„Sehr geehrte Fahrgäste“ kann sehr gut eine
E-Mail einleiten. Auf dem Bahnsteig hat das
dann allerdings gar nichts zu suchen! Gefürchtet
sind diese Anreden besonders auf
Zugzielanzeigern. Bei der Berliner S-Bahn
zum Beispiel begannen Lauftexte im Zugzielanzeiger
gern so. Dabei läuft der Text
in der Geschwindigkeit trocknender Wandfarbe
durch, sodass nach „Sehr geehrte
Fahrgäste“ bereits zwei Züge abgefahren
waren.
Aber auch Aushänge sind nicht davor
gefeit. „Ist der Zug erst weg, hat der Kunde
ja Zeit, das komplette lyrische Werk zu
studieren“, wird sich da so mancher Baumeldungszettelschreiber
gedacht haben. Doch
Überraschung! Dazu hat er gar keine Lust!
„Achtung! Dieses Wochenende Ersatzverkehr
mit Bussen auf der Linie 1 zwischen Bad
Sonstwo und Dingenskirchen.”
Dieser Satz enthält alles Wichtige, ist
schnell und leicht zu erfassen. Jetzt noch
eine klare Streckengrafik dazu und die Information
ist perfekt. Leider bekommt der
Kunde solche klaren Aussagen nur selten zu
lesen. Stattdessen:
„Sehr geehrte Fahrgäste, wir bauen für
Sie! Damit der Zugverkehr auf der Linie 1
in Zukunft noch zuverlässiger abläuft, sind
unsere Bauarbeiterinnen und Bauarbeiter
vom 29.2.2020, 22:00 Uhr bis zum 32.2.2020,
01:30 Uhr zur Verbesserung der Strecke
unterwegs. Daher sind im oben genannten
Zeitraum die Züge der Linie 1 nur zwischen
den Bahnhöfen Endstation1 und Bad
Sonstwo sowie zwischen Dingenskirchen
und Endstation2 unterwegs. Zwischen Bad
Sonstwo und Dingenskirchen steht Ihnen
ein besonderer Service mit unseren Bussen
zur Verfügung. Bitte informieren Sie sich vor
Fahrtantritt über die Reiseauskunftsmedien
und beachten Sie die Aushänge! Achten Sie
bitte auch auf örtliche Lautsprecheransagen
auf dem Bahnsteig oder in den Zügen! Vielen
Dank für Ihr Verständnis!“
Der Verfasser hat sich redlich Mühe gegeben,
die wichtigen Informationen inmitten
von haufenweise Füllwörtern und -Sätzen
zu verstecken. So geballt sind die Unzulänglichkeiten
zwar selten anzutreffen, doch Teile
daraus tauchen ständig in Baumeldungen
im Internet, in Apps, auf Anzeigern oder Aushängen
auf. Dabei haben die meisten Sätze
exakt Null Informationsgehalt.
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Statt die veränderten Echtzeit-Abfahrten anzuzeigen war es einem BVG-Mitarbeiter wichtiger, mitzuteilen, dass der Fahrplan nicht mehr stimmt. Der Hinweistext überdeckt damit die Live-Abfahrtszeiten und an der Haltestelle gibt es damit nun gar keine korrekten Abfahrt-Infos mehr. Foto: IGEB |
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Großes Schild, fast keine Info. Hier erfährt man nur, dass einen ganzen Monat lang „irgendetwas ist“. Eine Information stellt nur der gelbe Zeitraum ganz oben dar; die restlichen 95% des Schildes hingegen sind nur inhaltsleeres Blabla. Foto: IGEB |
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Nicht nur Geschriebenes, sondern auch
Ansageanlagen wurden in den letzten Jahren
zu regelrechten Phrasendreschmaschinen
entwickelt. Zum Beispiel im Zug. Sagte
früher der Zugbegleiter die nächste Station
teilweise mit Umsteigebeziehungen an, so
sollte das die Weiterentwicklung auch können.
Übereifriger Automatisierungswille
und der Drang zur Verallgemeinerung haben
daraus dann das gemacht:
„Nächte Station: Berlin Hauptbahnhof. Sie
haben Anschlüsse an Züge des Nah- und
Fernverkehrs.“
- „Ach was!“ wird sich da jetzt der geneigte
Hörende denken. „Ich habe am Berliner
Hauptbahnhof also Anschlüsse an Züge des
Nahverkehrs? Und sogar an Züge des Fernverkehrs...
nicht schlecht! Da hab ich am
Berliner Hauptbahnhof ja so gar nicht mit
gerechnet! Gut, dass mir das jetzt noch
gesagt wurde, sonst wäre ich ja gar nicht
auf die Idee gekommen, dass am Berliner
Hauptbahnhof nicht nur mein Zug hält, sondern
auch andere!“
Schön auch, wenn einem vor dem Aussteigen
noch dieser gut gemeinte Ratschlag
mit auf dem Weg gegeben wird:
„Bitte achten Sie auch auf die örtlichen
Lautsprecheransagen auf dem Bahnsteig!“
Dieser Nullinfo-Satz krankt gleich an zwei
Logikfehlern. Fehler 1: Würde der Kunde
sonst die Ansagen auf dem Bahnsteig gar
nicht hören oder gar absichtlich ignorieren?
