Dieser Begründung wollten nicht alle Insider
folgen. So berichtete der Betriebsrat der
S-Bahn, dass die Wintervorbereitung in den
Werkstätten vernachlässigt wurde, weil massiv
Personal abgebaut worden war und die
verbliebenen Mitarbeiter mit zusätzlichen
Aufgaben vollständig ausgelastet seien. Hinzu
kommt ein hoher Krankenstand bei den
Triebfahrzeugführern, die den ständigen
Warm-Kalt-Wechsel beim Selbstabfertigen
der Züge schlecht verkraften. Vor dem Türenschließen
müssen die Tf den Führerstand
verlassen und auf den Bahnsteig treten, um
die Türen von außen zu beobachten.
Trotz Betriebschaos warb die S-Bahn auf ihrer Website selbstbewusst mit ihrer Winterfestigkeit.
Abb: www.s-Bahn-berlin.de, 8.1.2009
Eine einsatzfähige Fahrzeugreserve steht
zurzeit nicht zur Verfügung, da bei vielen
Wagen
der Baureihe 485 Risse in den Bodenblechen
saniert und bei allen Wagen
der Baureihe 481 die Achsen auf Risse untersucht
werden müssen. Etliche Wagen
wurden erst kürzlich verschrottet.
Der Betriebsrat wirft der S-Bahn-Führung
vor, im Sparwahn zu viel Personal abgebaut
und die Fahrplan- und Sicherheitsstandards
so knapp kalkuliert zu haben, dass damit ein
Regelbetrieb unter günstigen Umständen
gerade noch unter Einhaltung der vertraglich
festgelegten Qualitätsstandards erbracht
werden kann. Unter leicht erschwerten Bedingungen
wie Schneefall funktioniert diese
Strategie aber nicht mehr.
Die Verkehrssenatorin Ingeborg Junge-
Reyer hat deutliche Kritik an den Leistungen
der S-Bahn geübt und angekündigt, dass für
das Jahr 2008 fünf Millionen Euro als „Pönale“
für Schlechtleistung vom Bestellerentgelt
einbehalten werden sollen.
Wahrscheinlich fällt die kaufmännische
Bilanz der DB AG auch danach noch positiv
aus: Die Einsparungen aus dem Kostenabbau
bei der S-Bahn liegen wohl weit über
5 Millionen Euro, so dass für den Konzern unterm
Strich finanziell immer noch ein dickes
Plus übrig bleibt – also eine Erfolgsgeschichte?
Für die Börsenbilanz der DB trifft das
(vorerst) zu, für die Fahrgäste und für Berlin
keinesfalls. Hier muss sich die Windrichtung
endlich wieder ändern, die Sparschraube
wurde überdreht. Die Fahrgäste brauchen
die S-Bahn als zuverlässiges Verkehrsmittel
und nicht als börsennotierte Schönwetterbahn,
die beim ersten richtigen Winterwetter
zusammenbricht.
Positiv ist die Ankündigung von Senatorin
Junge-Reyer, die nicht ausgegebenen
5 Millionen Euro für zusätzliche Aufzüge auf
U-Bahnhöfen zu verwenden und nicht dem
ÖPNV zu entziehen. Die BVG profitierte übrigens
gleich doppelt vom S-Bahn-Chaos. Die
Negativschlagzeilen der S-Bahn verdeckten,
dass auch die Busfahrgäste der BVG von erheblichen
Störungen betroffen waren. IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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