Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff
können von Verkehrsunternehmen wie
von deren Kunden noch so gut geplant
und organisiert sein: Es wird immer wieder
zu Problemen kommen, die Anlass
zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde
keine zufriedenstellende Antwort
bekommt, kann sich an die söp, die
Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet
dann einen Schlichtungsvorschlag zur
einvernehmlichen und außergerichtlichen
Streitbeilegung. Das erspart allen
Beteiligten Geld, Zeit und Ärger. SIGNALLeserinnen
und -Leser können in jeder
Ausgabe anhand eines konkreten Falls
einen Einblick in die praktische Arbeit der
söp bekommen.
Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr
der Länder Berlin, Brandenburg und
Sachsen-Anhalt können sich an die söp
wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde
hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH
oder einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen
der Region keine sie
zufriedenstellende Antwort erhalten haben.
Sachverhalt
Die Beschwerdeführerinnen wollten an
einem Fahrkartenautomaten ein Baden-
Württemberg-Ticket erwerben (Preis 29
Euro). Der Fahrkartenautomat war jedoch
defekt, so dass sie ohne eine Fahrkarte in
den Zug stiegen. Die Fahrkarte wollten sie
beim Zugbegleiter erwerben.
Sofort nach dem Einstieg in den Zug
suchten sie den Zugbegleiter auf und
schilderten den Vorfall. Dieser bestätigte
den Automatendefekt. Daraufhin wollten
die Beschwerdeführerinnen bei dem Zugbegleiter
das Baden-Württemberg-Ticket
kaufen, da sie dieses ohnehin für die Rückfahrt
hätten erwerben müssen und es im
Übrigen die günstigste Alternative war. Der
Zugbegleiter teilte jedoch mit, dass der
Verkauf eines Baden-Württemberg-Tickets
im Zug nicht möglich sei. Daher stellte er
zwei Fahrpreisnacherhebungen jeweils
über den regulären Fahrpreis in Höhe von
13,90 Euro aus. Den Kauf eines Einzeltickets
lehnten die Beschwerdeführerinnen ab, da
der Erwerb von Einzelfahrkarten erheblich
teurer für sie gewesen wäre.
An ihrem Zielort erwarben sie sodann
das gewünschte Baden-Württemberg-Ticket
zu einem Preis von 29 Euro und nutzten
es für die Rückfahrt.
Ablehnung
Die Beschwerdeführerinnen reklamierten
die Fahrpreisnacherhebungen. Das Verkehrsunternehmen
bestätigte zwar eine
Automatenstörung, bestand aber weiterhin
auf Ausgleich einer Forderung in Höhe
von jeweils 13,90 Euro. Das nachträglich
erworbene Baden-Württemberg-Ticket
konnten die Beschwerdeführerinnen nicht
vorlegen, weil sie es zwischenzeitlich entsorgt
hatten. Als Begründung führten sie
an, nicht darüber aufgeklärt worden zu
sein, dass das Ticket im Nachhinein als Beweisstück
gebraucht werden könnte. Das
Verkehrsunternehmen bestand daher weiterhin
auf Ausgleich einer Forderung von
jeweils 13,90 Euro.
Schlichtungsarbeit
Die Beschwerdeführerinnen wandten
sich an die söp, nachdem sie von dem Verkehrsunternehmen
eine weitere abschlägige
Antwort erhalten hatten.
Die söp setzte sich mit dem Verkehrsunternehmen
in Verbindung und wies
auf die Beförderungsbedingungen des
Verkehrsunternehmens hin. Danach ist
ein Erwerb in Nahverkehrszügen („Produktklasse
C“) möglich, wenn ein personenbedienter
Verkauf im Zug stattfindet.
Der Preis beträgt dann 31,90 Euro. Ist
jedoch weder eine Fahrkartenausgabe
geöffnet noch ein zur Annahme von Bargeld
geeigneter betriebsbereiter Automat
vorhanden, wird das Ticket im Zug zum
Preis wie bei Erwerb an Fahrkartenautomaten
ausgegeben, d. h. zu einem Preis
von 29 Euro. Dieser Fall war hier einschlägig.
Nach dieser Bestimmung hätte den
Beschwerdeführerinnen daher ein Baden-
Württemberg-Ticket im Zug verkauft werden
müssen. Die Fahrpreisnacherhebung
hätte also nicht erfolgen dürfen.
Die Schlichtungsempfehlung der söp
wurde angenommen. Obwohl das nachträglich
erworbene Baden-Württemberg-
Ticket nicht mehr vorgelegt werden konnte,
stellte das Verkehrsunternehmen aus
Kulanz die offenen Forderungen aus den
Fahrpreisnacherhebungen ein.
(Dr. Katja Schmidt)
söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen
Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
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