Anmerkung der Signal-Redaktion:
Vor einem Jahr veröffentliche das Ministerium für Infrastruktur
und Raumordnung des Landes Brandenburg die Nutzen-Kosten-
Untersuchungen zur Wiederinbetriebnahme der S-Bahn zwischen
Berlin-Spandau und Falkensee sowie zum Wiederaufbau
der Stammbahn zwischen Griebnitzsee und Potsdamer Platz (vgl.
SIGNAL 2/2008). Für die S-Bahn ins Havelland wurden die Untersuchungen
und mögliche Konsequenzen in zwei IGEB-Artikeln ausführlich
analysiert (vgl. SIGNAL 3/2008). Wie es mit der Potsdamer
Stammbahn weitergehen kann, war Thema eines DBV-Beitrags
(vgl. SIGNAL 6/2008). In diesem Heft folgt nun eine Analyse und
Bewertung der Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Stammbahn
durch die Bürgerinitiative Stammbahn. Mit Schreiben vom 17. Juni
2008 hatte sie, der Aufforderung des Staatssekretärs zur Abgabe
schriftlicher Stellungnahmen folgend, an den zuständigen Minister
geschrieben und drei Monate später von seiner Verwaltung eine
„Zwischennachricht“ erhalten. Die Überschriften wurden zum besseren
Verständnis von der SIGNAL-Redaktion eingefügt.
|
RE 1 von Frankfurt (Oder) nach Brandenburg Hbf in Berlin Alexanderplatz. Fast alle für die Wiederinbetriebnahme der Stammbahn untersuchten Varianten sehen eine Brechung jedes oder jedes zweiten RE 1 in Berlin vor – und wurden somit von vornherein für den Papierkorb erarbeitet. Foto: Marc Heller |
|
Sehr geehrter Herr Minister Dellmann, auf
der Basis der Nutzen-Kosten-Untersuchung
zur Stammbahn sowie der Präsentation der
Ergebnisse am 21. April 2008 in Ihrem Haus
hat die Bürgerinitiative Stammbahn eine
Stellungnahme erarbeitet, die wir Ihnen
gerne übermitteln.
Unsere Analyse der Nutzen-Kosten-Untersuchung
zur Stammbahn orientiert sich am
Aufbau des Gutachtens. Das befasst sich zunächst
mit dem sogenannten Ohnefall [Das
ist eine Variante, wie sich der Verkehr entwickelt,
wenn die Stammbahn nicht wieder in
Betrieb genommen würde. Red.], anschließend
werden Mitfall-Varianten betrachtet.
[Das sind unterschiedliche Betriebskonzepte
für eine wiederaufgebaute Stammbahn.
Unter diesen Mitfall-Varianten wurde eine
Vorzugsvariante ausgewählt und vertiefend
untersucht. Red.] Die Rahmenbedingungen
für die einzelnen Varianten wurden dem
Gutachter von den Ländern Berlin und Brandenburg
sowie vom Bund vorgegeben.
1. Der Ohnefall
In Kapitel 4 werden die Rahmenbedingungen
für den Fall ausgeführt, dass es 2015
keine wiederaufgebaute Stammbahn gibt.
Dabei sind eine Reihe
von Feststellungen
auffällig, die isoliert betrachtet nicht von
großem Gewicht sind, aber in der Summe
natürlich das Endergebnis beeinflusst haben.
So wird für das Land Berlin behauptet:
„Maßgeblich für die Potsdamer Stammbahn
sind die Entwicklungen im Bezirk Steglitz-
Zehlendorf“ (Seite 22). Diese Bewertung
vernachlässigt die Bedeutung des Bezirkes
Mitte, in dem für die Stammbahn im Mitfall
drei Halte (Potsdamer Platz, Hauptbahnhof,
Gesundbrunnen) vorgesehen sind
und für den ein Zuwachs der Beschäftigtenzahlen
von 2005 bis 2015
um 15 Prozent prognostiziert wird.
Für das Land Brandenburg werden
„Prognosestrukturdaten lediglich
für die Landeshautstadt Potsdam
und die Gemeinde Kleinmachnow
berücksichtigt“ (Seite 22). Warum
wurden die an Kleinmachnow angrenzenden
Kommunen Teltow
und Stahnsdorf ausgeklammert?
Außerdem hätten die Gemeinden
südwestlich von Potsdam (Schwielowsee,
Michendorf, Seddiner See)
einbezogen werden müssen, wo für den
Ausbildungs- und Berufsverkehr wichtige
Quellgebiete und für den Ausflugsverkehr
wichtige Zielgebiete der Stammbahn liegen,
wenn die RB 22 – wie in der Vorzugsvariante
vorgesehen – auf die Stammbahn verlängert
wird.
