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Zug der Baureihe 481 in Teltow Stadt. Ausgerechnet die modernsten Züge der Berliner S-Bahn dürfen aus sicherheitstechnischen Gründen maximal 80 statt 100 km/h fahren, bis die Bremstechnik nachgebessert wurde. Damit sind häufigere Verspätungen auf einigen Linien vorprogrammiert – vor allem auf eingleisigen Abschnitten. Foto: Marc Heller |
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Die Fahrplan-Entwerter
Für den Fahrgast ist die Kenntnis der Fahrpläne
Voraussetzung dafür, dass er seine Fahrt
mit den öffentlichen Verkehrsmitteln planen,
die Warte- und Umsteigezeiten minimieren
und sein Ziel mit einer kalkulierbaren Fahrzeit
erreichen kann. Für die beiden großen Berliner
Verkehrsunternehmen S-Bahn GmbH
und BVG scheinen Fahrpläne jedoch eher
eine unter günstigen Bedingungen erreichbare
ungefähre Zielvorgabe zu sein.
So sind S?Bahn-Fahrgäste seit dem Sommer
2007 wiederholt durch Zugausfälle, oft
durch Personalmangel, und durch Verspätungen
sowie mehrere Streiktage gebeutelt
worden. Vor allem die S?Bahn-Linie 85 ist in
den letzten Monaten so häufig ausgefallen,
dass man seine Fahrt besser ohne sie planen
sollte.
Die Verspätungen haben seit dem 1. Februar
noch zugenommen, weil die modernen
Züge der Baureihe 481 statt der möglichen
100 km/h mittlerweile nur noch 80 km/h als
Höchstgeschwindigkeit fahren dürfen. Erst
wenn die Bremstechnik aufwendig nachgebessert
wurde, soll die Beschränkung wieder
entfallen.
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S-Bahnhof Kolonnenstraße im Bau. Man hätte es kaum geglaubt: Die seit 1987 versprochene Station nimmt Form an. Sie soll am 30. April 2008 eröffnet werden. Foto: Kay Röllig |
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Nicht besser die BVG: Viele Busfahrgäste
merkten erst beim vergeblichen Warten an
den Haltestellen, dass sich die 3000 Köpfe
zählende BVG-Verwaltung beim Personalbedarf
(mal wieder) verrechnet hatte. Es
fehlten nun plötzlich Fahrer, weil weder
überzählige Verwaltungsmitarbeiter
endlich zu Fahrpersonal umgeschult
noch neue Mitarbeiter rechtzeitig eingestellt
worden waren. Da kann man
nur hoffen, dass solche Fehlleistungen
durch den seit 1. Januar 2008 geltenden
BVG-Verkehrsvertrag zu Sanktionen
führen – am besten im Portmonee
der BVG-Führungsetagen.
Fahrplanwechsel
ohne Fahrgastinfos
Aber damit nicht genug: Zum 12. Januar
2008, also gerade mal einen Monat
nach Inkrafttreten des neuen Jahresfahrplans,
änderte die BVG auf über 40
Buslinien den Fahrplan, ohne dies anzukündigen,
weder durch einen Pressedienst
noch durch eine Information im
Internet oder in ihrer Kundenzeitschrift.
Später entschuldigte sich die BVG zwar
für diese „Nichtinformation“, aber das
half weder denen, die nach den Ferien gleich
zu spät zur Arbeit oder Schule kamen, noch
denen, die sich gerade das neue und nun
schon wieder überholte Fahrplanbuch für
5,50 Euro gekauft hatten.
Begründet hat die BVG die „notwendigen
Fahrplananpassungen“ in einem nachträglich
herausgegebenen
Faltblatt mit den
„neuen Regelungen
der Fahrpersonalverordnung“.
Für
die IGEB ist das nicht
plausibel, weil dann
auch andere Verkehrsunternehmen
in Deutschland davon
betroffen wären.
