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Die Kleine Anfrage (Artikel:Einhaltung vertraglich vereinbarter BVG-Verkehrsleistungen bei der Straßenbahn) deckt auf, was die
Kunden der Straßenbahn in den vergangenen
Jahren durch die immer länger werdenden
Wartezeiten schon zu spüren bekamen:
Die BVG hat den Unternehmensvertrag in
Bezug auf das Fahrplanangebot nicht erfüllt,
das Verkehrsangebot insbesondere der Straßenbahn
ist – ausgelöst durch die regelmäßigen
Kürzungen im BVG-Fahrplanangebot
– von Jahr zu Jahr deutlich schlechter geworden.
Diese Vertragsbrüchigkeit der BVG zu
Lasten der Kunden des öffentlichen Nahverkehrs
wurde und wird aber bedauerlicherweise
vom Senat gedeckt. 23,1 Mio. Nutzzugkilometer
hätte die Straßenbahn 2007
fahren müssen, aber es waren nur 19,4 Mio.
16 Prozent der Verkehrsleistungen der Straßebahn,
zu denen die BVG vertraglich verpflichtet
war, sind nicht erbracht worden. Ein
Skandal – aber für den Berliner Senat offensichtlich
kein Anlass zu Konsequenzen.
Dreist ist vor allem die Art und Weise, wie
der Senat die fehlenden 3,7 Mio. Nutzzugkilometer
entschuldigt: mit seinem eigenen
Versagen beim Straßenbahnausbau. Die in
diesem Punkt tatsächlich vom Senat im Stich
gelassene BVG konnte nicht nach Adlershof
(nach IGEB-Berechnungen ca. 0,1 Mio Nutzzugkilometer
pro Jahr), zum Hauptbahnhof
(ca. 0,4 Mio) und zum Kulturforum (etwa
0,5 Mio) fahren. Mit den fehlenden Neubaustrecken
lässt sich also nur das Fehlen von ca.
1,0 Mio. Nutzzugkilometer erklären. Weitere
2,7 Mio. sind vertragswidrig im Bestandsnetz
gekürzt worden. Ob in Mitte oder Marzahn,
ob in Pankow oder Köpenick – überall fährt
die BVG heute deutlich seltener als beim
Start des Unternehmensvertrages.
Die Folgen sind gravierend: BVG-Kunden
wandern aufs Auto oder Fahrrad sowie zur
S-Bahn ab. Zudem häufen sich die Beschwerden
über lange Wartezeiten oder überfüllte
Züge: Aktuell betrifft dies die Straßenbahnlinien
M1, M2 und 12 in Pankow und Prenzlauer
Berg, wo die BVG als angeblich „marktorientiertes
Dienstleistungsunternehmen“
auf den starken Bevölkerungszuwachs mit
einer deutlichen Reduzierung der Fahrtenhäufigkeit
und des Platzangebots reagiert
hat. Im Schüler- und Berufsverkehr gibt es
in Marzahn und Lichtenberg auf den Linie
M6 und M8 teilweise chaotische Zustände,
weil die Einsatzzeiten der Verstärkerfahrten
zu kurz bemessen sind und die eingesetzten
Niederflurbahnen ein für diese Hauptachsen
viel zu geringes Platzangebot haben. Erhebliche
Kapazitätsprobleme bestehen zudem
bei den Köpenicker Linien 60, 61, 62 und 68
im Schülerverkehr.
Bei solchen Verhältnissen kann man es
keinem Fahrgast verdenken, wenn er überlegt,
ob er weiterhin eine Zeitkarte abonnieren
soll. Hier und an vielen anderen Stellen
muss die BVG daher unverzüglich das Verkehrsangebot
verbessern und deutlich mehr
Nutzzugkilometer erbringen. Die IGEB-Forderung
nach einer Taktverdichtung auf der
M2, auf der die Neubaustrecke zum Alexanderplatz
zu 40 Prozent Fahrgastzuwachs
und damit zu stark überfüllten Zügen führte,
feiert bald ein für BVG und Senat unrühmliches
einjähriges Jubiläum.
Der Senat muss reagieren! Er muss die
BVG zwingen, bei der Straßenbahn wenigstens
die vom Abgeordnetenhaus in den
Eckpunkten des Nahverkehrsplans beschlossenen
20 Mio. Nutzzugkilometer pro
Jahr, die ja schon die durchgeführten Angebotskürzungen
der vergangenen Jahre
durch Absenkung des Wertes berücksichtigt
haben, ab sofort zu erbringen. Ein- und
Aussetzfahrten, die nur betrieblicher Natur
sind, dürfen auf keinen Fall weiter in diese
20 Mio. Nutzzugkilometer eingerechnet
werden.
Die Bürger in den östlichen Stadtvierteln
Berlins, deren Nahverkehrsangebot durch
die starken Angebotskürzungen bei der
Straßenbahn überdurchschnittlich und vertragswidrig
reduziert worden ist, erwarten
vom Senat, dass er etwas unternimmt. Denn
dass Handlungsbedarf besteht, musste der
Senat ja spätestens bei der Beantwortung
der kleinen Anfrage erkennen. IGEB Stadtverkehr
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