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Alfred Grenander. Quelle: TU Berlin |
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Den schwedischen Staatsbürger Alfred
Grenander (1863-1931) berief die Hochbahngesellschaft
im Jahr 1900 zum architektonischen
Berater. Er sollte
den kritisierten Bauplänen die
notwendige architektonischgestalterische
Qualität verleihen.
Bis zu seinem Tod 1931
blieb er „der“ Architekt der
Berliner U-Bahn, auch wenn
es andere wichtige Baukünstler
gab wie Peter Behrens
(U-Bahnhof Moritzplatz) oder
Wilhelm Leitgebel (U-Bahnhöfe
Hohenzollernplatz bis
Breitenbachplatz). Grund für
die Bekanntheit Grenanders
war nicht nur der Umfang
seines Werkes, sondern auch
die Qualität und Vielfalt seiner
„Handschrift“: Er gestaltete
nicht weniger als 69 Stationen. Bei vielen
Bahnhöfen ist die ursprüngliche Gestaltung
heute allerdings nicht mehr oder nur sehr
verändert erhalten geblieben. Besonders
bekannte Bahnhofsbauten von Grenander
sind:
- 1913 Wittenbergplatz
- 1926 Hermannplatz
- 1926/1929 Zugangs- und Untergrundbereich Nollendorfplatz
- 1913/1930 Alexanderplatz
- 1929 Onkel-Toms-Hütte
- 1929 Krumme Lanke
- 1930 Stationen der heutigen U 8 wie Rosenthaler Platz und Jannowitzbrücke
Berlin gibt Anregung für London
Das stilistische Spektrum reichte von überschwänglichen
Formen des Jugendstils bis
zur Neuen Sachlichkeit. Besonders die Farbigkeit
war ein hervorstechendes Merkmal.
Deutlich machte die Veranstaltung, dass es
bis in die 30er Jahre einen intensiven internationalen
Austausch zu Fragen der Gestaltung
von Schnellbahnen gab. So kann man
die Einschätzung wagen, dass einerseits die
Verantwortlichen der Londoner U-Bahn Anregungen
in Berlin sammelten, andererseits
der Berliner S-Bahn-Architekt Richard Brademann
beeinflusst von Berliner oder Londoner
U-Bahnstationen entwarf.
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U-Bahnhof Rosenthaler Platz. Es ist einer der von Grenander gestalteten inzwischen denkmalgeschützten Bahnhöfe auf der heutigen U 8. Zwischen 1961 und 1989 fuhren hier die West-Berliner U-Bahnzüge ohne Halt durch. Foto: Udo Dittfurth |
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Nach der jetzt weitgehend abgeschlossenen
Erneuerung des U-Bahnhofs Alexanderplatz
stehen in den kommenden Jahren
weitere Maßnahmen auf der U 8 an. Dies
war auch der Anlass, die Veranstaltung an
der TU mit einem Ausblick
auf den Umgang mit dem
verbliebenen Werk Grenanders
enden zu lassen. Ein Gesprächskreis,
zu dem u. a. Uwe
Kutscher, Abteilungsleiter Bau
(U-Bahn) und der oberste Berliner
Denkmalpfleger, Dr. Jörg
Haspel, eingeladen waren,
beschloss deshalb die Tagung.
Vielfach wurde in den letzten
Jahren – auch im SIGNAL – die
BVG für den Umgang mit dem
historischen Erbe Grenanders
gescholten, fehlende
Sensibilität und mangelhafte
Kooperationsbereitschaft mit
der Denkmalpflege kritisiert.
Die Veranstaltung zeigte aber, dass – so
Dr. Haspel – das „Verhältnis zunehmend
besser wird“.
Maroder Beton hinter den Fliesen
Grund für die jahrelang immer wieder aufkeimende
Kritik war vor allem der Streit um die
Bewahrung der einzigartigen historischen
Fliesen mit ihrem differenzierten, nicht wieder
herstellbaren Farbspiel. Dazu Uwe Kutscher:
„Nicht die Fliesen sind das Problem,
sondern die Wände dahinter“. Denn:
- Die Abdichtung ist an vielen Stellen, bautechnisch
oder durch Schäden bedingt, undicht.
Die Folge: Grundwasser dringt ein.
- Der Beton ist inhomogen in seiner Qualität,
Verarbeitungsfehler haben zu Hohlräumen
oder Kies- und Sandnestern geführt.
Die Folge: Die Standfestigkeit ist
beeinträchtigt.
- Es fehlen korrekt ausgeführte Dehnungsfugen.
Die Folgen: Es entstehen Risse,
Wasser dringt ein.
Das eindringende Wasser zerstört den Beton
und führt zu Schäden an Armierung und
Trägern. Abplatzende oder gerissene Fliesen
sind also häufig nur ein Indikator für viel gravierendere
konstruktive Schäden, durch die
im Extremfall sogar die Standsicherheit des
Bauwerkes gefährdet sein kann.
