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DFB-Pokalendspiel
Der Transport der Fußballfans zum Olympiastadion hat sich inzwischen nach jahrelanger
Erfahrung halbwegs eingespielt, ärgerlich nur, daß mit Einbruch der Dunkelheit fast sämtliche
Omnibuslinien vom Bf Zoologischer Garten im regulären 20 Minuten-Takt verkehrten, ohne Einsetzer.
Dies führte auf dem 145er, aber auch auf anderen Linien, zu oft überfüllten Bussen, da in diesem
Jahr zur selben Zeit tausende von Reichstagsbesuchern in der Stadt unterwegs waren.
Wrapped Reichstag
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Weil Verkehrssenator Haase während der Reichstagsverhüllung das Brandenburger Tor für den allgemeinen Autoverkehr öffnete, gab es rund um den Reichstag großräumgie Staus. Zügig voran. blieb damit für die Fahrgäste der Buslinie 100 nur ein frommer Wunsch. Foto: I. Schmidt |
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Auf der Tauentzien. Nicht nur der BVG-Verkehr brach unter der Last des Ansturms zu Love-Parade zusammen. Foto: Matthias Horth |
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Wer tagsüber am Hardenbergplatz stand, traute seinen Augen nicht, es waren nur noch Busse zu
sehen. Der 149er fuhr wegen des erwähnten Pokalendspiels im Minutentakt, und auch beim 100er
sah man die Busse zeitweise im Minutentakt Richtung Reichstag abfahren. Oft standen an
der Haltestelle drei bis vier Busse hintereinander.
Die BVG setzte offensichtlich alles ein, was sie zur Verfügung hat. Möglich wurde dies durch
die Bereitschaft vieler Busfahrer, spontan Überstunden zu leisten. So waren Gelenkbusse, teilweise
sogar mit ExpressBus-Beschriftung, zu sehen, ferner Doppel- und Eindecker, selbst Omnibusse von
Privatuntemehmen, z.B. dreitürige Eindecker der Fa. BEX, die normalerweise nur auf der SEV-Linie S9
verkehren, und die DenOudstenBusse, sonst eher im Steglitzer Bereich verkehrend. Obwohl bis zu
90 Busse zusätzlich im Einsatz waren, klappte es leider trotzdem nicht gut. Zum einen ist das
Verkehrsmittel Bus bei solchem Verkehrsaufkommen einfach nicht ausreichend leistungsfähig, zum
anderen herrschte Chaos nicht nur am Hardenbergplatz, sondern auch rund um den Reichstag.
Dauerstau, u.a. verursacht durch Senator Haases vorübergehende Öffnung des Brandenburger Tores
für Pkw,
bestimmte dort das Bild und bewirkte bis zu 45 Minuten Fahrzeitverlängerung pro Umlauf eines 100ers.
Logische Folge war, daß trotz des geplanten teilweise erhebliche Lücken entstanden. Und auch andere
Linien waren vom Chaos betroffen, das durch spontane Aktionen der Verkehrslenker noch verschlimmert
wurde: So durfte entgegen den Absprachen die Buslinie 248 nicht die Entlastungsstraße befahren.
Christopher-Street-Day
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U-Bf Wittenbergplatz, Ausgerechnet das Massenverkhersmittel U-Bahn war dem Andrang ub diesem Sommer wiederholt nicht gewachsen. Foto: Matthias Horth |
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Alexanderplatz, Schlechte Einsatzplanung und fehlende Personalreserven führten mehrfach zu chaotischen Verhältnissen. Die vom Senat zu verantwortenden Fahrplanausdünnung, zynisch als Angebotsoptimierung bezeichnet, haben die Leistungsfähigkeit der BVG enscheidend gemindert. Foto: Marc Heller |
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Auch bei dem alljährlichen CSD kam es zu Problemen. Betroffen waren U1, U15, U7, U9 und vor
allem U2. Auf der U2 gab es lediglich einen 10-Minuten-Takt, der durch Züge zwischen Theodor-Heuss-Platz und
Alexanderplatz verstärkt wurde, die ca. zwei Minuten nach dem Regelzug fuhren. Dieses führte aber
am Sonnabendnachmittag auf der U2 zum Chaos. Überfüllte Züge in beiden Richtungen beherrschten das
Bild, der hätte wegen der Menschenmassen eigentlich gesperrt werden müssen. Vollkommen überfüllte Züge trafen
vom Alexanderplatz ein, aber viele Fahrgäste kamen aus den Zügen nicht heraus, weil der Bahnsteig zu
voll war. Andere kamen nicht mehr hinein. Die Folge: Bahnsteigaufenthalte von bis zu drei Minuten, und
damit eine beträchtliche Reduzierung der Streckenkapazität. Hier zeigte sich wieder einmal eindrucksvoll,
daß die vom Senat genannten Beförderungskapazitäten, die stets als Argument für die U-bahn und gegen die
Tram angeführt werden, reine Theoriewerte sind.
