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Grundlage für die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung
ist der grundgesetzliche
Gewährleistungsauftrag des Bundes
für die Eisenbahninfrastruktur entsprechend
Art. 87e Abs. 4 GG. Auch bislang
kam der Bund dieser Pflicht nach, indem er
Finanzmittel für Neubau-, Ausbau- und Ersatzinvestitionen
gewährt hat (in der Praxis
als nicht rückzahlbare Baukostenzuschüsse).
Während bislang aber auf Grundlage
von Rahmen- und Sammelvereinbarungen
eine einzelmaßnahmenbezogene Finanzierung
von Ersatzinvestitionen ohne qualitative
Vorgaben stattfand, wird der Einsatz
der Bundesmittel mit der LuFV nunmehr
qualitätsorientiert gesteuert. Ziel ist es, zu
einer höheren Effizienz des Einsatzes der
Bundesmittel, aber auch der Eigenmittel
der Eisenbahninfrastrukturunternehmen
zu gelangen und auf diese Weise eine Verbesserung
des Infrastrukturzustands zu
erreichen. Insofern ist mit der LuFV eine
entscheidende Reform der Infrastrukturfinanzierung
erreicht worden. Der Vertrag
gilt bis 2013.
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Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung ist so gestaltet, dass die DB Netz AG den Konzentrationsprozess auf die aus Sicht der Bahn wichtigsten Strecken fortsetzen kann, zum Beispiel ICE-Strecken wie hier am Kölner Hauptbahnhof. Fotos: Christian Schultz |
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Der Bund verpflichtet sich, im Rahmen
dieser Vereinbarung zweckgebundene Zahlungen
zur Durchführung von Ersatzinvestitionen
in die Schienenwege in Höhe von 2,5
Milliarden Euro pro Kalenderjahr zu leisten.
Davon entfallen anteilig
- 88 % auf die DB Netz AG (2,2 Milliarden Euro)
- 10 % auf die DB Station & Service AG (250 Millionen Euro) und
- 2 % auf die DB Energie GmbH (50 Millionen Euro).
Für bis zu 10 % des Infrastrukturbeitrags
können die EIU eine anderweitige Aufteilung
vereinbaren. Die EIU müssen 20 % des
Infrastrukturbeitrags
für Maßnahmen verwenden,
die dem Schienenpersonennahverkehr
dienen. Hierzu ist eine Abstimmung mit
dem jeweiligen Bundesland erforderlich.
Risiken durch ungenügende
Detailregelungen
Es besteht für die EIU im Übrigen die Pflicht,
während der Vertragslaufzeit eigene Finanzmittel
für die Instandhaltung der Schienenwege
einzusetzen. Ausgangspunkt wird für
2009 ein Mindestinstandhaltungsbeitrag
von 1,25 Milliarden Euro sein; danach ist aber
eine Reduzierung dieses Anteils auf jährlich
1,0 Milliarden Euro möglich. Diese Regelung
ist angesichts des heute bestehenden
Instandhaltungsrückstaus speziell auf etlichen
Strecken des Regionalverkehrs völlig
unverständlich. Unabhängig von der Frage,
ob die benannten Finanzmittel tatsächlich
ausreichen werden, um die angestrebten
Qualitätsziele zu erreichen, fehlt mindestens
eine Klausel, mit der die jährlichen Kostensteigerungen
ausgeglichen werden.
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Es ist zweifelhaft, ob der Instandhaltungsrückstand speziell auf Regionalstrecken mit den in der LuFV vorgesehenen Finanzierungsbeträgen tatsächlich abgebaut werden kann. Ein Beispiel von vielen: Die abgebildete Spreebrücke im Verlauf der Strecke Fürstenwalde—Bad-Saarow ist nur noch für 50 km/h zugelassen, die kurz dahinter liegende Brücke über die Bahnstrecke Berlin—Frankfurt (Oder) gerade noch für 30 km/h! Foto: Ch. Schultz |
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Eine volumenbedingte Anpassung des Infrastrukturbeitrags
des Bundes erfolgt mit
Wirkung für das nächste Kalenderjahr, wenn
die Betriebslänge der im Infrastrukturkataster
enthaltenen Strecken die Betriebslänge
zum Inkrafttreten der Vereinbarung um 2 %
über- oder unterschreitet. Für mehr Strecken
gibt es also auch mehr Geld – und umgekehrt.
Das hört sich plausibel an, wird aber
durch die 2-Prozent-Regelung zum Problem.
Denn damit wurde ein völlig unnötiger
Anreiz für Streckenstilllegungen geschaffen,
trotz des natürlich weiterhin geltenden
§ 11 AEG. Ein Schrumpfen des Netzes im
benannten 2-Prozent-Rahmen bleibt ohne
Auswirkungen auf den Infrastrukturbeitrag
des Bundes!
