Falkensee

Bahnkonzept für Falkensee - S-Bahn und Regionalverkehr müssen sich ergänzen

Regionalzug am Bahnhof Falkensee
Jeder Halt eines Regionalzuges kostet aktuell in Falkensee 2,60 Euro netto. Foto: Frank Böhnke

Seit Jahren wird über eine bessere Schienenanbindung für den Raum Falkensee westlich von Berlin diskutiert. Der Deutsche Bahnkunden-Verband, Regionalverband Havelland hat sich deshalb noch einmal intensiv mit den Vor- und Nachteilen der unterschiedlichen Varianten befasst. Im Ergebnis befürwortet er den Wiederaufbau der S-Bahn von Berlin-Spandau bis Falkensee und eine Bedienung im 20-Minuten- Takt, ein Regionalverkehrsangebot tagsüber mindestens im 30-Minuten-Takt, davon eine Linie stündlich über die Berliner Stadtbahn in Richtung Ostbahnhof. Wünschenswert wäre eine Verstärkerlinie im Berufsverkehr, die ebenfalls auf die Stadtbahn fahren sollte. S-Bahn und Regionalverkehr sind sinnvoll, ergänzen sich und gewährleisten eine attraktive Erreichbarkeit.

Zur Notwendigkeit einer angemessenen Schienenanbindung

Die Frage, ob es wirklich einer Verlängerung der S-Bahn über den heutigen Endpunkt Berlin-Spandau in das Havelland bedarf, kann nach Meinung des DBV mit „Ja“ beantwortet werden. Falkensee gehört seit der Wiedervereinigung zu den am stärksten wachsenden Gemeinden. Die Verkehrsbeziehungen mit der Bundeshauptstadt sind enorm – sowohl an Werk- wie auch an Feiertagen. Dennoch ist es trotz aller Anstrengungen in den letzten Jahren nicht gelungen, die Verkehrsprobleme zu lösen. Ein dichter Regionalverkehr hat neue Probleme mit sich gebracht und die alten Ärgernisse (übervolle Züge im Berufsverkehr, nicht merkbare Takte und hohe Verspätungsanfälligkeit) nicht gelöst.

Tabelle
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Gesamtkosten RB 10: 2.808.230 €
Gesamtkosten S-Bahn: 1.111.775 €

Ein Vergleich mit anderen Kommunen im „Speckgürtel“ Berlins zeigt, dass eine gleichzeitige Bedienung mit S-Bahn und Regionalverkehr die Regel ist. Wieso sollte das nicht auch im Havelland gut funktionieren?

Der Vergleich zwischen den Bevölkerungszahlen und dem Zugangebot der verschiedenen Kommunen zeigt, dass es in Falkensee ein Missverhältnis gibt: Es fehlt die S-Bahn! Deshalb fordert der DBV-Regionalverband eine zweckmäßige Aufgabenverteilung zwischen S-Bahn und Regionalverkehr, wie sie auch bei anderen Strecken in das Berliner Umland üblich ist.

In der im März 2008 veröffentlichten „Standardisierten Bewertung S-Bahn Falkensee“ wird davon ausgegangen, dass der Regionalverkehr nur noch von Nauen bis Falkensee angeboten wird. Lediglich in der Hauptverkehrszeit sollen einige Züge bis Berlin-Charlottenburg geführt werden. Alternativen hierzu sind nicht untersucht worden, was bedauerlich ist. Mit dieser eindeutigen Verschlechterung des Verkehrsangebotes wird die Ablehnung der S-Bahn durch Brandenburger Bürger begründet.

Das Umsteigen in Falkensee sowie eine Fahrzeitverlängerung entspricht in keinem Fall einer modernen, angemessenen und kundenfreundlichen Bahnplanung. Gerade in der Zeit ständig steigender Kraftstoffkosten ist mit einer Zunahme von Fahrgästen in Bahn und Bus zu rechnen. Und das umso mehr, je besser das Angebot ist! Unter diesem Gesichtspunkt sind Entscheidungen zugunsten der Bahnkunden zu treffen. Hier darf nicht der Rotstift des Ministeriums regieren, sondern es muss eine intelligente Lösung gefunden werden.

