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S-Bahn-Betriebswerkstatt Friedrichsfelde. Im Januar 2010 wurde sie zunächst provisorisch in Betrieb genommen. Jetzt wird sie ausgebaut und bleibt mindestens bis 2017 erhalten. Foto: Marc Heller |
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Zur Zugabfertigung muss der Triebfahrzeugführer aussteigen, weil die Bahnsteigaufsichten vor der Genehmigung technischer Systeme zur Zugabfertigung abgeschafft wurden. Durch das Aussteigen wird der Führerraum im Sommer zu heiß, was zu Zugausfällen führte, und im Winter zu kalt, wodurch sich so mancher erkältete. Foto: Marc Heller |
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S-Bahnhof Attilastraße. Nur ein Blechschild weist die Richtung. Selbst der S-Bahnhof Buch, auf dem ein Teil der hier fahrenden Züge endet, fehlt. Bis zum Anbringen dynamischer Zugzielanzeiger ist eine bessere Fahrgastinformation nur durch Rückkehr der Bahnsteigaufsichten möglich. Foto: Marc Heller |
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Noch vor den ersten Schneeflocken begann
Anfang Oktober eine heftige Diskussion, ob
die Berliner S-Bahn ausreichend auf den
nächsten Winter vorbereitet ist. Die Sorge
ist nicht unbegründet, denn im Januar
2009 gab es durch strenges Winterwetter
die ersten massiven Zugausfälle. Hauptursache
waren damals die Fahrsperren. Nachdem
dieses Problem gelöst war, gab es im
Dezember 2009 und Januar 2010 erneut
massive Zugausfälle, dieses Mal durch vor
allem durch Ausfall der Fahrmotoren. Hinzu
kamen in beiden Wintern noch vereiste Türen
und ähnliche Probleme.
Deshalb ist es nicht abwegig zu fragen, ob
die S-Bahn dieses Mal so gut vorbereitet ist,
dass es nicht erneut umfangreiche Zugausfälle
gibt, falls es einen dritten strengen Winter
geben sollte. Um
solche Fragen und
vor allem Vorwürfe
zu entkräften, ging
die S-Bahn schnell
in die Öffentlichkeit
und stellte am 7. Oktober
ihr Winterkonzept
vor:
„Berlins S-Bahn-
Züge sollen künftig
auch unter schwierigen
Witterungsbedingungen
zuverlässiger
unterwegs sein
als bisher.
Bereits im Frühjahr
hatten Fachleute der
Fahrzeuginstandhaltung
des Unternehmens
eine weitreichende
Problemanalyse
erstellt, die in
ein umfangreiches
Maßnahmenpaket
mündete. Rechtzeitig
zum Beginn der
Wintersaison wird
über die Hälfte der
Maßnahmen abgeschlossen
sein. Maßnahmen, die konstruktive
Änderungen an den Fahrzeugen notwendig
machen, sind in die Wege geleitet und
werden nach Anlieferung der erforderlichen
Bauteile zügig zu Ende gebracht.
Fahrmotore werden aufgearbeitet
Hauptgrund für Betriebsstörungen im letzten
Winter war der umfangreiche Ausfall
von Fahrmotoren. Flugschnee führte zu
Kurzschlüssen. Verbesserte Isolierungen
und Abdeckungen werden künftig Abhilfe
schaffen. Auch wenn ein
kompletter Austausch der
Bauteile bis zur diesjährigen
Wintersaison aus liefertechnischen
Gründen
nicht möglich ist, gibt es
Entlastung: 150 Fahrmotore
konnten aufgearbeitet
werden. Weitere 90 Stück
liegen als Tauschreserve in
den Werkstätten.
Eine ungewöhnliche Lösung fanden die
Techniker für Fahrzeugtüren der S-Bahn, die
bei gefrorenem Schneematsch nicht richtig
schließen. Helfen wird nun ein spezielles
Enteisungsspray, das ähnlich wie bei großen
Flugzeugen für Frostsicherheit sorgt.
24-Stunden-
Bereitschaft
beim Netz
Bei den Wintervorbereitungen
arbeitet
die S-Bahn Berlin
eng mit DB Netze
zusammen, das die
infrastrukturellen
Rahmenbedingungen
für einen zuverlässigen
Betrieb in
der kalten Jahreszeit
sicherstellt. Bis zum
31. Oktober werden
alle erforderlichen
Arbeiten abgeschlossen.
Weichenantriebe,
Weichenheizungen,
Signale und
die zur Sicherungstechnik
gehörenden
Fahrsperren werden
entsprechend vorbereitet.
Mit einer
24-Stunden-Bereitschaft
kann unmittelbar
auf witterungsbedingte
Ausfälle
reagiert werden.
Die S-Bahn Berlin zeigt sich optimistisch,
dass mit der umfassenden Analyse der Winterprobleme
des Vorjahres und dem daraus
abgeleiteten Maßnahmenpaket ein wichtiger
Schritt zur Qualitätsverbesserung des
S-Bahn-Verkehrs getan wird.“
Ob die getroffenen Maßnahmen ausreichen,
wissen die S-Bahn-Mitarbeiter ebenso
wie die Fahrgäste erst, wenn der Winter da
ist. Aber es ist wenig hilfreich, die S-Bahn
schon vorab in die Schlagzeilen zu bringen.
Das schadet dem öffentlichen Verkehr insgesamt.
Man darf der Deutschen Bahn und
der S-Bahn GmbH glauben, dass sie kein
Interesse haben, ein drittes Winterchaos
durchzumachen.
Bahnsteigaufsichten fehlen
In dem umfangreichen Winterkonzept fehlt
allerdings ein wichtiger Baustein: Der Einsatz
von Personal auf den Bahnhöfen zur
Information der Fahrgäste und zur Abfertigung
der Züge. Seitdem die Bahnsteigaufsichten
auf vielen S-Bahnhöfen eingespart
wurden, gibt es oft weder im Regel- noch
im Störungsfall angemessene Fahrgastinformationen,
weil sich der Ersatz der meisten
Blechschilder durch dynamische Zugzielanzeiger
verzögert hat und auch zentrale
Durchsagen auf allen Bahnhöfen bei der
S-Bahn – im Gegensatz zur U-Bahn – noch
nicht möglich sind.
Aber auch das Fahrpersonal leidet unter
dem Abbau der Aufsichten vor Einführung
einer zugelassenen Zugselbstabfertigung.
Dadurch müssen die Zugführer auf vielen
Stationen zur Abfertigung aussteigen, was
im Sommer zur Überhitzung und im Winter
zur Auskühlung der Führerräume führt.
Die Abschaffung der Bahnsteigaufsichten
war ein großer Fehler der im Sommer 2009
abgelösten alten S-Bahn Geschäftsführer,
der leider bis heute nicht korrigiert wurde
und sich durch das Fehlen technischer Fahrgastinformation
und Zugabfertigung im
kommenden Winter noch einmal unangenehm
bemerkbar machen könnte. IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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