Unverständlich ist auch, dass die im Gutachten
angegebenen Einwohnerzahlen bei
Berlin und Kleinmachnow deutlich nach unten
abweichen. So wird für Berlin im Bestand
(2005) mit 3,33 Mio und in der Prognose für
2015 mit 3,35 Mio Einwohnern gerechnet,
obwohl Berlin nach Angaben des Statistischen
Landesamtes bereits heute etwas
über 3,4 Mio Einwohner hat – Tendenz leicht
steigend. Auch der Prognosewert für Kleinmachnow
liegt mit 19 361 deutlich unter
allen bekannten Prognosen, die einen Einwohnerzuwachs
auf über 20 000 erwarten.
Absurd ist beim Ohnefall, dass für das
ÖPNV-
Netz eine U 5 vom Alexanderplatz
über Hauptbahnhof zur Turmstraße angenommen
wird. Auch wenn diese Annahme
sicher ohne Belang für den Nutzen-Kosten-
Faktor der Stammbahn ist, so verwundert
doch, dass ein U-Bahn-Neubau angenommen
wird, der 2015 mit Sicherheit nicht
fertig ist und der auf dem Abschnitt Hauptbahnhof—
Turmstraße sogar langfristig
zurückgestellt wurde. Andererseits fehlt in
der Aufstellung die Straßenbahn zur Wissenschaftsstadt
Adlershof, obwohl diese 2015
mit hoher Wahrscheinlichkeit fahren kann.
Solche Merkwürdigkeiten schwächen das
Vertrauen in die Untersuchungsergebnisse
unabhängig von ihrer rechnerischen Relevanz.
Ähnlich viele Ungereimtheiten gibt es
auch in dem für 2015 zugrunde gelegten
Regionalverkehrskonzept. Es beschreibt
einen Prognosezustand, der mit keiner der
aktuellen Planungen übereinstimmt, vor
allem nicht mit dem im Januar 2008 fertig
gestellten brandenburgischen Landesnahverkehrsplan
2008 bis 2012 bzw. 2020. Das
gilt vor allem für den Flughafen-Express. Es
wird im Gutachten angenommen, dass dieser
drei Mal pro Stunde zwischen Berlin Hbf
und BBI pendelt und zusätzlich ein RE diese
Relation bedient. Daher werden die Züge der
Stammbahn alle über den Hauptbahnhof hinaus
bis Gesundbrunnen geführt, was sich
nachteilig auf den Nutzen-Kosten-Wert auswirkt.
Aber ein Enden der Stammbahnzüge
im Hauptbahnhof sei, so der Gutachter am
21. April 2008 mündlich, von DB Netz ausgeschlossen
worden, weil dort die Flughafenzüge
enden. Merkwürdig ist nur, dass das
Stammbahn-Gutachten von drei endenden
Flughafenzügen ausging, das aktuelle BBIErschließungskonzept
nach Fertigstellung
der Dresdener Bahn aber vier (!) vorsieht.
Es scheint also Kehrkapazitäten zu geben,
die man der Stammbahn nicht zugestehen
wollte.
2. Die Mitfall-Varianten
Besonders verwunderlich sind die der Untersuchung
zugrunde gelegten Mitfall-Varianten,
die dem Gutachter nach eigenem
Bekunden alle samt vorgegeben wurden.
2.1 Brechung des RE 1 in Berlin
In der ersten Mitfallvariante, im Gutachten
bezeichnet als A 11, wird der halbstündlich
von Westen kommende RE 1 ab Griebnitzsee
über die Stammbahn bis Berlin-Gesundbrunnen
geführt. Der östliche Ast des RE 1
wird durch einen RE 11 halbstündlich zwischen
Berlin-Charlottenburg und Frankfurt/
Oder bedient. Eine solche „Brechung“ des
RE 1, der mit Abstand wichtigsten und populärsten
Bahnlinie im Land Brandenburg, ist
ein Vorschlag, der in grober Weise brandenburgische
Landesentwicklungsplanung, Verkehrsplanung
und – nicht zu unterschätzen –
Emotionen negiert. Den Gutachter diese
niemals durchsetzbare Variante rechnen zu
lassen, war Zeit- und Geldverschwendung.
2.2 Brechung jedes zweiten RE 1
Ähnlich unverständlich sind die Untersuchungen
zur Variante D mit mehreren Untervarianten.