Und Fehler 2: Wenn der Kunde erst darauf
aufmerksam gemacht werden müsste,
bevor dieser bei Lautsprecheransagen
zuhört, dürfte er doch logischerweise die
jetzige Ansage gar nicht beachten, in der
er auf eine mögliche andere Ansage hingewiesen
wird?
Wir alle kennen die sicherlich sinnvolle
Warnansage: „Bitte betreten Sie den
gekennzeichneten Bereich erst nach Halt
des Zuges!“ Doch was macht man als Ansagenprogrammierer,
wenn der Gefahrenbereich
an der Bahnsteigkante noch gar
nicht gekennzeichnet wurde? Seit einiger
Zeit gibt es in Berlin-Gesundbrunnen diese
Ansage: „Sehr geehrte Fahrgäste, bitte
bleiben Sie bis zum Halt des Zuges im Aufenthaltsbereich
des Bahnsteiges!“ Nur ist
dieser ominöse, nicht näher beschriebene
„Aufenthaltsbereich“ weder markiert noch
klar abgegrenzt. Auch nicht ausgeschildert.
Es gibt ihn schlichtweg nicht. Wahrscheinlich
möchte man einfach nur sagen:
„Bitte gehen Sie nicht zu dicht an die Bahnsteigkante!“
Doch aus dieser wichtigen
Warnung ist mit dem mysteriösen „Aufenthaltsbereich“
leider eine Nullinformation
geworden.
Als jüngst bei der Berliner S-Bahn das
Türöffnungskonzept von „Kunde-muss-
Knopf-drücken“ auf „Fahrer-öffnen-zentral“
umgestellt wurde, hielten das manche
im Unternehmen offensichtlich für kreuzgefährlich.
Zuerst musste ein Ansagetext
her. „Achtung, Türen öffnen!“ böte sich
da an. Jetzt stellte sich aber heraus, dass
die Fahrzeugtechnik nicht in jedem Fall so
funktioniert, wie der Fahrer es will. Heißt:
Manchmal funktioniert zentral Öffnen einfach
nicht. Und so entstand folgender Ansagetext:
„Sicherheitshinweis: Türen können
automatisch öffnen.“ Haben Sie Bekannte
mit kleinen Kindern? Dann kennen Sie die
Berichte, dass das Kind jetzt krabbeln kann,
laufen kann, aufs Töpfchen gehen kann...
KANN, wohlgemerkt. Wie stolz muss wohl
der Erfinder dieser S-Bahn-Türen sein, dass
er nach ausnahmslos jeder Stationsansage
laut verkünden lässt, was sein Kind, die
Tür, denn so für eine tolle Fähigkeit hat?
Bestimmt stolz wie Bolle! Wenn das Schule
macht, kommen bald noch die Fähigkeiten
der Beleuchtungsanlage und weiterer Einrichtungsgegenstände
dazu. Nein, ernsthaft,
das ist in der Fülle nicht nur nervig, es
stellt auch in der Form, die simple Möglichkeit
einer Türöffnung anzukündigen, eine
eindeutige Null-Information dar. Wenn sie
sich nicht öffnen könnte, wäre es keine Tür,
sondern eine Wand.
Beispiele ließen sich unendlich fortsetzen.
Doch so lustig das alles aufbereitet wirken
mag, so kontraproduktiv ist die Nullinformation
für den Fahrgast. Sie verwirrt, bläht
auf und stumpft ab. Wer mit Nullinformationen
bombardiert wird, hört und sieht
irgendwann nicht mehr hin, wenn es doch
mal etwas Wichtiges zu sagen gibt. Daher
machen Sie mit, liebe Informationsgebenden
der Verkehrsbranche, beim Kampf gegen
den feindlichen Agenten Null Null Info!
Es ist ganz einfach: Wenn Sie Texte erstellen,
die dem Kunden vor Ort weiterhelfen
sollen, dann schauen Sie genau hin! Was ist
Information, und was ist es nicht? Letzteres
einfach weglassen! (hm) Berliner Fahrgastverband IGEB
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