Brandenburg

Rangierbahnhof Wustermark mit neuem Betreiber und neuer Nutzung

Nach dreijährigen Verhandlungen hat die Havelländische Eisenbahn AG (hvle) Ende April 2008 den ehemaligen Rangierbahnhof Wustermark von der DB Netz AG übernommen. Im Gegensatz zu unzähligen anderen Fällen der Infrastruktur-Vernichtung ist hier eine Bahnanlage durch privates Engagement gerettet worden, um der künftig weiter steigenden Nachfrage im Schienengüterverkehr Rechnung zu tragen. Vor dem Hintergrund der Klimadiskussion und der derzeitigen Abhängigkeit von der Mangelware Erdöl ist das eine weitsichtige, aber keinesfalls selbstverständliche Entscheidung!

Rangierbahnhof Wustermark
Impulse für den Schienengüterverkehr statt Demontage von Infrastruktur: Die überwiegend brach liegenden Bahnanlagen des Rangierbahnhofs Wustermark an der Strecke Berlin—Rathenow werden schrittweise durch die Rail & Logistik Center Wustermark GmbH & Co. KG wieder in Betrieb genommen. Foto: Christian Schultz (Juli 2008)

Der westlich Berlins an der Bahnstrecke Berlin—Rathenow gelegene Rangierbahnhof Wustermark wurde im Jahr 2004 geschlossen. Erfreulicherweise wurden vom Eisenbahn-Bundesamt die Trennung von den Anlagen der DB Netz AG bzw. der Rückbau untersagt, da die Havelländische Eisenbahn AG bereits zu diesem Zeitpunkt Interesse an der Übernahme bekundet hatte.

Betreiber der Anlage ist nunmehr die Rail & Logistik Center GmbH & Co. KG (RLC), an der die Havelländische Eisenbahn die Mehrheitsbeteiligung hält. Mit Wirkung vom 1. Juli 2008 sind die Anlagen und die Betriebsführung des Rangierbahnhofs Wustermark auf die neue Gesellschaft übergegangen.

Die RLC Wustermark betreibt die Bahnanlagen ohne Betriebsunterbrechung, allerdings zunächst mit stark reduziertem Umfang weiter. Allen interessierten Bahnunternehmen wird die Zugauflösung bzw. Zugbildung angeboten, weiterhin werden Kapazitäten für die Abstellung von Schienenfahrzeugen bereitgestellt. Errichtet wird außerdem ein Servicepoint für Instandhaltungsleistungen an Schienenfahrzeugen. Somit ist gewährleistet, dass die Anlagen weiterhin als öffentliche Infrastruktur betrieben werden.

Vorerst stehen in der Einfahrgruppe aus Richtung Berlin fünf der insgesamt acht Gleise zur Verfügung. Die kurzfristige Wiederinbetriebnahme eines weiteren Einfahrgleises, eines Umfahrgleises sowie eines Ladegleises ist vorgesehen. Auch die Richtungsgleisgruppe mit Gleislängen von je 500 bis 800 m soll wieder in Betrieb genommen werden. Noch im Jahr 2008 sollen für die Fahrzeugabstellung und Zugbehandlung wieder 12 der 25 Richtungsgleise zur Verfügung stehen (insgesamt 5800m Gleislänge).

Im östlichen Bahnhofsbereich werden zurzeit sieben Gleise für die Abstellung von Lokomotiven und die Betankung von Dieselloks genutzt. Dieser Abstellbereich wird weitergenutzt bzw. in seiner Kapazität noch erweitert. Für den Servicepoint für Schienenfahrzeuge werden die erforderlichen Gleise und Werkstattgebäude der ehemaligen Wagenausbesserung hergerichtet.

Transportverlagerungen auf die Schiene erfordern ausreichende Schieneninfrastruktur

Das Engagement der RLC ist ein Schritt in die richtige Richtung, um das verkehrspolitische Ziel zu erreichen, künftig deutlich mehr Gütertransporte über den umweltschonenden Schienenverkehr abzuwickeln anstatt in endlosen Lkw-Kolonnen auf einem vielfach überlasteten Fernstraßennetz. So ist in Wustermark z. B. auch der schrittweise Ausbau bahnaffiner Logistik-Leistungen geplant; begonnen wird mit der Errichtung einer Ladestraße für Baustoffe und Holz. Von strategischer Bedeutung ist außerdem die Verknüpfung mit dem in unmittelbarer Nähe liegenden Güterverkehrszentrum Wustermark bzw. die Nutzung entsprechender Synergiepotenziale.

Unverständlich bleibt die Tatsache, dass die Bahnanlagen des Rangierbahnhofs Wustermark erst durch den ausdauernden Einsatz eines privaten Unternehmens einer neuen Nutzung zugeführt werden konnten, obwohl es eigentlich staatliche Aufgabe wäre, Kapazitätsreduzierungen des Bundesschienennetzes zu verhindern. Angesichts des prognostizierten Güterverkehrswachstums, der Abhängigkeit von endlichen (!) Erdölvorräten, dementsprechend steigender Kraftstoffpreise und wichtiger Klimaschutzziele ist es Pflicht der Politik, endlich Rahmenbedingungen zu schaffen, die dem energieeffizienten Schienenverkehr ein deutliches Wachstum ermöglichen. Dies ist jedoch mit der Duldung jährlicher Kapazitätsreduzierungen bzw. Demontagen im Schienennetz nicht vereinbar!

Weitere Informationen unter www.RLCW.de

Deutscher Bahnkunden-Verband

aus SIGNAL 4/2008 (September 2008), Seite 18

 

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