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Infrastrukturmängel lassen derzeit leider nur auf wenigen Abschnitten der Strecke Berlin—Dresden die Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h zu. Die Fahrzeiten der Eurocity-Züge zwischen Berlin und Prag sind deshalb unattraktiv lang. Foto: Christian Schultz |
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Zum Jahresfahrplan 2008 will die DB Netz
AG ihre Trassenpreise um einheitlich 2,4 %
erhöhen. Vor dem Hintergrund von Kapazitätsengpässen,
teils unbefriedigender Pünktlichkeit
der Züge, mangelhafter Abstimmung
von Baumaßnahmen zwischen der DB Netz
AG und den Nutzern der Infrastruktur sowie
den jüngsten Feststellungen des Bundesrechnungshofes
bezüglich des Zustands der
Schieneninfrastruktur ist eine solche Erhöhung
zurzeit nicht zu rechtfertigen. Mit dem
nunmehr angekündigten Programm „Pro-
Netz“ sind notwendige Korrekturen eingeleitet
worden. Die Baumaßnahmen werden
jedoch erhebliche Unannehmlichkeiten sowohl
für Kunden des Personen- als auch des
Güterverkehrs zur Folge haben.
Grundsätzlich finanziert der Bund den Neuund
Ausbau der Bundesschienenwege sowie
Ersatzinvestitionen im bestehenden Netz.
Die Eisenbahninfrastrukturunternehmen
sind gemäß § 8 Abs. 4 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes
(BSchwAG) verpflichtet,
die Kosten für die Unterhaltung bzw. Instandsetzung
zu tragen. Eine unzureichende
bzw. nicht zeitgerechte Beseitigung von Infrastrukturschäden
beschleunigt jedoch die
Abnutzung und hat einen vorzeitigen Ersatz
zu Lasten des Bundes, d.h. des Steuerzahlers
(!) zur Folge. Der Bundesrechnungshof weist
in seinem jüngsten Bericht über die Instandhaltung
der Bundesschienenwege teilweise
alarmierende Fakten aus:
In den Jahren 2001 bis 2005 unterschritten
die jährlichen Instandhaltungsaufwendungen
der DB Netz AG den festgestellten
Bedarf deutlich. Dies führte zu einem Instandhaltungsrückstau
von mindestens
1,5 Milliarden Euro. Für Brücken stellte die
DB Netz AG in diesem Zeitraum nur 25 % der
notwendigen Instandhaltungsmittel bereit,
was allein zu einem Instandhaltungsrückstau
von 924 Millionen Euro führte.
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Ein typisches Beispiel für die vielen Mängel bei der Eisenbahninfrastruktur: Auf der Brücke über die Spree im Verlauf der Strecke Fürstenwalde—Bad Saarow muss die Geschwindigkeit auf 50 km/h reduziert werden. Foto: Christian Schultz |
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Ein Indikator für die Qualität des Schienennetzes
sind Mängelstellen, die nur mit verringerter
Geschwindigkeit befahrbar sind. Für
die Jahre 2000 bis 2002 nannte die DB Netz
AG jeweils mehr als 2300 Mängelstellen. Aber
im Instandhaltungsbericht aus dem Jahr 2006
machte die DB Netz AG keine Angaben mehr
zu den Mängelstellen. Warum wohl?
Vom Eisenbahnbundesamt
(EBA) als zuständiger
Aufsichtsbehörde wurden
außerdem Mängel festgestellt,
die in hohem Maße
sicherheitsrelevant sind;
folgende Beispiele seien an
dieser Stelle genannt:
- Um sogenannte Heißläufer
an Fahrzeugen rechtzeitig
zu erkennen bzw.
Unfälle zu verhindern,
hat die DB Netz AG 410
Heißläuferortungsanlagen
im Schienennetz
eingebaut. Nachdem im
Mai 2006 ein Zug aufgrund
eines Heißläufers
entgleiste, führte das
Eisenbahnbundesamt
eine bundesweite Prüfung
dieser Anlagen
durch: Ergebnis: 56 Anlagen,
also knapp 14 %,
waren teilweise seit Jahren (!) nicht mehr
betriebsbereit.
- Beanstandet wurde durch das EBA eine
unzureichende Vegetationskontrolle. Äste
und Sträucher können die Sicht der Triebfahrzeugführer
auf Signale so einschränken,
dass die Betriebssicherheit gefährdet ist.