Hier wird ein RE 1 pro Stunde
unverändert belassen und einer
wie bei Variante A 11 gebrochen.
Neben den vorstehend genannten
grundsätzlichen Bedenken
zur RE1-Brechung kommt hier
noch hinzu, dass zu den Tageszeiten,
zu denen der RE 1 nur
stündlich fährt, die Stammbahn
nur noch von Zügen mit verkürztem
Laufweg (Potsdam
Hbf—Berlin-Gesundbrunnen)
befahren werden könnte.
Als Besonderheit wurden bei
der D-Variante mehrere Untervarianten
analysiert. So wurde eine
Einsparung durch Verzicht auf die HVZ-Verstärkerzuggruppe
auf der S-Bahn-Linie 1 gerechnet
(D 11a). Außerdem wurden Varianten
mit zusätzlichem Halt der Stammbahnzüge
in Schöneberg (D 11b) und in Schöneberg
und Steglitz (D 11c) gerechnet.
Fragen muss man jedoch, warum die Halte
in Schöneberg und Steglitz nur in einer
Untervariante gerechnet wurden und keine
Setzung zumindest für die Mehrzahl der
Varianten war, insbesondere für die spätere
Vorzugsvariante E 1. Hier zeigt sich eine
Parallele zur Variante A 11. Denn so, wie es
viele Brandenburger als Affront empfänden,
wenn der RE 1 in Berlin gebrochen würde, so
würden es das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf,
die Händler der Schloßstraße und viele
Fahrgäste als Affront empfinden, wenn die
Züge der Stammbahn an Steglitz, dem Umsteigeknoten
und wichtigsten Einkaufszentrum
im Berliner Südwesten, vorbeiführen.
Auf ähnliches Unverständnis würde ein
Verzicht auf einen Halt in Schöneberg mit
der Umsteigemöglichkeit zur Ringbahn und
damit u. a. zum Fernbahnhof Südkreuz stoßen.
Außerdem würden viele Berliner Innenstadtbewohner
gegen diese Neuauflage der
„Bankierszüge“ protestieren, die nur die Potsdamer
und Zehlendorfer schnell zu ihren Arbeitsplätzen
bringen, die aber nicht für den
Ausflugsverkehr in die attraktiven
Wald- und Seengebiete
genutzt werden können.
|
Bus 115 am Fehrbelliner Platz zur Abfahrt nach Düppel-Süd. Dort, so die Rechnung der Gutachter, soll der Bus eine geringfügig zum Regionalbahnhof Düppel-Kleinmachnow verlegte Endstelle erhalten, wofür Kosten eines zusätzlichen Fahrzeugs und jährlich 1905 zusätzliche Fahrerstunden berechnet wurden. Sinnvolle Busnetzanpassungen wurden demgegenüber nicht untersucht und berechnet. Foto: Marc Heller |
|
Unverständlich ist auch,
dass der Verzicht auf die Verstärkerzüge
der S 1 und die
beiden zusätzlichen Halte
der Regionalzüge alternativ
und nicht in einer Variante
gerechnet wurden. Denn vertretbar
ist der Verzicht auf die
Verstärkerzüge natürlich am
ehesten dann, wenn es mit
den zusätzlichen Halten auch
ein zusätzliches Angebot auf
der Wannseebahn gibt.
2.3 RB 21 und 22 auf die Stammbahn
In der dritten Mitfall-Variante
(E 1) bleibt der RE 1 unverändert.
Stattdessen verkehren
auf der Stammbahn die Züge
der verlängerten RB 21, die
heute von Wustermark kommend in Griebnitzsee
enden, und die von Schönefeld
über Michendorf kommenden und heute
in Potsdam Hbf endenden Züge der RB 22.
Die Flughafen-Anbindung ist allerdings
ohne Relevanz, weil von Berlin aus die Fahrt
über Potsdam ein zu großer Umweg wäre.
Doch die anderen Vorteile dieser Variante
überwiegen, so dass sie als Vorzugsvariante
vertiefend untersucht wurde.
Nicht erkennbar ist aus dem Gutachten,
wie lange die Züge abends verkehren und
ob dann durch Überlagerung von RB 21 und
RB 22 noch ein Halb-Stunden-Takt gefahren
wird. Hier gäbe es ggf. ein Einsparpotenzial.
