Während der BVG-Busbetrieb jedes Jahr im
Durchschnitt über hundert neue Fahrzeuge
bekommt, muss der Straßenbahnbetrieb
noch immer mit den alten Tatrawagen auskommen,
die andernorts, z. B. in Dresden,
Rostock und Erfurt, bald ausgemustert sein
werden. Dadurch ist bei der Tram noch immer
kein vollständig barrierefreies Angebot
möglich und es müssen vielfach zu kleine
Züge eingesetzt werden.
GT6: behindertenfreundlich,
aber Platzmangel
Bei der Bestellung der neuen Tramgeneration
für Berlin dürfen die Fehler der 1990er
Jahre nicht wiederholt werden. Damals hatten
Senat und BVG den Spagat zwischen
großen Zielen und knapper Kasse nicht
geschafft und sich für 100-Prozent-Niederflurfahrzeuge
statt preiswertem Umbau
der Tatras entschieden. Die Folge war der
Verzicht auf die lange Version der neuen
behindertenfreundlichen Niederflurbahnen.
Stattdessen wurde nur die 27 m kurze
Ausführung als GT6 beschafft. Dadurch hat
die BVG auf wichtigen Linien noch immer
nur die Wahl zwischen zu wenigen behindertenfreundlichen
Fahrten oder zu wenig
Platz für alle Fahrgäste.
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Flexity-Prototyp der BVG in der langen 40-Meter-Version. Diese Fahrzeuge werden dringend gebraucht und müssen endlich bestellt werden. Foto: leitstreifen.de Bildarchiv |
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Mit der Beschaffung der Flexity-Fahrzeuge
kann die BVG diese Probleme auf einen
Schlag lösen. Vorausschauend wurden die
Prototypen in allen vier möglichen Varianten
beschafft, so dass sie auf sämtlichen
in Frage kommenden Strecken erprobt
werden konnten. Offensichtlich sind gravierende
Mängel ausgeblieben, so dass
die Straßenbahnfahrgäste für die Zukunft
hoffen dürfen.
Zur Auswahl stehen:
- die mit 31 Meter Fahrzeuglänge kurze Variante in Einrichtungsausführung
- die mit 31 Meter Fahrzeuglänge kurze Variante in Zweirichtungsausführung
- die mit 40 Meter Fahrzeuglänge lange Variante in Einrichtungsausführung.
- die mit 40 Meter Fahrzeuglänge lange Variante in Zweirichtungsausführung.
KT4D:
viel Platz, aber nicht barrierefrei
Auch für die IGEB hat das Ziel der BVG, die
Tatrawagen (KT4D) abzulösen, eine hohe
Priorität. Der Mangel an barrierefreien Angeboten
auf den Straßenbahnlinien muss
ein Ende haben. Auf einem Teil der Strecken
kann die neue Tram allerdings wegen ihrer
größeren Fahrzeugbreite nicht fahren, dort
ist der Einsatz der GT6 nötig, die durch Flexity
Berlin auf den dafür ertüchtigten Linien
abgelöst werden müssen.
Auf vielen der heute mit den GT6-Fahrzeugen
befahrenen Linien reicht – wie oben
erwähnt – die Kapazität nicht aus, so dass
die geplanten langen Ausführungen des
Flexity eine Entlastung bringen werden.
Wenn Senat und BVG argumentieren, dass
auch auf diesen Linien kaum jemand an
den Haltestellen zurückbleibt, so ist das aus
Fahrgastsicht natürlich ärmlich – wie sollen
mit einem erschöpften Angebot neue Kunden
gewonnen werden? Kein Berliner wird
seinen garantierten Sitzplatz im Auto aufgeben,
wenn ihm eine rollende Sardinendose
als Alternative geboten wird. Neben Kunden
mit Kinderwagen stellt auch die immer größer
werdende Gruppe der Rollstuhl- und
Rollatornutzer erweiterte Platzansprüche.