- Die Standsicherheit von Signalen gewährleisten
unter anderem Ankerschrauben,
die gleichzeitig den aus mehreren Betonfertigteilen
bestehenden Erdfuß des Signals
zusammenhalten. Bei Kontrollen im
Jahr 2000 stellte eine EBA-Außenstelle erhebliche
Mängel bei älteren Signalfüßen
fest; unbeschichtete Ankerschrauben waren
so stark verrostet, dass sie die Standfestigkeit
der Masten beeinträchtigten.
Erwartungsgemäß wurden die Sicherheitsbedenken
des Bundesrechnungshofes
seitens der DB AG als völlig unzutreffend
zurückgewiesen. Die Instandhaltung des
Netzes würde im erforderlichen Maße erfolgen,
so die Bahn in einer Pressemitteilung.
Diese Aussage ist überhaupt nicht haltbar.
Fakt ist, dass zum Beispiel auf zahlreichen
Strecken in der Region Berlin/Brandenburg
der Fahrplan u. a. aufgrund von Langsamfahrstellen
nicht eingehalten werden kann.
Die Regionalbahnlinie RB 33 (Berlin Wannsee—
Beelitz Stadt—Jüterbog) sei an dieser
Stelle beispielhaft genannt (s. Seite 19). Viele
Eisenbahnunternehmen bzw. Nutzer des
Schienennetzes bemängeln zudem, dass
erkannte Infrastrukturmängel nicht zeitnah
beseitigt würden. Dies betrifft gerade auch
Langsamfahrstellen, die trotz erheblicher
Auswirkungen auf die Fahrplanstabilität oft
nur schleppend beseitigt werden.
Infrastrukturrückbau gefährdet
Schienengüterverkehrsmarkt
Von vielen Unternehmen, die im Verband
Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) zusammengeschlossen
sind, wird des Weiteren
die „Verschlankung“ der Infrastruktur bzw.
der kurzsichtige Rückbau von Kreuzungsmöglichkeiten,
Weichenverbindungen sowie
von Neben-, Abstell- und Ladegleisen
regelmäßig kritisiert. Gerade bei Investitionsmaßnahmen
im Zusammenhang mit der
Errichtung von elektronischen Stellwerken
kommt es in der Regel zu erheblichen Rückbaumaßnahmen.
Damit verbunden ist eine
spürbare Reduzierung der Netzflexibilität,
was sich insbesondere bei der Konstruktion
von Ad-hoc-Trassen und im Störungsfall
zum Nachteil der Eisenbahnverkehrsunternehmen
auswirkt. Vor allem im Güterverkehr
wird es immer schwieriger, flexibel auf
Anforderungen der Frachtkunden zu reagieren,
wenn die vorzuhaltende Infrastruktur
an den aktuellen Betriebsprogrammen ausgerichtet
wird. Qualitative und quantitative
Verbesserungen des Angebots bzw. die Bewältigung
von Verkehrszuwächsen sind vor
diesem Hintergrund oft nicht machbar.
Im Abschlussbericht zu einer Unternehmensbefragung
des VDV vom November
2006 wurden von den Infrastruktur-Nutzern
nahezu 200 Projektvorschläge zusammengetragen,
mit denen in vielen Fällen mit vergleichsweise
geringen Maßnahmenvolumina
die Produktions- und Marktbedingungen
in den Schienenverkehrsmärkten verbessert
werden können. An dieser Stelle seien beispielhaft
folgende Maßnahmen genannt:
- Strecke Cuxhaven—Bremerhaven
Der Kreuzungsbahnhof Nordholz wurde
zurückgebaut und dient nur noch als Haltepunkt.
Da sich der Containerverkehr zwischen
Cuxhaven und Bremerhaven in Kürze
ausweiten wird, dürfte es zu Problemen
auf der eingleisigen Strecke mit nur einem
Kreuzungsbahnhof in Dorum kommen. Der
Wiederausbau des Haltepunktes Nordholz
zum Kreuzungsbahnhof erhöht die Kapazität
bzw. Betriebsqualität auf dieser Strecke.
- Strecke Königs Wusterhausen—Grunow
Die in Ostbrandenburg gelegene Strecke
befindet sich in einem nicht nachfragegerechten
Zustand, insbesondere hinsichtlich
der Streckengeschwindigkeit. Erforderlich
sind die technische Sicherung der Bahnübergänge,
die Beseitigung von Langsamfahrstellen
und die Erhöhung der Streckengeschwindigkeit.