In den nachfolgend genannten Fällen ist
eine Finanzierung von Ausbaumaßnahmen
für den Schienenpersonennahverkehr aus
Infrastrukturbeiträgen des Bundes in der
Regel ausgeschlossen:
- für Strecken (einschließlich zugehöriger
Bahnhöfe/Stationen), wenn eine Querschnittsbelastung
von mindestens 1000
Reisendenkilometer je Kilometer Betriebslänge
an Werktagen nicht erreicht wird;
- für Bahnhöfe/Stationen an mehrgleisigen
Strecken bzw. Streckenabschnitten mit
niveaufreiem Reisendenzugang, wenn
der Grenzwert von mindestens 1000 Ein-/
Aus-/Umsteigern pro Werktag nicht erreicht
wird;
- für sonstige Bahnhöfe/Stationen insbesondere
an eingleisigen Strecken, wenn
der Grenzwert von mindestens 100 Ein-/
Aus-/Umsteigern pro Werktag nicht erreicht
wird.
Bei Unterschreitung dieser Grenzwerte
bleibt es somit den Ländern überlassen, finanziell
entsprechend einzuspringen, oder
aber den Verfall der betroffenen Schieneninfrastruktur
und im schlimmsten Fall eine
Stilllegung aus technischen Gründen zu akzeptieren.
Pflicht zum jährlichen Bericht
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Bahnhof Müncheberg (Mark) an der Strecke Berlin—Kostrzyn. Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung bietet der DB Netz AG große Spielräume; so fehlt u. a. eine sanktionsbewehrte Kennzahl für die Entwicklung der Kapazität. Die Ostbahn ist nur ein Beispiel von vielen, wo die DB Bahnanlagen in den vergangenen Jahren zurückgebaut hat. Foto: Christian Schultz |
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Die EIU sind verpflichtet, dem Bund – d. h.
dem Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung und dem Bundesministerium
für Finanzen – jährlich einen Infrastrukturzustands-
und Entwicklungsbericht vorzulegen. Dieser Bericht muss ein Infrastrukturkataster
enthalten. Damit soll nachgewiesen
werden, dass die Verpflichtungen
zur Erhaltung der Schieneninfrastruktur bzw.
eines uneingeschränkt nutzbaren Zustands
im abgelaufenen Kalenderjahr erfüllt wurden.
Dies soll über folgende Qualitätskennzahlen
erreicht werden:
- DB Netz AG: Theoretischer Fahrzeitverlust
im Fern- und Ballungsnetz, in den Regionalnetzen
sowie im gesamten Netz
- DB Netz AG: Gleisgeometrie
- DB Netz AG: Funktionalität Bahnsteige
und Bewertung Anlagenqualität der DB
RegioNetz Infrastruktur GmbH
- DB Station & Service AG: Funktionalität
Bahnsteige und Bewertung Anlagenqualität
- DB Energie GmbH: Versorgungssicherheit
Bahnenergie
Für die Qualitätskennzahl „Theoretischer
Fahrzeitverlust“ werden alle Infrastrukturmängel
berücksichtigt, die länger als
180 Tage bestehen – ein sehr großzügig gesetzter
Grenzwert!
Unverständlich ist, dass die Qualitätskennzahl
„Gleisgeometrie“ erst mit Wirkung zum
1. Januar 2010 berücksichtigt wird, ebenso
die Kennzahl „Bewertung Anlagenqualität“.
Es fällt des Weiteren auf, dass eine Qualitätskennzahl
„Anlagenalter“ in diesem Rahmen
gar nicht auftaucht bzw. damit nicht
sanktionsbewehrt ist. Ein im Durchschnitt
ansteigendes Anlagenalter weist jedoch
auf ein zu geringes Investitionsniveau hin,
die Störanfälligkeit an Gleis- und Zugsicherungsanlagen
erhöht sich in der Regel
mit zunehmendem Alter. Nicht enthalten
ist auch eine sanktionsbewehrte Kapazitätskennzahl.
Diese wäre jedoch vor dem
Hintergrund zum Teil massiver Rückbaumaßnahmen
im Schienennetz dringend
notwendig. Bei Verfehlen der Qualitätskennzahlen
ist der Bund berechtigt, den
Infrastrukturbeitrag teilweise zurückzufordern.
Um die notwendige Transparenz zu gewährleisten,
muss, entgegen der derzeitigen
Regelung, der Infrastrukturzustands- und
Entwicklungsbericht u. a. der Fachöffentlichkeit
und interessierten Verbänden zugänglich
gemacht werden! Angesichts der Tatsache,
dass der Erhalt des Schienennetzes zu
einem wesentlichen Teil mit Steuergeldern
finanziert wird, sollte es selbstverständlich
sein, diese Informationen auch der interessierten
Öffentlichkeit, d. h. den Steuerzahlern,
zur Verfügung zu stellen!
Es muss sich in den kommenden Jahren
zeigen, ob mit der vorliegenden Leistungsund
Finanzierungsvereinbarung das Ziel
erreicht wird, die Schieneninfrastruktur
langfristig in heutigem Umfang mit deutlich
weniger Qualitätsmängeln zu erhalten.
Wohl kaum zufriedenstellende Folgen einer
unterfinanzierten Infrastruktur wären
ein Verfall des Netzes oder aber drastische
Erhöhungen der Nutzungsentgelte. Keinesfalls
darf auch akzeptiert werden, dass die
DB Netz AG mittels der LuFV einen Konzentrationsprozess
auf die aus ihrer Sicht wichtigsten
Strecken vollzieht.
Die Nachfolge-LuFV ab 2014 muss daher
Korrekturen zu den genannten Problemen
bzw. verbesserte Detailregelungen und
Kontrollmechanismen beinhalten. Deutscher Bahnkunden-Verband
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