Ein anderes Einsparpotenzial nennt der
Gutachter selber, ohne es aber einzurechnen:
Einsatz von leichteren und schnelleren
Triebzügen statt der lokbespannten Züge
mit Doppelstockwagen.
|
Die sogenannten Mitfallvarianten der Nutzen-Kosten-Untersuchung für die Wiederinbetriebnahme der Potsdamer Stammbahn. Ein Strich steht für einen Zug je Stunde und Richtung. Fünf der sechs untersuchten Varianten sehen eine vollständige bzw. teilweise Brechung der Regionalexpresslinie RE 1 vor. Das ist unbegreiflich, da eine solche Brechung der brandenburgischen Vorzeigelinie unrealistisch und unsinnig ist. Grafik: IGEB/Florian Müller |
|
Auf Abwege gerät die Untersuchung der
Variante E 1 dann aber bei der Busanpassung.
Hier wird angenommen, dass die heute
nahe des geplanten Bahnhofs Düppel-Kleinmachnow
endende BVG-Buslinie 115 von der
bisherigen Endstelle zum neuen Bahnhof
verlängert wird. Das ergibt laut Gutachten
jährliche Zusatzkosten von 363.000 Euro für
einen zusätzlichen Gelenkbus und erhöhte
Betriebskosten. Doch diese Verlängerung ist
vollkommen überflüssig. Zum einen ist der
Umsteigeweg von der heutigen Endstelle
nur sehr kurz, zum anderen wird es kaum
Umsteiger geben, weil fast alle Fahrgäste
am Bahnhof Zehlendorf zwischen Stammbahn
und Bus 115 umsteigen werden.
Demgegenüber wird ein sich aufdrängendes
Einsparpotenzial bei der Buslinie 620
nicht berücksichtigt. Dabei könnten hier die
teuren Verstärkerfahrten zwischen Europarc
Dreilinden und Bahnhof Wannsee entfallen.
Unverständlich ist auch, warum nicht weitere
Anpassungen des Busnetzes im Raum
Kleinmachnow/Stahnsdorf betrachtet wurden.
3. Weiterer Untersuchungsbedarf
Der für die Vorzugsvariante ermittelte Nutzen-
Kosten-Faktor von 0,64 liegt deutlich
unter dem Schwellenwert von 1,0. Andererseits
wurde die Vorzugsvariante E 1 mit
Rahmensetzungen und Annahmen gerechnet,
die ein gutes Ergebnis ausschlossen. Wir
fordern daher, die Variante E 1 mit
folgenden veränderten Vorgaben nochmals zu
rechnen:
- Befahrung der Stammbahn mit den Zügen der RB 21 und RB 23 (Michendorf—Potsdam Hbf) auf der Grundlage des Landesnahverkehrsplans
- Halte in Steglitz und Schöneberg
- Enden in Berlin Hbf statt Gesundbrunnen
- Einsatz leichter und schneller Triebzüge
- Einsparungen bei den HVZ-Verstärkern der S1
- Einsparungen beim Bus (keine Verlängerung 115, Reduzierung 620)
- Höhere Beschäftigtenzahlen im Europarc Dreilinden (6000 Arbeitsplätze)
- Höhere Einwohnerprognosedaten
Außerdem sollten grundsätzliche Alternativen
untersucht werden. Da insbesondere die
hohen Infrastrukturkosten auf dem Berliner
Abschnitt den Nutzen-Kosten-Faktor nach
unten gedrückt haben, sollte eine S-Bahn-
Variante gerechnet werden, in der die in
Zehlendorf endenden S1-Verstärkerzüge auf
die Stammbahn verlängert werden, entweder
bis Griebnitzsee oder alternativ nur bis
zum Europarc.
Als weitere Variante sollte der Einsatz von
Zwei-System-Fahrzeugen untersucht werden,
die auf der RB 21 und RB 23 eingesetzt
werden, über die Stammbahn bis Zehlendorf
verkehren, ab hier die S-Bahn-Gleise nutzen
und am nördlichen Ende der Wannseebahn
die vorhandenen Bauten zur Einführung in
den Nord-Süd-Tunnel mit Anbindung des
Hauptbahnhofs und ggf. Gesundbrunnen
nutzen.
Abschließend bittet die Bürgerinitiative
Stammbahn, bei der Auswahl weiterer Untersuchungsvarianten
frühzeitig beteiligt zu
werden.
4. Zwischennachricht
Auf die vorstehend abgedruckte Stellungnahme
erhielt die Bürgerinitiative Stammbahn
von der Verwaltung des Ministers am
13. Oktober folgendes Schreiben: „Sehr geehrte
Damen und Herren, ich danke Ihnen
für Ihre Hinweise und Stellungnahmen zur
verkehrlichen Voruntersuchung und Standardisierten
Bewertung für die Wiederinbetriebnahme
der Potsdamer Stammbahn.