Diese kamen aber
ohne überfallartige
Fahrplanänderungen
aus, weil sie
entweder schon
rechtzeitig mit dem
seit Januar 2007 (!)
vorliegenden Gesetzentwurf
geplant
hatten oder aber
den Gesetzestext
weniger restriktiv
auslegen als der BVG-Personalrat, der offenbar
auch eine sofortige Umsetzung durchgesetzt
hat – ohne jede Rücksicht auf die Auswirkungen
für Fahrpläne und Anschlüsse.
Neue Buslinie zum Hauptbahnhof
Im Berliner Busliniennetz gab es nach wiederholten
Sparrunden mit erheblichen Auswirkungen
auf das Linienangebot dieses
Mal nur wenige Veränderungen. Wichtigste
Maßnahme war die direkte Anbindung des
Hauptbahnhofs an den Straßenzug Potsdamer
Straße—Hauptstraße—Schloßstraße
durch Verlängerung der Metrobuslinie M85
über ihren bisherigen Endpunkt Rathaus
Steglitz bis zum Hauptbahnhof. Damit konnte
nicht nur die Anbindung des Hauptbahnhofs
aus den südwestlichen Berliner Stadtteilen
entscheidend verbessert werden, sondern
auch die mit Einführung des Metrolinienkonzeptes
verloren gegangene direkte Erreichbarkeit
der Steglitzer Schloßstraße aus dem
Hinterburgdamm endlich wieder hergestellt
werden. Beeinträchtigt wird die Erreichbarkeit
des Hauptbahnhofs allerdings durch die
zeitaufwändige und störanfällige oberirdische
Linienführung des M85 durch das Regierungsviertel.
Die bisherigen Verstärkerfahrten des
M48 zwischen Rathaus Steglitz und Potsdamer
Platz werden durch die Verlängerung
des M85 ersetzt. Dies führt aber auch dazu,
dass das bisherige Metrolinien-Angebotsversprechen
nun auf diesen beiden Linien
gebrochen wird: In den Abendstunden werden
der südliche und nördliche Abschnitt
der Buslinie M48 nur noch im 20-Minuten-
Takt bedient und der M85 verkehrt auf
dem neuen Abschnitt nördlich von Rathaus
Steglitz nicht im Nachtverkehr. Dennoch
ist die Verlängerung der Buslinie M85 eine
insgesamt sehr positiv zu bewertende Maßnahme
und es bleibt zu hoffen, dass für die
Fahrgäste auf dem Straßenzug Potsdamer Straße—Schloßstraße künftig wenigstens
annähernd ein 5-Minuten-Takt entsteht und
die BVG die Pulkbildung von Fahrzeugen mit
den daraus resultierenden Taktlücken besser
in den Griff bekommt als bisher.
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Wären Sie darauf gekommen? Das Foto zeigt tatsächlich die Endstelle der Metrobuslinie M41 am neuen Berliner Hauptbahnhof – ohne Wetterschutz und Bordstein. Foto: Florian Müller |
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M41 an Hbf-Haltestelle in äußerst provisorischer Ausführung. Foto: Holger Mertens |
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Neue Endstelle für M41 – peinlich
Eine weitere Folge der neuen Hauptbahnhof-
Anbindung ist die beschleunigte Führung
der Buslinie M41 ab Potsdamer Platz
ohne Zwischenhalt durch den Tiergartentunnel
zum Hauptbahnhof, weil – wie oben
beschrieben – jetzt der M85 das Regierungsviertel
erschließt. Doch die derzeitigen
Ankunfts- und Abfahrtshaltestellen
des M41 am Hauptbahnhof sind wenig
weltstädtisch, ja geradezu peinlich und
vor allem fahrgastfeindlich. Zwischen parkenden
Bussen ist der Wartebereich für die
Fahrgäste nur mit Fahrbahnmarkierungen
gekennzeichnet, einen Wetterschutz oder
sonstige Informationen, die über einen
Fahrplanaushang hinausgehen, sucht man
vergeblich. Und der Umsteigeweg ist auch
viel zu weit.
Die IGEB fordert daher den Senat auf,
auf dem nördlichen Bahnhofsvorplatz des
Hauptbahnhofs anstelle des geplanten
Büroturms einen ÖPNV-Busbahnhof anzulegen.
