Weniger Fahrgastinformation

Deutschland ohne Kursbuch

Mit Beginn der neuen Fahrplanperiode am 14. Dezember 2008 soll es in Deutschland kein gedrucktes Kursbuch mehr geben. Die Gesamtausgabe und sechs der sieben Regionalausgaben sollen eingestellt werden. Die Kursbuchtabellen sind dann nur noch im Internet verfügbar. Der Berliner Fahrgastverband IGEB hat diese Absicht kritisiert und die Deutsche Bahn aufgefordert, ihren Kunden auch künftig ein gedrucktes Kursbuch mit den bewährten Karten zu einem angemessenen Preis anzubieten.

Kursbuchstapel
Das Kursbuch in Deutschland: Nie war es so dick wie heute...
1976: DB 1,5 kg und DR 0,3 kg
2006: DB AG 6,4 kg Foto: Florian Müller

Für die Herausgabe eines gedruckten Kursbuches mit Fahrplantabellen und Karten gibt es mehrere Gründe:

  • Fahrgästen, die aus welchen Gründen auch immer, dauerhaft oder zeitweise nicht über einen Computer mit Internetzugang verfügen, ist ohne Kursbuch der Blick auf den Fahrplan verwehrt. Da auch die Zahl der mit Personal besetzten Fahrkarten-Verkaufsstellen immer geringer wird, bliebe ihnen nur noch die teure Fahrplanauskunft per Telefon oder im Reisebüro.
  • Die den Kursbüchern beigefügten Karten sind für viele Fahrgäste ein unverzichtbarer Reisebegleiter und nicht durch das Internet zu ersetzen. Selbst den Fahrgästen mit Internetzugang wird es in der Regel nicht möglich sein, sich die Karten auszudrucken. Diese Deutschland-Kursbuchkarten müssen auch weiterhin gegen eine geringe Schutzgebühr gedruckt erhältlich sein!
  • Die Herausgabe eines gedruckten Kursbuchs ist auch Teil der Außendarstellung und Werbung der Bahn ähnlich einem Katalog eines Möbelhauses oder Versandunternehmens. Doch während diese Unternehmen ihre Kataloge in der Regel kostenlos abgeben, haben die Kunden der Bahn schon längst viel Geld für die Kursbücher bezahlt. Es ist kundenfeindlich, den Kauf eines Kursbuchs künftig nicht mehr ermöglichen zu wollen.
  • Da für die Fahrgäste in den Großstädten die kostenlosen „Städteverbindungen“ erhalten bleiben sollen, sind die Fahrgäste in den Regionen außerhalb der Großstädte (wieder einmal) am heftigsten betroffen. Darüber hinaus sollte die Darstellung in den Städteverbindungen übersichtlicher werden und von Doppelungen befreit werden.
  • Das DB-Projekt, zum neuen Fahrplan 2008/2009 als Abschiedsausgabe ein Edelkursbuch für Liebhaber zum Preis von 99 Euro herauszubringen, drängt alle Kursbuchkäufer in die Ecke der Traditionalisten und verkennt die praktische Bedeutung, die die schnelle Verfügbarkeit über ein Kursbuch und seine Karten für viele Fahrgäste auch heute noch hat.

Internetangebot verbessern

Unabhängig von der Fortführung einer gedruckten Kursbuchausgabe muss das Internetangebot der Bahn verbessert werden:

  • Die herunterladbaren Kursbuchtabellen müssen so gestaltet werden, dass sie in einem Papier sparenden Layout im DINA4- Format ausgedruckt werden können.
  • Außerdem sollte es eine Kursbuchtabellen- Auswahlfunktion für Knotenpunkte und Regionen geben, die man sinnvoll kombinieren kann.
  • Ferner ist die Fahrplanauskunft für wap-Handys noch sehr zu verbessern.

Kursbuch Baden-Württemberg bleibt

Interessanterweise bleibt das Baden-Württemberg- Regionalkursbuch zunächst bestehen. Dies begründet sich im Verkehrsvertrag dieses Bundeslandes.

Hoffentlich kommen nicht die Verkehrsverbünde in Deutschland ebenfalls auf die Idee, ihre gedruckten Kursbücher abzuschaffen. Für Berlin-Brandenburg könnte der VBB ein Verbundkursbuch für den Regionalverkehr auflegen und so eine Lücke schließen.

Laufend Fahrplanänderungen

Natürlich gibt es nachvollziehbare Gründe, auf die Herausgabe eines gedruckten jährlich erscheinenden Kursbuches zu verzichten, wenn schon nach kurzer Zeit zahlreiche der gedruckten Fahrpläne teilweise oder vollständig geändert werden. Aber gerade dieses Unwesen, unabhängig von Fahrplanperioden und Kundeninteresse an einem verlässlichen Fahrplan ständig Änderungen in den Fahrplänen vorzunehmen, würde mit einer Beschränkung auf das elektronische Kursbuch sicher noch gefördert. Die wöchentlichen Fahrplanänderungen in der Nacht von Donnerstag zu Freitag würden zum Regelfall, weil bei Bauarbeiten noch weniger Rücksicht auf Fahrplanstabilität genommen würde. Schon heute gibt es Züge, die in einer Fahrplanperiode zwei bis fünf verschiedene Fahrpläne haben – regulär ohne Berücksichtigung der vielen Änderungen durch Bauarbeiten.

Nicht überzeugen kann auch das Argument „Papierersparnis“. Dort, wo die DB es für nützlich hält, gibt sie Faltblätter, Broschüren, Zeitungen und Zeitschriften auf teurem Papier kostenlos und in großer Zahl an alle Fahrgäste. Wenn nun ausgerechnet beim Kursbuch mit dem Papiersparen begonnen wird, zeigt das den Stellenwert, den die DB der Kundeninformation noch zubilligt.

Letztlich geht es nicht darum, das gedruckte Kursbuch zu erhalten oder abzuschaffen, sondern es geht der DB um Flexibilisierung des Betriebs durch zunehmenden Verzicht auf verlässliche und stabile Fahrpläne.

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 3/2008 (Juli 2008), Seite 7

 

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