Bei der Variantenuntersuchung einer solchen Lösung ist von folgenden Gesichtspunkten auszugehen:

  • Umsteigefreie Verbindungen aller Bahnhöfe und Haltepunkte (vorhandene und geplante) zum Berliner Stadtzentrum (der Endpunkt Charlottenburg ist in vielerlei Hinsicht nicht geeignet; besser wären Friedrichstraße oder Ostbahnhof).
  • Ein übersichtlicher und gut merkbarer Fahrplan mit festen Abfahrtszeiten, übliche Pünktlichkeit.
  • Möglichst schnelle Verbindungen, mindestens westlich von Falkensee nach Berlin.
  • Stabiler und zuverlässiger Fahrplan.
  • Tagsüber mindestens ein 30-Minuten-Takt im Regionalverkehr und ein 20-Minuten- Takt bei der S-Bahn.

Unter diesen Gesichtspunkten wird eine Lösung vorgeschlagen, die sowohl eine S-Bahn nach Falkensee (später auch nach Finkenkrug sowie weiter nach Nauen – als Langfristoption) und einen durchgehenden Regionalverkehr vorsieht.

Vorschlag des Bahnkunden-Verbandes

1. Die S-Bahn wird von Berlin-Spandau nach Falkensee mit den Halten Nauener Straße, Klosterbuschweg (oder Hackbuschstraße), Albrechtshof, Seegefeld bis Falkensee verlängert und im 20-Minuten-Takt bedient.

2. Von Nauen werden der RE 4 (von Wismar/ Wittenberge) und die RB 14 mit Halt in Brieselang, Finkenkrug, Falkensee und Spandau fahren.

3. Kreuzungspunkt wäre bei einem 20-Minuten- Takt der Halt in Albrechtshof. Hier müsste der Bahnsteig als Mittelbahnsteig mit zwei Kanten ausgeführt werden. Durch die Verlängerung des zweigleisigen Abschnitts in Richtung Westen und Osten könnten die Aufenthaltszeiten der Züge verkürzt werden. Die Fahrzeit von Spandau nach Falkensee läge mit Halten in Nauener Straße, Klosternbuschweg, Albrechtshof, Seegefeld nach Falkensee bei schätzungsweise 11 bis 12 Minuten. Zur Fahrplanstabilisierung sollte der Endpunkt in Falkensee entweder auch mit zwei Bahnsteigkanten ausgerüstet werden oder die Möglichkeit zur Abstellung eines Zuges erhalten (zum Beispiel durch die westliche Verlängerung des Bahnsteiggleises) (siehe Zeichnung).

Der RE 4 muss dann auch in Brieselang und Finkenkrug halten. Diese zusätzlichen Halte sind bereits jetzt dringend erforderlich und durch Briefe an Brandenburgs Verkehrsminister Dellmann mit allem Nachdruck gefordert worden.

Mit dem bereits jetzt und künftig verkehrenden RE 4 wird eine Verbindung zum Nord- Süd-Tunnel hergestellt.

Die RB 14 sollte auch weiterhin über die Stadtbahn zum Flughafen Schönefeld (später Bahnhof BBI) geführt werden. Im Interesse der Fahrgäste ist es sehr wichtig, auch über die Stadtbahn ohne langwieriges Umsteigen am Berliner Hauptbahnhof eine schnelle Flughafenverbindung zu haben.

Die S-Bahn ab Falkensee dürfte bei einem Pendelverkehr der Regionalbahn von Nauen nach Falkensee bereits hier in der Hauptverkehrszeit so voll sein, dass die zusätzlichen sehr großen Fahrgastmengen auf Spandauer Gebiet kaum noch Platz finden werden. Unter diesen Gegebenheiten würde später vielleicht ein 10-Minuten-Takt ab Falkensee unumgänglich sein! Besser wären die Beibehaltung des 20-Minuten-Taktes sowie eine Ergänzung der S-Bahn durch die RB 14. Das wäre somit ein Ergänzungs- und kein Parallelverkehr.

Die Haltepunkte Seegefeld und Albrechtshof werden bei diesem Vorschlag nur durch die S-Bahn bedient. Allerdings zuverlässiger, bequemer und im 20-Minuten-Takt. Dadurch wird die Durchfahrt von Falkensee bis Spandau ohne Zwischenhalt auf den Ferngleisen erleichtert und die Strecke erhält eine größere Durchlassfähigkeit.

RE 4 und RB 14 sind fahrplanmäßig so einzuordnen, dass ein 30-Minuten-Takt angeboten wird. Bei Bedarf sind in der Hauptverkehrszeit zusätzliche Verdichterzüge auf die Stadtbahn einzusetzen (hierfür kämen die Züge der Linie RE 6 infrage, die entsprechend zur Stadtbahn verlängert werden müssten).