In diesem Zusammenhang sei auch
noch einmal an das Versprechen des Senats
erinnert, für größere Buswartehallen
am Hauptbahnhof zu sorgen. Anderthalb
Jahre nach Eröffnung ist diese Zusage noch
immer nicht eingelöst worden!
Die zum Fahrplanwechsel vorgenommene
Angebotskürzung auf der Buslinie 240,
welche auch im Berufsverkehr nur noch alle
20 Minuten zwischen Hauptbahnhof und
Platz der Vereinten Nationen unterwegs
ist, kann nur als dreist bezeichnet werden,
stellt diese Linie doch den Vorlaufbetrieb
für die geplante Straßenbahn-Verbindung
der M8 zum Hauptbahnhof dar.
Neu konzipiert wurde die „Eichkamplinie“
349, die bisher als Ringlinie im Stundentakt
vom S?Bahnhof Grunewald über U?Bahnhof
Theodor-Heuss-Platz und S?Bahnhof Heerstraße
zurück zum S?Bahnhof Grunewald
verkehrte. Diese Linie verkehrt jetzt in beiden
Richtungen zwischen S?Bahnhof Grunewald
und U?Bahnhof Theodor-Heuss-Platz
über Messedamm—Masurenallee und berührt
nicht mehr den S?Bahnhof Heerstraße.
Leider wird auch weiterhin nicht der
Kaiserdamm bedient, obwohl hier zahlreiche
Geschäfte und z. B. das Postamt liegen.
Immerhin wurde der bisherige Stundentakt
zu einem 40-Minuten-Takt verdichtet, der
allerdings schwer zu merken ist.
Eine wegen des taktischen Umgangs der BVG
mit der Liniennummerierung nur für Ortskundige
nachvollziehbare Netzänderung wurde
in Hohenschönhausen durchgeführt. Die bisherige,
nur im Berufsverkehr verkehrende und
nur von äußerst wenigen Fahrgästen nachgefragte
Buslinie 294 wurde auf ihrer bisherigen
Linienführung zwischen Marzahner Straße
und Landsberger Allee ersatzlos eingestellt.
Die Erschließung des Gewerbegebietes Marzahner
Straße erfolgt nunmehr ausschließlich
durch die „neue“ Buslinie 294, die mit der alten
OL 294 nur die Liniennummer gemeinsam hat
und die Verkehrsaufgaben der hier eingestellten
bisherigen Buslinie 359 übernimmt. Positiv
zu werten ist die erweiterte Linienführung
über Gärtner- und Hauptstraße, weil damit
das lokale Einkaufszentrum besser angebunden
wird. Im Ortsteil Neu-Hohenschönhausen
endet die OL 294 dann jedoch an der Straßenbahn-
Gleisschleife Falkenberg.
Ressourcenverschwendung
durch neue Kurzlinie
Die bisherige Schleifenfahrt durch die nordöstlichen
Wohnquartiere entlang der Egon-
Erwin-Kisch- und Ernst-Barlach-Straße wird
nunmehr durch die neue Kurzlinie 359 übernommen,
deren Endstelle sich ebenfalls an
der Gleisschleife Falkenberg befindet. Fraglich
ist allerdings der verkehrliche Nutzen
dieser Linie, der im Grunde nur im Zubringerverkehr
zur Buslinie 197 besteht – leider mit
Umsteigezeiten von je einer Viertelstunde. So
wird sich die Fahrgastzahl voraussichtlich auf
äußerst niedrigem Niveau bewegen. Sehr viel
sinnvoller wäre es, anstatt die knappen Ressourcen
hier zu vergeuden, einen Fehler des
Buslinienkonzeptes von 2005 zu korrigieren
und diese Leistungen zur Verlängerung der
Buslinie 197 einzusetzen, damit vielen Fahrgästen
vermeidbare Umsteigezwänge zum
Erreichen des lokalen Einkaufszentrums am
Prerower Platz oder des Barnim-Gymnasiums
erspart bleiben. Berliner Fahrgastverband IGEB
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