Erfahrungsbericht über die
Tätigkeit des Eisenbahn-
Bundesamtes (EBA)
Durch die Bahnreform wurden die beiden deutschen Staatseisenbahnen (Sondervermögen des
Bundes), die "Deutsche Bundesbahn" und die
"Deutsche Reichsbahn", zusammengefaßt und
deren Untemehmensbereich in die privatrechtlich
organisierte "Deutsche Bahn AG" ausgegliedert
[SlGNAL4/94 ]. Dadurch wurde die Errichtung
einer Aufsichts- und Genehmigungsbehörde für
die Deutsche Bahn AG, für die weiteren Eisenbahnen des Bundes und für die
Eisenbahnunternehmen mit Sitz im Ausland Für das Gebiet der
Bundesrepublik Deutschland zwingend erforderlich.
Die Bahnreform hat somit mit der Einrichtung
des EBA eine Konzentration der staatlichen Aktivitäten auf die hoheitlichen Aufgaben erreicht
und leistet damit auch einen Beitrag für eine
schlanke und leistungsfähige Staatsverwaltung.
|
Am 14. August war am S-Bf Schulzendorf der große Spatenstich mit viel Prominenz, damit 1996 endlich wieder S-Bahn·Züge nach Heiligensee und Hennigsdorf fahren können. Alle hatten zugestimmt, die Länder Berlin und Brandenburg ebenso wie die DB AG und natürlich die S-Bahn GmbH, und Prof. Mängel von der Planungsgesellschaft Bahnbau Deutsche Einheit versprach eine zügige Realisierung: Am Nikolaustag 1996 können sie bis Hennigsdorf fahren! Doch dann holte das Eisenbahn-Bundesamt die Rute aus dem Sack und alle bekamen Prügel, weil das EBA nicht ordnungsgemäß einbezogen worden war. Foto: Marc Heller |
|
Folglich müssen auch 1995 Geldgaben in Millionenhöhe wieder nach Bonn zurückfließen. Finanzminister Waigel kann wieder feiern, und die Fahrgäste im Raum Heiligensee/Hennigsdorf dürfen auch 1996 zum Weihnachtseinkauf in Tegel mit dem 224er fahren (siehe auch Kommentar auf Seite 10). Foto: Marc Heller |
|
1. Aufbau und Organisation des EBA
Auf der Grundlage des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes hat das
Eisenbahn-Bundesamt mit Wirkung vom 1. Januar 1994 seine Tätigkeit als eine dem
Bundesministerium für Verkehr unmittelbar nachgeordnete selbständige Bundesoberbehörde
aufgenommen.
Sitz der Zentrale ist Bonn. Für eine Übergangszeit bis Ende September 1994 hatte die Zentrale
noch ihren Sitz in Frankfurt am Main, 15 Außenstellen des EBA wurden am Sitz der ehemaligen
Bundesbahn- bzw. Reichsbahndirektionen errichtet.
Die Ansiedlung der Außenstellen des EBA an
den Fahrweg-Niederlassungen der DB AG und
damit gleichzeitig an den herausragenden Knotenpunkten des Schienennetzes trägt den
räumlichen Arbeitsschwerpunkten bei Genehmigungen und Prüfungen des bestehenden Fahrweges
durch das EBA Rechnung und ist eine flankierende Maßnahme zur Planungsbeschleunigung
im Verkehrswegebau. Zu gegebener Zeit wird
diese Aufbau- und Ablauforganisation zu überprüfen sein.
2. Personalbedarf und Personalbestand
lm Haushalt 1994 waren Planstellen und Stellen
für 1.519 Mitarbeiter ausgebracht, 207 für die
Zentrale und 1.312 für die Außenstellen. Im Rahmen des Erfordernisses einer sparsamen
Haushaltsführung sind den Bundesbehörden Einsparungen in den Stellenplänen auferlegt. Diese
werden auch für das EBA in vollem Umfang erbracht.