Für die Linien M 2 und M 10, bei denen
es keine Wendeschleifen gibt, sind die langen
Neubauwagen sogar „lebenswichtig“,
denn hier können bei Wagenmangel keine
anderen Wagentypen eingesetzt werden.
Aber auch die Metrolinien mit Einrichtungsbetrieb
benötigen bei Baustellen oft
große Zweirichtungszüge – zusätzlich zum
Grundbedarf dieser Bauart. Die Absicht der
BVG, etwa ein Drittel der Niederflurflotte als
Zweirichtungswagen zu beschaffen, ist daher
zu begrüßen.
Flexity-Erstbestellung:
nur 40-Meter-Fahrzeuge!
Bei der ersten Serienbestellung sollten ausschließlich
die langen Flexity-Fahrzeuge
geordert werden. Nur mit diesen Wagen
lassen sich auf den hergerichteten Strecken
die Tatras ohne Probleme ablösen und die
fehlenden Kapazitäten auf den GT6-Metrolinien
schaffen. Immerhin kann die BVG durch
einen langen Flexity gleich zwei Tatrawagen
ersetzen.
Bei späteren Flottenerweiterungen sollten
dann die Einrichtungswagen auch in der
kurzen Version beschafft werden, die mit ihren
31 Metern Länge und 10 cm mehr Breite
gegenüber den GT6 ebenfalls eine Verbesserung
darstellen. Der Flächenzuwachs beträgt
immerhin etwa 11 m² je Fahrzeug. Die
Zweirichtungszüge sollten demgegenüber
ausschließlich in der langen Version bestellt
werden, da es in diesen Fahrzeugen wegen
der zusätzlichen Türen weniger Platz für die
Fahrgäste gibt als in den Einrichtungsversionen.
In den Medien wurde von einer Erstbestellung
von 140 Flexity-Fahrzeugen gesprochen.
Das wäre ein klares verkehrs- und umweltpolitisches
Signal. Nunmehr bahnt sich
jedoch an, dass die erste Liefertranche nur
99 Fahrzeuge umfassen soll. Laut vertraglicher
Regelung mit Bombardier können davon
pro Jahr ca. 20 bis 25 Fahrzeuge geliefert
werden. Die Lieferung muss binnen 21 Monaten
nach der Bestellung erfolgen. Wichtig
ist dabei vor allem, dass das Schwergewicht
auf die Bestellung von 40-m-Fahrzeugen gelegt
wird. Denn durch die regelmäßig überfüllten
GT6-Züge auf den Linien M 2, M 5, M 6,
M 8 und M 10 besteht dort großer Bedarf
zur Ausweitung der Kapazitäten. Auf keinen
Fall dürfen die Fehler der Nachwendezeit
wiederholt und wegen Geldknappheit (zunächst)
kurze Versionen bestellt werden.
In der geplanten Gesamtflotte sind mit 150
GT6-Wagen genügend kurze Züge vorhanden,
so dass die IGEB für die 210 Flexity-Fahrzeuge
folgende Mengenverteilung vorschlägt: Zur
Hälfte lange Einrichtungswagen (105), ein
Drittel lange Zweirichtungswagen (70) und
der Rest kurze Einrichtungswagen (35).
Mit den langen Zügen kann die Straßenbahn
ihre Stärke nutzen, hohe Leistungen
mit wenig Aufwand zu erbringen – so wird
auch der Straßenbahnbetrieb wirtschaftlicher.
Deshalb sind nun der Berliner Senat und
der BVG-Aufsichtsrat gefordert, die Weichen
für die Zukunft der Berliner Straßenbahn zu
stellen. Das muss schnell geschehen wegen
der absehbar notwendigen Ausmusterung
der Tatrawagen. Und es kann schnell geschehen,
denn durch eine Sonderfinanzierung
im Rahmen des BVG-Verkehrsvertrages
ist die Finanzierung gesichert. IGEB Stadtverkehr
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