Ihre Stellungnahmen sind mir bis Mitte Juli
2008 zugegangen. Ihre Hinweise wurden
ausgewertet und mit dem Gutachter erörtert.
Nach Abstimmung mit der Senatsverwaltung
für Stadtentwicklung des Landes
Berlin als gemeinsamer Auftraggeber der
Untersuchung werde ich unter Berücksichtigung
Ihrer Hinweise zum Untersuchungsergebnis
abschließend Stellung nehmen.“
5. Wie weiter?
Vor acht Monaten schrieb die Bürgerinitiative
Stammbahn an den Minister für Infrastruktur
und Raumordnung, Reinhold Dellmann,
und erhielt seither von seiner Verwaltung
lediglich eine Zwischennachricht. Die
darin in Aussicht gestellte Stellungnahme
liegt auch vier Monate später noch nicht vor.
Das verdeutlicht, dass das Land nicht nur
die Wiederinbetriebnahme der Stammbahn
nicht will, sondern auch keine Diskussion
über die Stammbahn – schon gar nicht in
den Monaten vor der Landtagswahl.
Die Stammbahn muss als gemeinsames
Projekt der Länder Brandenburg und Berlin
entwickelt werden. Aber Brandenburg und
Berlin haben für die Metropolregion Berlin
bis heute kein gemeinsames Zukunftskonzept
für die Entwicklung des Bahnverkehrs.
Strecken, die nicht in den Jahren der Nach-
Wende-Euphorie wieder in Betrieb genommen
wurden, liegen auch im 20. Jahr nach
dem Mauerfall brach. Brandenburg und Berlin
richten ihre gesamte Energie nicht etwa
auf eine Schließung der teilungsbedingten
Lücken im Regional- und S-Bahn-Netz,
sondern auf jahrelange Untersuchungen,
in denen ein vermeintlich unzureichender
volkswirtschaftlicher Nutzen nachgewiesen
wird. So soll das Nichtstun verdeckt
werden. Aspekte wie Erdölverknappung,
Umweltschutz, Klimawandel, Mobilität für
Menschen ohne Auto usw. werden hierbei
ausgeblendet.
Dabei haben alle bisherigen Studien gezeigt,
dass auf der Stammbahn schon heute
hohe Fahrgastzahlen zu erwarten sind, die
den Schienenverkehr rechtfertigen. Deshalb
muss dringend neu geplant und neu gerechnet
werden. Wichtig sind dabei Rahmensetzungen,
die nicht mehr so verzerrt sind, dass
zwangsläufig jeder Nutzen-Kosten-Faktor
nach unten rutscht. Wichtig ist außerdem,
dass Alternativen für den Regionalverkehr
und für die S-Bahn vorurteilsfrei untersucht
werden, die aus unbekannten Gründen bisher
ausgeblendet wurden.
Bei allen weiteren Überlegungen muss
außerdem berücksichtigt werden, dass der
zunehmende Verkehr zwischen Potsdam
und Berlin künftig ohnehin zusätzliche
Angebote erfordert. Würde man statt der
schon mehrfach diskutierten Bestellung
weiterer Züge auf dem RE 1 Schienenverkehr
auf der Stammbahn bestellen, könnten mit
dem zusätzlichen Angebot zugleich neue
Fahrgastpotenziale erschlossen werden.
Diese wenigen Überlegungen zeigen,
dass es viele Möglichkeiten gibt und dass in
der nächsten Stufe alle Schienenvarianten
noch einmal unvoreingenommen
diskutiert werden sollten,
bevor man sich dann zügig
auf die erfolgversprechenden
Konzepte beschränkt.
Potsdam und Berlin ebenso
wie die Region um Kleinmachnow,
Teltow und Stahnsdorf
brauchen für ihre Entwicklung
attraktiven Bahnverkehr.
Hierfür ist die Stammbahn ein
großes und zugleich unverzichtbares
Potenzial. Um diese
Chance in der Zukunft nutzen
zu können, muss jedoch heute
mit den Planungen und morgen
mit den Bauarbeiten begonnen
werden. Fortgesetzter
Stillstand wäre Rückschritt.
Die Nutzen-Kosten-Untersuchung
zur Wiederinbetriebnahme
der Potsdamer Stammbahn
ist im Internet verfügbar unter
www.mir.brandenburg.de
Mehr über die Bürgerinitiative
Stammbahn erfahren Sie unter
www.stammbahn.de Bürgerinitiative Stammbahn
|