Durch die Konzentration der bei den früheren
Staatseisenbahnen häufig auf mehrere Mitarbeiter verteilten hoheitlichen Aufgaben, durch
Vereinfachung der Verfahrensabläufe, Einsatz modemer Büro- und Kommunikationstechnik,
Einführung eines Verwaltungsmanagementsystems
sowie durch weitestgehende Inanspruchnahme
externen Sachverstandes (anerkannte Sachverständige und Sachverständigenorganisationen)
kann nach einer internen Personalbilanz des EBA
die Zahl der Dienstposten auf voraussichtlich
1.340 begrenzt werden. Der aktuelle Personalbestand beträgt 1.170, davon 741 Beamte und 429
Angestellte.
3. Die wichtigsten Aufgaben des EBA
Das EBA ist als selbständige Bundesoberbehörde Aufsichts- und Genehmigungsbehörde im
Sinne des Allgemeinen Eisenbahngesetzes für
- Eisenbahnen des Bundes und
- Eisenbahnverkehrsuntemehmen mit Sitz im
Ausland für das Gebiet der Bundesrepublik
Deutschland, soweit das Allgemeine Eisenbahngesetz nichts
anderes bestimmt.
In diesem Rahmen stellen sich die wesentlichen
Aufgaben des EBA wie folgt dar:
- Planfeststellung für die Schienenwege von Eisenbahnen des Bundes,
- Ausübung der Eisenbahnaufsicht einschließlich der technischen Aufsicht sowie der Bauaufsicht für Betriebsanlagen der Eisenbahnen des Bundes,
- Erteilung und Wideruf von Betriebsgenehmigungen,
- Vorbereitung und Durchführung von Finanzierungsvereinbarungen für Investitionen in Schienenwege,
- Entscheidungen bei Streitfällen der Netzzugangsgewährung,
- fachliche Untersuchung von Störungen im Eisenbahnbetrieb.
Als neuer Aufgabenbereich sind inzwischen
Angelegenheiten der Aufsichts- und Genehmigungsbehörde im Bereich der Magnetschwebebahn
hinzugekommen. Derzeit ist das EBA insbesondere mit den Vorarbeiten für eine
Magnetschwebebahn-Bau- und Betriebsordnung befaßt.
4. Erfahrungen aus der bisherigen Tätigkeit des EBA
Die Aufbauphase des EBA wird Ende 1995 im
wesentlichen abgeschlossen sein. Damit enden
auch die zwischen dem EBA und der DB AG im
Dezember 1993 vereinbarten "Übergangsregelungen bis zur vollen Funktionsfähigkeit des
EBA", die sich gut bewährt haben.
Bewährt hat sich auch die einstufige Organisationsstruktur des EBA, die wesentlich zur
Beschleunigung, Vereinfachung und Effektivität der Arbeitsabläufe beiträgt.
Nachteilig auf die Arbeitserledigung durch das
EBA wirkte sich lediglich die von Mai bis Oktober 1994 dauernde räumliche Aufteilung der
Zentrale des EBA auf die Standorte Frankfurt am
Main und Bonn aus. Außerdem besteht in der
Frage der endgültigen Unterbringung der Außenstellen des EBA noch in wenigen Fällen
Regelungsbedarf.
4.1 Die Grundlagen der Zusammenarbeit zwischen dem EBA und seinen "Kunden" werden zur
Zeit im Konsens mit diesen durch Richtlinien,
Anweisungen und Trennung des Regelwerks
nach hoheitlichen und untemehmerischen Anforderungen erarbeitet und sollen bis Ende 1996
vorliegen. Mit ihrer Vervollständigung wird die
Standardisierung der Antragsunterlagen erreicht
und mehr Sicherheit und Transparenz für eine
partnerschaftliche Zusammenarbeit geschaffen
werden.
4.2 Das EBA hat eine Sachverständigenordnung
erlassen, aufgrund derer auf verschiedenen technischen Gebieten zur Zeit 82 Sachverständige
und 9 Sachverständigenorganisationen anerkannt
worden sind. Durch die Qualifizierung von Entwicklungs- und Instandhaltungsbetrieben für
Sachverständigenaufgaben konnte ohne Qualitätsverlust auf die Besetzung von über 70
Dienstposten beim EBA verzichtet werden.
4.3 Bei den 15 Außenstellen des EBA lauten
derzeit ca. 750 Planfeststellungsverfahren und
Plangenehmigungsverfahren in den unterschiedlichen Entscheidungsphasen.
