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Augen zu und voll gegen die Wand

Anmerkungen zum GVFG-Bundesprogramm

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Tabelle
Fördersummen – Förderwünsche
Länderaufstellung
Länder-Ranking: Wer hat den größten GVFG-Bundesprogramm-Wunschzettel?
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Das Bundesprogramm des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (GVFG) droht in einem Desaster zu enden. Die jedes Jahr größer werdende Differenz zwischen den vorhandenen Fördermitteln und den Förderwünschen der Länder wird vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) einfach ignoriert und bis zum Programmende 2019 in die Zukunft fortgeschrieben. Von 2012 bis 2019 sind bei gleichbleibendem Finanzrahmen noch 2 Milliarden Euro im Fördertopf für die zehn alten Bundesländer. Doch die alten Bundesländer haben Förderwünsche in Höhe von 5,8 Milliarden Euro beim Bund angemeldet, was eine Differenz von 3,8 Milliarden Euro zwischen Wunsch und Wirklichkeit ergibt. Für die neuen Bundesländer und Berlin stehen von 2012 bis 2019 noch 644 Millionen Euro an Fördergeld zur Verfügung. Dem stehen 890 Millionen Euro an Förderwünschen gegenüber, also eine Differenz von 246 Millionen Euro. Wenn der Bund die gewünschten Finanzhilfen in voller Höhe an die Länder ausreichen wollte, müsste der Finanzrahmen für das GVFG-Bundesprogramm ab 2012 von gegenwärtig 333 Millionen Euro auf 836 Millionen Euro pro Jahr erhöht werden.

Länder-Ranking: Wer hat den größten GVFG-Bundesprogramm-Wunschzettel?

Die Länder haben ganz unterschiedliche Wünsche an den Bund. Das mit Abstand teuerste Einzelprojekt ist der zweite S-Bahn-Tunnel in München. Für ihn sollen 950 Millionen Euro vom Bund nach München fließen. Dennoch wird Bayern in der Summe von Baden-Württemberg übertrumpft. Dies liegt an einer Vielzahl kleinerer Projekte und nicht an Stuttgart 21, denn der Nahverkehrsanteil von Stuttgart 21 steht lediglich mit 169 Millionen Euro im GVFG-Bundesprogramm.

Obwohl die Förderung aller im GVFG-Bundesprogramm angemeldeten Projekte illusorisch ist, verhalten sich die Länder rational. Spieltheoretisch ähnelt die Situation dem Feiglingsspiel: Das Land, das zuerst freiwillig Projekte zurückzieht, hat verloren. Außerdem würde bei abnehmendem Begehren der Länder nach Bundesfinanzhilfen der Druck auf den Bund sinken, mehr Geld zur Verfügung zu stellen oder mit den Ländern ein Anschlussprogramm für die Zeit nach 2019 auszuhandeln. Im Moment ist jedoch keine Lösung in Sicht, und das GVFG-Bundesprogramm ist auf dem Kurs, voll gegen die Wand zu fahren. Zur Abwendung des Crashs müsste nicht nur das Bundesverkehrsministerium steuernd eingreifen, sondern die Länder und die Großstädte wären gut beraten, von allzu großem Beton-Einsatz wegzukommen und stattdessen kostengünstige und intelligente Lösungen zu suchen. Denn letztlich geht es um die Leistungsfähigkeit des Schienennahverkehrs in den Ballungszentren und vor allem um Verbesserungen für die Fahrgäste.

Dr. Anton Hofreiter, MdB
Vorsitzender des Bundestagsausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

aus SIGNAL 5-06/2011 (Dezember 2011), Seite 16

 

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