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U-Bahnhof Alexanderplatz vor der Sanierung. Die Spuren zeigen, dass Grundwasser durch die Wand dringt und die Fliesen zerstört. Foto: Udo Dittfurth 1990 |
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Unglücklicherweise treten diese Schäden
in der Regel nicht konzentriert, sondern
zufällig verteilt auf. Eine Sanierung
durch die Fliesen hindurch oder von außerhalb
des Tunnels ist technisch nicht möglich.
Eine zerstörungsfreie Entfernung von
Fliesen (um sie später wieder anzubringen)
gelingt nur in Ausnahmefällen – vielleicht
5 bis 10% wären wieder verwendbar.
Flächenhaftes Fliesenabschlagen
Die Alternative zum flächenhaften Abschlagen
aller Fliesen wären punktuelle
Sanierungsmaßnahmen. Selbst die Denkmalpflege
steht solcher Lösung allerdings
skeptisch gegenüber, denn die notwendige
Ergänzung mit neuen Fliesen schafft
einen gestalterischen Flickenteppich.
Außerdem kann es sein, dass sich bislang feste
Fliesen bereits kurz nach Abschluss der
Baumaßnahme lösen. Die Folge wäre eine
Dauerbaustelle, betrieblich
und finanziell unkalkulierbar.
Historische Substanz ist,
nicht nur wegen ihrer gestalterischen
Qualität, unwiederbringlich.
Gemeinsam bemühen
sich BVG und Denkmalpflege
aber um eine weitestgehende
Annäherung an das
Original und um eine neue
Qualität. Dabei wird auch
Wert darauf gelegt, andere
Elemente der Architektur wie
Raumabfolgen, Blickbeziehungen
oder Beleuchtungskörper
zu erhalten oder (unter
Berücksichtigung heutiger
technischer und rechtlicher
Vorgaben) denkmalverträglich
weiterzuentwickeln. Die Ergebnisse
können stets nur ein Kompromiss sein, immerhin
aber einer, den die Denkmalpflege
mitträgt.
Die verbesserte Zusammenarbeit zwischen
BVG und Denkmalpflege führt
auch zu Experimenten. So wurde auf dem
U-Bahnhof Moritzplatz kürzlich ein Verfahren
erfolgreich erprobt, Fliesen durch
Einspritzen eines hochflüssigen Klebers
dauerhaft zu sichern. Wo die dahinter befindlichen
Wände standfest und trocken
sind, soll dieses Verfahren künftig häufiger
angewendet werden.
Denkmalnischen
Eine weitere vorgetragene Idee war die
Schaffung von „Denkmalnischen“, d.h.
räumlich klar abgrenzbaren Bereichen, in
denen keine sichtbare Erneuerung erfolgt,
sondern der alte Zustand gesichert werden
kann. Die in den übrigen Teilen des Bahnhofs
umgesetzte Erneuerung kann sich dann am
Original messen, und ein Eindruck des Originalzustandes
bleibt weiterhin (wenn auch
als Ausschnitt) erhalten. „Im Großen“ hat
die BVG dieses Konzept auf dem U-Bahnhof
Samariterstraße angewendet. Er war als einziger
auf der U 5 von der Erneuerung in den
70er Jahren verschont geblieben. Deshalb
hat die BVG dort jetzt nur Sicherungsmaßnahmen
durchgeführt und selbst den charakteristischen
Asphaltbelag des Bahnsteigs
erhalten.
Auch die Nachkriegsmoderne kommt in
die Jahre. Bei aller Aufmerksamkeit
gegenüber den Bahnhöfen
aus der Zeit bis 1930 bedürfen
die in den 50er und 60er Jahren
maßgeblich von Bruno Grimmek
gestalteten Stationen der U 6 und
U 9 sowie die Postmodernen des
Architekten Rainer Rümmler künftig
der verstärkten Aufmerksamkeit.
BVG und Denkmalpflege haben
die Beschäftigung mit diesen
Stationen zugesagt. Jede Renovierungsmaßnahme
sollte das Gesamtkonzept
der Gestaltung achten
und unterstützen. Sonst droht
die schleichende Zerstörung im
Schatten der Beschäftigung mit
den wirklich „alten“ Bahnhöfen.
Fazit
Als Fazit des TU-Symposiums lässt sich festhalten:
Die Erneuerung der Berliner U-Bahn-Stationen
wird und muss weitergehen. Weitere
Verluste historischer Substanz sind dabei zu erwarten.
BVG und Denkmalpflege wollen aber
eng miteinander kooperieren, um die Folgen
in Grenzen zu halten. Dass die BVG inzwischen
ihr kulturelles Erbe als Wert erkannt hat, ist ausdrücklich
anzuerkennen. Sie könnte dafür jedoch
– auch im Interesse Berlins als Touristenziel
– noch mehr tun, wenn der Finanzsenator
die BVG endlich nicht mehr nur als Kostenfaktor
mit Einsparpotenzial betrachten würde. Berliner S-Bahn Museum
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