Love-Parade
Ca. 400.000 Leute wollten zu Ku'damm und Tauentzien, aber die BVG schien ahnungslos zu sein. Im
U-Bahn-Bereich bot sie den normalen Samstagnachmittagbetrieb mit 10-Minuten-Takt. Lediglich die U15 verkehrte ca.
alle sechs Minuten, aber nur zwischen Uhlandstraße und Wittenbergplatz! Logische Folge: Alle
U-Bahn-Linien zur West-City waren hoffnungslos überfüllt - es ging nichts mehr. Nicht einmal die Zuglänge
der U1 wurde angepaßt, sie fuhr bis zum Nachmittag größtenteils mit 6-Wagen-Zügen, die erst nach
dramatischen Zuständen aut 8-Wagen-Züge verlängert wurden. Auch bei der U15 kam die BVG nicht
auf die Idee, die Züge auf acht Wagen zu verlängern. Zwei vollkommen überfüllte Vier-Wagen-Zügen pendelten unter dem Ku'damm, auf dem sich ca. 400.000 Personen befanden und natürlich keiner der Busse verkehren konnte.
Offensichtlich hatte die U-Bahn-Betriebsplanung den Andrang zur Love-Parade völlig unterschätzt. Als
erste Sofortmaßnahme wurde auf einigen Bahnhöfen der U1 und U2 angesagt, daß der Bahnhof
Wittenbergplatz vollkommen überfüllt sei und man bitte auf andere Bahnhöfe ausweichen solle eine
wirkungslose Ansage, die nur die Hilflosigkeit der BVG verdeutlichte. Immerhin wurde die U2 in den
Abendstunden noch verstärkt.
Auch im Busbereich klappte nicht viel: Sämtliche Buslinien zum Zoo wurden weiträumig zurückgezogen,
weil der Hardenbergplatz nicht mehr anzufahren war. Aber diese Maßnahme war unüberlegt, denn der
BVG-Parkplatz in der Hertzallee war anfahrbar, wie auch, bis auf wenige Ausnahmen, die Jebensstraße.
Der 109er, der bis S-Bf Charlottenburg fuhr, wie auch die Omnibuslinien 145, 149, 245 und X9 hätten z.B.
an die Rückseite vom Bf Zoo herangeführt werden können, der 109er und 149er über Kant-, Leibniz- und
Bisrnarckstraße, Straße des 17. Juni, Müller- und Fasanenstraße zur Hertzallee. Eine Ersatzhaltestelle
zum Aussteigen in der Hertzallee, zum Einsteigen die Haltestelle des SEV in der Jebensstraße, ein paar
große Hinweisschilder am Hardenbergplatz - schon wäre das Problem gelöst gewesen. Auch die
Information der Busfahrgäste war unzumutbar: A4-PapptafeIn, mit Filzschreiber im wahrsten Sinne des
Wortes bekrakelt, baumelten an einer Schnur auf halb acht über der Mülltonne. Das war alles. Hinweise
Für Nachtlinien gab es gar nicht. Dafür standen nachts vier BVGer am Hardenbergplatz vor ihren
Dienstautos und unterhielten sich angeregt. Daß die Nachtlinien, die über Wittenbergplatz fahren, erst
ab Nollendorfplatz abfuhren, bekam man erst auf Nachfragen heraus. Auf die Frage, wieso das
nìrgends dransteht und warum die Herren nicht wenigstens die ca. 200 wartenden Personen auf dem
Platz per Lautsprecher oder persönlich informieren könnten, kam die Gegenfrage: "Ja wissen Sie denn,
wer hier Fahrgast ist und wer nicht?" Und weiter gings mit dem Privatgespräch unter BVG-Männern.
Auch spät in der Nacht, als die Love-Parade zu Ende und der Ku'damm halbwegs sauber waren` gab es
keinerlei Hinweise, daß hier weiterhin nichts fuhr, daß der Ku'damm "BVG-frei" blieb. Aber das merkten
die Fahrgäste ja von selbst, meist schon nach 30 Minuten Wartezeit. Warum war hier kein in der Lage,
nach Beendigung der Love Parade mündlich zu informieren oder besser noch Hinweistafeln an den
Haltestellen anzubringen? Eine Zumutung für die Fahrgäste!
Welt-Gymnaestrada
Hier hatte sich die BVG mehr Mühe gegeben. Es verkehrten zwei Sonderbuslinien vom
U-Bf Kaiserdamm zur Jafféstraße und vom S.Bf Grunewald auch zur Jafféstraße bzw. zum Olympiastadion.
Zu bemängeln gab es hier nicht viel, nur beim U-Bahn-Verkehr zwischen Olympiastadion und
Alexanderplatz kam es speziell in den
Abendstunden zu teilweise überfüllten Zügen, weil zum Alexanderplatz die U2 größtenteils nur im 10-Minuten-Takt fuhr.