Örtliche Schwerpunkte sind derzeit
- Zentraler Bereich Berlin,
- Nürnberg - Erfurt,
- Nürnberg - Ingolstadt,
- Erfurt - Halle.
Ein weiterer künftiger örtlicher Schwerpunkt
zeichnet sich ab im Raum Schwerin.
4.4 Der erste Antrag auf Erteilung einer Genehmigung zum Erbringen von
Eisenbahnverkehrsleistungen eines Untemehmens mit Sitz im
Ausland liegt dem EBA jetzt vor.
4.5 Bisher wurden 26 Anträge auf Ausnahmen
und Genehmigungen auf der Grundlage der Eisenbahnbau-Bau- und Betriebsordnung und der
Eisenbahn-Signalordnung beschieden. Hierbei
sind Entscheidungen im Zusammenhang mit den
Verkehren leichter Nahverkehrstriebwagen (z.B.
Stadtbahnfahrzeuge) im Mischbetrieb mit konventionellen Eisenbahnzügcn besonders zu
nennen.
Nur alle von der DB AG bestellten Fahrzeuge des
ICE-Verkehrs, Lokomotiven und S-Bahn-Fahrzeuge liegen Anträge auf Abnahme nach der
Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung vor. Außerdem haben einige Hersteller eine Zulassung von
Nahverkehrstriebwagen gemäß den Leichttriebwagen-Richtlinien beantragt. Auch die
Abnahme von Nebenfahrzeugen hat einen nicht vorhersehbaren Umfang angenommen.
Die Zahl der Amtshandlungen zur Abnahme von
Fahrzeugen (Wagen) hat sich gegenüber dem
Vorjahr bereits auf das 9-fache erhöht.
4.6 ln dem wichtigen Bereich der Schienenwegeinvestionen führt das EBA Antragsprüfungen
durch, die sich im wesentlichen auf die folgenden Projekte konzentrieren:
- Pilotstrecke Offenburg - Basel des Projektes
CIR/ELKE (Computer Integrated Railroading/Erhöhung der Leistungsfähigkeit von Strecken
im Kernnetz),
- Neubaustrecke Nürnberg - Ingolstadt - München,
- Neubaustrecke Köln - Rhein/Main,
- Kombinierter Verkehr,
- Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8 (Nürnberg - Erfurt).
Das EBA erfüllt damit eine wichtige Funktion bei
der Finanzierung der Schienenwege durch den
Bund.
5. Zusammenarbeit mit der DB AG, den Verbänden, Industrieuntemehmen u.a.
Die mit der Bahnreform geschaffene Aufgabenverteilung zwischen dem privatrechtlich
organisierten Unternehmen DB AG und einer neuen
Behörde zur Wahrnehmung der hoheitlichen
Aufgaben hat sich in der Anfangszeit teilweise
als gewöhnungsbedürftig erwiesen.
Es bedurfte erheblicher Bemühungen der Leitung
und der Führungskräfte des EBA, um in gezielter und erfolgreicher Öffentlichkeitsarbeit den der
Eisenbahnaufsicht unterliegenden Untemehmen
und den Antragstellem die Aufgabenstellung des
EBA zu vemitteln. Das galt insbesondere auch
für die Verpflichtung, den notwendigen Aufwand
für die Autsichts- und Genehmigungstätigkeit mit
Hilfe kostendeckender Gebühren abzudecken.
Gleichzeitig galt es, den im wesentlichen aus den
früheren "Behördenbahnen" kommenden Mitarbeitem zu vermitteln, daß das EBA trotz
Behördenstatus nach seinem Selbstverständnis "Dienstleister" ist mit der Aufgabe, den mit der
Bahnreform gesteckten Zielen zum Erfolg zu verhelfen,
Es mußte auch klargemacht werden, daß zwar der
Begriff der Aufsicht auch immer die Möglichkeit
der Sanktion einschließt, aber auch bedeutet, im
Benehmen mit dem zu Beaufsichtigenden den
technischen Fortschritt zu beobachten, Möglichkeiten zur Anwendung und Umsetzung
technischen Fortschritts nicht zu verwehren und letzthin
auch dem Gesetzgeber Anregungen zu geben, wo
Zukunftsaufgaben die Weiterentwicklung von
Bestimmungen und Vorschriften erfordem.