- Strecke Berlin—Dresden
Die Strecke weist eine mangelhafte Leistungsfähigkeit
u. a. durch niedrige Streckenhöchstgeschwindigkeit,
schlechten Zustand und fehlende Blockstellen auf; hier
ist eine grundhafte Erneuerung der Infrastruktur
überfällig.
- Regensburg—Hof—Reichenbach
Die fehlende Elektrifizierung macht diese
Strecke für den Güterverkehr zum Beispiel
in/aus den EU-Beitrittsländern unattraktiv,
obwohl die Trassierung günstige Möglichkeiten
für den überregionalen Güterverkehr
bietet. Ein entsprechender Ausbau ist daher
überfällig.
- Zugbildungsanlage Bremerhaven-
Speckenbüttel
Das Ablaufstellwerk ist verschlissen, eine
Erneuerung ist zum Erhalt der Leistungsfähigkeit
bzw. der Verfügbarkeit erforderlich.
Die vollständige Liste der knapp 200 Vorschläge
zum Investitionsbedarf in die Bundesschienenwege
kann unter www.vdv.de
eingesehen werden.
Ertüchtigung nicht nur auf
Hauptstrecken beschränken
Auch wenn es an vielen Stellen schon fast
fünf nach zwölf ist, so ist die nunmehr angekündigte
Offensive „ProNetz“ der DB AG
grundsätzlich zu begrüßen. Das Kernstück
von ProNetz betrifft dabei die Ertüchtigung
des bestehenden Netzes. Allein in diesem
Jahr sind der Wechsel und Einbau von über
2000 Weichen und etwa 5500 Kilometern
Schienen, die Erneuerung von ca. 5 Millionen
Schwellen und über 6 Millionen Tonnen
Schotter geplant. Einhergehend mit den Baumaßnahmen
wurde erfreulicherweise auch
eine deutliche Verbesserung des Informationsmanagements
angekündigt.
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Schwellenschaden am Hauptgleis von Berlin nach Dresden im Bereich des brandenburgischen Bahnhofs Blankenfelde. Foto: Christian Schultz März 2007 |
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Keinesfalls dürfen sich Sanierungsmaßnahmen
aber nur auf die Hauptachsen beschränken.
Die Bahn funktioniert als Gesamtsystem,
bei dem die Zweigstrecken zur Erschließung
der Region dazugehören. Bei Aussparung
dieser Zweigstrecken besteht die Gefahr, dass
sich der Substanzverzehr weiter fortsetzt.
Sinnvollerweise sollten auch die Vorschläge
des VDV Bestandteil von ProNetz werden, da
diese zu einer höheren Leistungsfähigkeit der
Bundesschienenwege führen und damit die
Voraussetzungen für die Bewältigung weiter
steigender Verkehrsleistungen auf der Schiene
geschaffen werden.
Angesichts der mit den Baumaßnahmen
verbundenen Erschwernisse für Bahnunternehmen
und Bahnkunden wäre der vorläufige
Verzicht auf eine Erhöhung der Trassenpreise
eine angemessene und faire Lösung. In Abhängigkeit
von den tatsächlich erzielten Qualitätsverbesserungen
der Infrastruktur sollte
erst in drei Jahren – in diesem Zeitraum soll
die Ertüchtigung des Netzes schwerpunktmäßig
erfolgen – über eine Trassenpreiserhöhung
neu entschieden werden.
Auch bei dem anstehenden Gesetzentwurf
für die Teilprivatisierung der Deutschen Bahn
muss der Bereich Infrastruktur neu bewertet
werden. Bei dem geplanten Privatisierungsgesetz
ist derzeit geplant, dass die DB AG
den Schienenverkehr und die Infrastruktur in
einer wirtschaftlichen Einheit betreibt und bilanziert.
Die Infrastrukturprobleme verschärfen
sich angesichts des Ziels einer Börsenreife
nun bereits seit Jahren. Ein dauerhafter Erfolg
dieser Lösung muss daher bezweifelt werden.
Die Verantwortung für das Schienennetz
muss uneingeschränkt beim Bund verbleiben;
ein börsennotiertes Unternehmen Deutsche
Bahn darf keine Entscheidungshoheit
über die Infrastruktur haben!
IGEB Fernverkehr
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