Hier wurde anscheinend die Menge der Menschen unterschätzt, die abends von den Veranstaltungen
noch zum Alexanderplatz fuhren, um sich dort auf der "Turnermeile" teilweise bis in die frühen
Morgenstunden zu amüsieren. Speziell am letzten Tag der Gymnaestrada, einem Sonnabend, kam
es zu Problemen, weil fast sämtliche Besucher und Teilnehmer der Abschlußveranstaltung im
Olympiastadion noch zum Alexanderplatz fuhren, wo ebenfalls eine Abschlußveranstaltung stattfand.
Hier fuhren zwar auch Einsatzzüge vom Olympiastadion, aber diese nur "nach Bedarf" und meistens
nur bis Zoo oder Nollendorfplatz. Leider bestand zwischen dem Bedarf, den die BVG sah und dem
tatsächlichen Bedarf eine erhebliche Lücke, was dazu führte, daß nur etwa alle zehn Minuten ein Zug
von Zoo am Alexanderplatz eintraf - vollkommen überfüllt.
FC Bayern München - AC Milano
Wer gehofft hatte, daß die BVG aus den Erfahrungen im Juni und Juli gelernt hätte, wurde am
7. August enttäuscht. Zwar wurden, als am Abend fast 70.000 zum Fußballfest im Olympiastadion
anreisten, auf allen wichtigen U-Bahn-Linien mehr Züge eingesetzt, und auf der U2 wurde der 2 1/2-
Minuten-Takt gefahren, aber über die Rückfahrt hatte man sich bei der BVG
offensichtlich wenig Gedanken gemacht. Dabei ware die Probleme vorhersehbar. Das Fußballspiel begann
erst um 21 Uhr und war folglich erst rund eine Viertelstunde vor 23 Uhr beendet. Wie stets bei einem
fast vollen Olympiastadion zog sich der Abtransport über mehr als eine Stunde hin, da die leistungsfähigere
S-Bahn neben dem Stadion bekanntlich noch immer stillgelegt ist. So konnten die letzten
Fußballfans erst gegen Mitternacht am Olympiastadion (Ost) abfahren. Damit war vorprogrammiert,
daß viele Umsteiger im U-Bahn-Netz nicht mehr nach Hause kamen, weil die BVG es versäumt hatte,
daß U-Bahn-Angebot an diesem Abend generell zu verlängern. Früher wäre ein solch relativ spätes
Fußballspiel in Berlin kein Problem gewesen. Aber mit Einführung der provinziellen Spätfahrpläne, die trotz
gegenteiliger Versprechungen mit dem letzten Fahrplanwechsel nicht besser wurden, muß man in
Berlin zumeist vor Mitternacht aufbrechen, um noch mit der U-Bahn nach Hause zu kommen - ein
skandalöser Zustand, den die Berliner Fußballfans und ihre Gäste am Abend des 7. August eindrucksvoll
vorgeführt bekamen.
Rolling Stones
Zur Vervollständigung sei angefügt, daß es auch diesem Konzertabend wieder Ärger gab.
Nur wer sein Rückfahrziel zwischen Ruhleben und Alex hatte, wurde dank des guten U2-Angebotesv
angemessen bedient. Umsteiger ins übrige U-Bahn- und Busnetz blieben wieder zu einem
erhblichen Teil auf der Strecke. Freude daran nur Berlins Taxifahrer.
Fazit
Die Erfahrungen aus dem Sommer 1995 veranschaulichten die zwei großen Probleme der BVG. Erstens
agiert das Unternehmen auch nach allen Umstrukturierungen und objektiven Verbesserungen noch allzu
oft wie ein recht schwerfälliger Saurier, der nicht schnell und flexibel genug auf außergewöhnlichen
Kundenandrang reagieren kann. Dies gilt besonders für den U-Bahn-Bereich. Zweitens ist nach fünf
Jahren Senatsknebelpolitik die Fahrzeug- und Personaldecke so dünn geworden, daß der BVG die
Möglichkeit genommen wurde, große Zusatzleistungen zu erbringen. Das wird sich spätestens im
nächsten strengen Winter erneut zeigen. Fünf Jahre
zuschußkürzungen und daraus folgende Fahrplanausdünnungen, die den Fahrgästen
zynischerweise wiederholt als "Fahrplanoptimierungen"
verkauft wurden, haben bei der BVG unübersehbare Spuren hinterlassen. Dennoch besitzt unser
Verkehrssenator die Frechheit zu behaupten, der Senat strebe eine Änderung der Verkehrsmittelwahl
für die Berliner Innenstadt auf 60:40 bzw. 80:20 zugunsten des ÖPNV an. Für wie dumm hält der Herr
Professor die Berliner eigentlich?
IGEB
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