söpsöp

Fahrkarte vergessen

Sachverhalt

Der Reisende wollte am 9. September 2019 mit dem Zug von Leipzig nach Berlin fahren. Für diese Fahrt hatte er bei einem Eisenbahnverkehrsunternehmen eine auf seinen Namen lautende Fernverkehrs-Fahrkarte zum Preis von 29,90 Euro erworben.

Der Reisende hatte das ausgedruckte Ticket vergessen, was ihm erst im Zug auffiel. Im Rahmen der Fahrkartenkontrolle habe er den Zugbegleiter über diesen Umstand informiert. Der Zugbegleiter verkaufte dem Reisenden daraufhin eine neue Fahrkarte zum Preis von 56,50 Euro und habe zugleich mitgeteilt, dass er sich nach der Fahrt in jedem Reisezentrum melden könne. Dann würde ihm der Kaufpreis für das im Zug erworbene Ticket nach Abzug einer Bearbeitungsgebühr von 7,00 Euro erstattet werden.

Der Reisende habe sich insoweit nach der Fahrt zum Reisezentrum im Leipziger Hauptbahnhof begeben. Dort sei ihm jedoch erklärt worden, dass man nichts für ihn tun könne. Der Beschwerdeführer reklamierte den Fall sodann schriftlich.

Antwort des Verkehrsunternehmens

Das Eisenbahnverkehrsunternehmen teilte mit, dass eine tarifliche Erstattung der nachgekauften Fahrkarte ausgeschlossen sei. Grundsätzlich hätten Reisende bei vergessener Fahrkarte zwei Möglichkeiten: Sie könnten sich eine Fahrpreisnacherhebung ausstellen lassen oder eine neue Fahrkarte zum Bordpreis erwerben. Die Fahrpreisnacherhebung könne nachträglich auf einen Betrag von 7,00 Euro reduziert werden, wenn eine gültige Fahrkarte vorgezeigt werden kann. Wird jedoch eine Fahrkarte zum Bordpreis erworben, bestehe keine Möglichkeit der nachträglichen Erstattung.

In der Folge rief der Reisende die söp wegen der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens an.

Schlichtungsarbeit

Die söp prüfte das Anliegen des Reisenden und kam zu dem Ergebnis, dass rechtliche Gesichtspunkte für ein Entgegenkommen sprechen.

Zugunsten des Reisenden wurde berücksichtigt, dass er bereits im Vorfeld eine gültige Fahrkarte erworben hatte und dies dem Zugbegleiter im Rahmen der Fahrkartenkontrolle mitgeteilt habe. Gleichwohl sei ihm der Kauf einer neuen Fahrkarte empfohlen worden, obwohl es in dieser Fallkonstellation gegebenenfalls besser gewesen wäre, im Zug eine Fahrpreisnacherhebung zu akzeptieren. Diese ermäßigt sich nämlich im Falle des § 5 Abs. 3 Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) auf 7,00 Euro, wenn der Reisende innerhalb von einer Woche nachweist, dass er im Zeitpunkt der Feststellung Inhaber eines gültigen Fahrausweises war. Da der Beschwerdeführer im Besitz einer auf seinen Namen lautenden Fernverkehrs-Fahrkarte war, die er wohl fristgerecht hätte vorgelegen können, hätten sich seine zusätzlichen Ausgaben auf 7,00 Euro belaufen. Zudem wurde berücksichtigt, dass der Reisende nun im Ergebnis doppelt für die in Anspruch genommene Beförderung von Leipzig nach Berlin gezahlt hat, was unbillig erscheint.

Zugunsten des Eisenbahnverkehrsunternehmens wurde berücksichtigt, dass eine Erstattung der zusätzlich erworbenen Fahrkarte grundsätzlich ausgeschlossen ist, weil der Reisende dieses Ticket für die Fahrt von Leipzig nach Berlin genutzt hat.

Die söp schlug zur Beilegung der Streitigkeit vor, dem Reisenden einen Betrag von 49,50 Euro zu zahlen, was dem Wert des nachgekauften Tickets abzüglich einer Bearbeitungsgebühr von 7,00 Euro entspricht.

Das Verkehrsunternehmen lehnte dies ab, bot jedoch einen Reisegutschein im Wert von 30,00 Euro an, womit sich der Reisende einverstanden erklärte. Der Wert des Reisegutscheins entspricht in etwa den Kosten der ursprünglichen Fahrkarte (29,90 Euro). So konnte die Angelegenheit einvernehmlich zum Abschluss gebracht werden. (Sandra Nuckel)

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

aus SIGNAL 2/2020 (Juni 2020), Seite 31

 

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