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Die neuen, 3,7 Mio DM teuren AEG-Niederflurwagen haben nach über einjähriger Anlaufzeit ihre
technischen "Kinderkrankheiten" übenwunden und müssen sich jetzt im BVG-Alltagsbetrieb
bewähren. Aber im Fahrgasteinsatz stellten sich inzwischen einige Nachteile konzeptioneller
Art heraus, die umso schwerer wiegen, da sie erstens nicht so einfach behebbar sind wie die
Technikfehler, und zweitens die Sympathie der Kunden für die neue Fahrzeuggeneration merklich
dämpfen. Wichtigster Kritikpunkt ist dabei die lnnenraumgestaltung.
Festzustellen ist zunächst einmal die geringe Zahl
der Sitzplätze: 58 Sitzplätze für ein 27 m langes Einrichtungsfahrzeug sind ein wohl kaum zu
unterbietender Minimalwert für ein modernes Fahrzeug. Hinzu kommt, daß von diesen 58
Sitzplätzen vier Klappsitze sind, die im Bereich der Abstellfläche für Kinderwagen oder Rollstühle
liegen, und mindestens weitere drei Sitze in den Vierersitzgruppen zumindest für Erwachsene nicht
benutzbar sind (s.u.). Es verbleiben also bei wohlwollender Bewertung - 51 Sitzplätze. Damit wird
ungefähr das Angebotsniveau eines 18-m-Gelenkbusses erreicht! Ein weiteres Ärgernis: Schon bei
mittlerer Fahrzeugbesetzung stellt man fest, daß die Bewegungsfläche auf ein Mindestmaß reduziert
ist und insbesondere in den Türbereichen Engpässe entstehen, die wiederum zu verlängerten
Haltestellenaufenthalten führen.
Zum Vergleich: Die nur geringfügig längeren Duewag-Zweirichtungsfahrzeuge (Bochum, Halle etc.)
haben zwischen 68 und 72 (brauchbare) Sitzplätze und bieten durch die "doppelten"
Türräume auch ausreichend Abstellmöglichkeiten für Kinderwagen oder Rollstühle. Daß
diese Fahrzeuge nur einen 70%igen Niederfluranteil haben, ist kein Nachteil, hinsichtlich des
Anschaffungspreises jedoch ein gravierender Vorteil - sind diese Fahrzeuge doch um über 20%
preiswerter als die Berliner Züge!
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Die neuen BVG-Straßenbahnzüge vom Typ halten insbesondere hinsichtlich des Fahrgastkomforts längst nicht das, was den Fahrgästen versprochen wurde und angesichts der hohen Preise zu enwarten gewesen wäre. Foto: I. Schmidt |
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Insbesondere im Türbereich sind die neuen Niederflurzüge mit Sitzplätzen "zugebaut". Umso erstaunlicher ist, daß sie trotzdem einen unerreicht niedrigen Sitzplatzanteil haben. 58 Sitzplätze in einem 27-m-Zug unterbietet derzeit kein Hersteller. Foto: Frank Brunner |
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Während in den Berliner Niederflurfahrzeugen schon bei mittlerer Besetzung drangvolle Enge herscht und man häufig erst andere Fahrgäste von den Sitzplätzen verscheuchen muß, um Platz zum Abstellen enes Kinderwagens zu bekommen, bieten z.B. die in Chemnitz eingesetzten Züge ausreichend Platz für Kinderwagen, Rollstühle und auch Fahrräder. Foto: I. Schmidt |
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Gelten Niederflurwagen für Fahrgäste mit Kinderwagen oder in Rollstühlen als besonders vorteilhaft, so
kann man dies für die Berliner Fahrzeuge leider nicht behaupten. Die knapp bemessene Abstellfläche
an der Wagenspitze ist häufig bereits durch andere (stehende) Fahrgäste belegt, und die Benutzung der
hinteren Abstellflächen müssen häufig erst die Fahrgäste von den Klappsitzen vertrieben werden. Die logische
Folge: Die Kinderwagen stehen häufig unmittelbar im Türbereich, und Fahrgäste kommen weder rein
noch raus. Und schließlich muß im lnteresse eines "Umweltverbundes" grundsätzlich auch die
Beförderung von Fahrrädern mit den modernen Straßenbahnen möglich werden. Auch
dies ist bei der vorhandenen Innenraurnaufteilung der Berliner Züge nicht möglich.
Die podestfreie Anordnung der Sitzplätze bei den Berliner Fahrzeugen hat sich zwar als
Werbewirksam, aber für die Fahrgäste eher negativ erwiesen: Ergebnis sind nicht nur zusätzliche
Einschränkungen im Wageninneren durch zahlreiche Einbauten, sondern auch eine besonders
nachteilige Anordnung der Sitze auf den Radkästen. Wenn schon kein Raum vorhanden ist, um die
Füße nach hinten einzuziehen, so muß wenigstens vorne Platz sein. Die bei den Berliner Wagen
gebaute Variante ist derart unglücklich, daß in den Vierersitzgruppen immer einer frei bleibt, weil
nicht alle vier Personen ihre Füße unterbringen!
Die Bremer Straßenbahn AG hat nach heftigen Fahrgastbeschwerden Konsequenzen gezogen
und baut ihre (zwar vierteiligen, aber ansonsten baugleichen) Niederflurzüge um. Dabei wird die
Zahl der Sitzplätze zugunsten verbesserter Abstellflächen und Bewegungsräume deutlich ziert.
Umbauten werden wohl auch der BVG nicht erspart bleiben: Die vorhandenen Fahrzeuge müssen
zugunsten verbesserter Abstell und vergrößerter Bewegungsflächen in den Türbereichen umgebaut
werden. Für die 2. Lieferserie der AEG-Fahrzeuge sind diese Nachteile von vornherein zu vermeiden. Und
für die Bestellung weiterer Straßenbahnzüge muß bei der BVG (zusammen mit den Fahrgästen) noch
einmal grundsätzlich über die technische Ausstattung, die Fahrgastfreundlichkeit und über das
Preis-Leistungs-Verhältnis der zu bestellenden Züge nachgedacht werden. Angesichts der knappen
Gelder und der aus Fahrgastsicht erheblichen Mängel an den neuen Fahrzeugen muß die
BVG-Einkaufspolitik für neue Straßenbahn-Fahrzeuge grundlegend überprüft werden. Ein gelungenes
Beispiel, wie man es besser machen kann, zeigt Rostock, die den attraktiven, im Alltagsbetrieb bewährten
Kasseler Straßenbahnzug für ihre Verhältnisse leicht modifizieren ließen und in großen Stückzahlen
für je 2,9 Mio DM beschafften!
IGEB
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