Das EBA bewertet die inzwischen erreichte Zusammenarbeit als gut. Dies gilt insbesondere für
die Bahnindustrie und deren Verbände sowie die
nichtbundeseigenen Eisenbahnen.
6. Ausblick
Im Vordergrund der intemen Arbeit des EBA
werden insbesondere stehen
- die Ausrichtung der Tätigkeiten auf den "Kunden" und die weitere Verbesserung der Qualität der Dienstleistung,
- die Weiterentwicklung der Personalbemessung und -bewertung im Rahmen einer "schlanken" Verwaltungsbehörde und
- die Installation eines computergesrützten controlling-orientierten Vewvaltungsmanagements
einschließlich einer die einzelnen Bereiche unterstützenden Kosten- und Leistungsrechnung
sowie eines Personalinformationssystems.
Das EBA ist bestrebt, möglichst einfache, ethziente Regelungen der Genehmigungs— und
Zulassugsverfahren zu erreichen und wird dabei die
Auffassungen und Erwartungen der Nutzer berücksichtigen. Als Anlagen sind Übersichten über
die Organisation des EBA beigefügt (s. Abb).
*
[IGEB] Diesen Satz aus vorstehendem Erfahrungsbericht muß man zweimal lesen:
"Gleichzeitig galt es, den im wesentlichen aus den früheren 'Behördenbahnen' kommenden
Mitarbeitern zu vermitteln, daß das EBA trotz Behördenstatus nach seinem Selbstverständnis
'Dienstleister' ist mit der Aufgabe, den mit der Bahnreform
gesteckten Zielen zum Erfolg zu verhelfen." Das
Verkehrsministerium verdient Anerkennung für
diese ungeschminkte Darstellung, doch leider
haben noch nicht alle Mitarbeiter im EBA die Zeichen der Zeit erkannt zumindest nicht
diejenigen, die "in dem wichtigen Bereich der Schienenwegeinvestitionen" (s. Nr 4.6) die
Antragsprüfungen durchführen. Sie verharren in der langjährig
eingeübten Rolle und Gewißheit daß "der Begriff
der Aufsicht auch immer die Möglichkeit der
Sanktion einschließt" (Nr 5). Und wie das funktioniert haben sie jetzt am Beispiel der
Wiederinbetriebnahme der Kremmener Bahn vorgeführt
Die Gelder für die schnelle Wiederherstellung der
S-Bahn von Berlin-Tegel über Heiligensee nach
Hennigsdorf wurden vom EBA blockiert weil die
Herren Beamten vor dem Spatenstich am 14, August (s. SIGNAL 6/95 ) nicht um Erlaubnis gefragt
worden waren. Daß hier der korrekte Verfahrensweg im Hinbück auf die Berliner Wahlen am 22.
Oktobet vor allem aber im hinblick auf noch 1995
auszugebende Geldern nicht eingehalten wurde,
mag ja stimmen und ist auch zu kritisieren. Aber
den Beamten war auch bekannt daß die Entscheidung zwischen den Ländern Berlin und
Brandenburg sowie mit der DB AG und der S-Bahn Berlin GmbH gründlich (um nichtzu sagen:
langwierig) abgestimmt werden war, daß der
Bundesverkehrsminister die Schließung der
durch den Mauerbau 1961 in das Berliner S-Bahn·Netz gerissenen Lücken ausdrücklich
zugesagt hat und daß eine Verzögerung den erneuten Verfall von Millionenbeträgen für die Berliner
S-Bahn bedeutet Das alles aber kümmert die
EBA-Beamten offensichtlich wenig, es zählt nun
daß sie nicht rechtzeibg gefragt wurden und daß
sie ein Zeichen setzen wollen, damit sich das nicht
wiederholt Und um zu zeigen, wie sauer sie sind
stellen sie auch gleich noch den Sinn dieser S-Bahn infrage. Wie sauer die Fahrgäste sind,
interessiert sie nicht - und wir können es nicht
schreiben, weil es nicht druckreif ist SIGNAL-Redaktion & BMV/EBA
|