Vieles spricht für diesen Vorschlag:

  • Einsparung durch Wegfall der RB 10
  • Verbindung zum Flughafen BBI über die Stadtbahn
  • Bestellung eines 20-Minuten-Taktes für die S-Bahn
  • Schaffung einer fahrgastfreundlichen und schnellen Direktverbindung aus dem Havelland nach Berlin
  • Ergänzung des S-Bahn-Verkehrs, wie es auch z. B. an den Strecken nach Oranienburg, Bernau, Erkner, Königs Wusterhausen und Potsdam seit vielen Jahren erfolgreich praktiziert wird.

Der Bahnhof Falkensee wird ein wichtiger Umsteigepunkt zwischen Regionalverkehr, S-Bahn und den zahlreichen Buslinien.

Als spätere Baumaßnahmen werden vom Regionalverband empfohlen:

1. Verlängerung des nördlichen Gleises von Falkensee bis Finkenkrug (alle Brücken und Tunnel von Falkensee bis Finkenkrug sind bereits für vier Gleise vorgesehen). Damit ist der Regionalverkehr unabhängig vom Fernverkehr Richtung Nauen. Das sehr umstrittene und die Fahrgäste behindernde Schutzgitter auf dem Haltepunkt Finkenkrug kann auf der Nordseite entfernt werden.

2. Weitere Verlängerung dieses Gleises bis Brieselang. In Richtung Nauen erfolgt der Regionalverkehr unabhängig von Fernverkehr. Einen „Gemeinschaftsverkehr“ von Regional- und Fernverkehr gibt es dann nur noch zwischen Berlin-Spandau und Falkensee sowie Brieselang und Nauen ohne Zwischenhalte der Regionalzüge. Bei Störungen kann dieses Gleis als Reserve dienen.

Eine Studie der Technischen Universität Berlin (Quelle: SX-Bahn, Walf/ Gumprecht) sieht als Option einen Ausbau des Abschnittes Berliner Außenring—Finkenkrug auf vier Gleise vor. Dies sei betrieblich bei mehr als drei Zugpaaren im Regional- und Fernverkehr notwendig, um gegenseitige Störungen auszuschließen.

Der Regionalverband wird seine Überlegungen zu einer generellen Stabilisierung des Fahrplanangebotes und Verbesserung des Verkehrsangebotes in der Relation Havelland—Berlin weiter diskutieren. Dazu gehören unter anderem die Themen Zweisystem- S-Bahn-Züge und die Bedingungen einer möglichen Verlängerung der S-Bahn.

Kostenermittlung

Grundannahme: Es entstehen Kosten pro Zugkilometer von 8,00 Euro netto für den Besteller. Die trassenpreisrelevanten Entfernungen sind aus der Skizze ersichtlich. Das Kalenderjahr wird mit 365 Tagen gerechnet, davon je 52 Sonnabende und Sonntage und 261 Werktage.

Zusätzlich würden die Kosten für den Betrieb der S-Bahn und die zusätzlichen Halte des RE 4 entstehen.

Im Saldo würde der Betrieb der S-Bahn sogar für das Land Brandenburg Einsparungen von jährlich etwa 1,7 Millionen Euro bedeuten.

Fazit

Die Forderung, dass das Havelland sowohl mit einem guten Regionalverkehrs- wie auch S-Bahn-Angebot erschlossen werden muss, sind nicht unrealistisch. Beide Systeme haben unterschiedliche Aufgaben. Wer gezielt die Angst schürt, der Wiederaufbau der S-Bahn würde zwangsläufig das Aus für jedwedes Regionalverkehrsangebot bedeuten, täuscht die Öffentlichkeit. Das heutige Verkehrsaufkommen und die Prognosen rechtfertigen sowohl mindestens einen Halbstundentakt im Regionalverkehr und einen 20-Minuten- S-Bahn-Takt.

Vor dem Hintergrund der Stabilisierung des Regionalbahnangebotes, einer dichteren Zugfolge und den erzielbaren Einsparungen ist es unverständlich, dass sich das Land Brandenburg nach wie vor gegen eine Verlängerung der S-Bahn ausspricht und auf dem nicht nachvollziehbaren „entweder Regionalverkehr oder S-Bahn“ beharrt. Eine solche Position schadet nur.

aus SIGNAL 2/2009 (Mai 2009), Seite 16-17

 

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