Bausenator Wolfgang Nagel hat heute
Planungen und erste Maßnahmen für
den genzüberschreitenden S-Bahn-Verkehr vorgestellt. Für deren Finanzierung hat der
Berliner Senat im
Nachtragshaushalt 1990 rund 30 Millionen DM veranschlagt. Dies bezieht sich
aber nur auf die Projektanteile in Berlin (West), für die DDR-Anteile hat die
Bundesregierung noch keine konkrete
Finanzierung sichergestellt. Es ist jedoch beabsichtigt, sie im verabschiedeten
Nachtragshaushalt des Bundes direkt zu berücksichtigen.
Da noch keinerlei Planunterlagen erarbeitet werden konnten, beruhen alle
folgenden Kostenangaben auf groben
Schätzungen und können sich je nach
Feststellung des Zustandes der Anlage
bzw. konkreterer Planung noch erheblich verändern.
Bornholmer Straße
wird S-Bahn-Doppelbahnhof
Der Bahnhof Bornholmer Straße ist ein
auf Ost-Berliner Gebiet liegender S-Bahnhof, auf dem seit Jahrzehnten keine Züge
halten, obwohl diese Strecke
von West-Berliner S-Bahn-Zügen der
Linie 2 zwischen Gesundbrunnen und
Frohnau befahren wird. Gleichzeitig
verläuft wenige Meter entfernt eine
Ost-Berliner S-Bahn-Strecke, nämlich
die Vorortstrecke nach Pankow und
Bernau. Für diese nahezu parallel fahrende Ost-Berliner S-Bahn gibt es bisher keine
Haltemöglichkeit.
Nunmehr soll dort in Absprache mit
der Deutschen Reichsbahn eine Verknüpfung hergestellt werden. Die S2
auf dem "alten" Bahnhof, der restauriert wird, halten können. Daneben
wird auf der östlichen Seite ein provisorischer Bahnsteig (“Bornholmer Straße
Ost”) für die Ost-S-Bahn hergestellt.
Die beiden Bahnhöfe "West" und
“Ost" sind ca. 60 Meter voneinander
entfernt und über die Straßenbrücke
Bornholmer Straße mit kurzem Fußweg erreichbar. Erste Baumaßnahmen
beginnen im Spätsommer dieses Jahres.
Die S2 wird voraussichtlich Anfang
oder Mitte 1991 wieder ständig auf dem
Bahnhof Bornholmer Straße halten.
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Ab Mitte 1993 sollen zwischen dem West-Berliner S-Bf. Neukölln und dem Ost-Berliner S-Bf. Baumschulenweg wieder S-Bahn-Züge fahren. Mit den Bauarbeiten soll auf der 3,3 km langen Strecke, davon 2,2 km in West-Berlin, im Spätsommer 1990 begonnen werden. Zeichnung: SenArbVuB III |
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5,7 km lang ist die Strecke von Lichtenrade bis Blankenfelde. 1,2 km davon liegen in West-Berlin. Die Rodungsarbeiten haben bereits begonnen. Ab Mai 1990 sollen die Erdarbeiten folgen, und Ende 1991 könnten die ersten S-Bahn-Züge wieder fahren. Zeichnung: SenArbVub III |
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Auch auf der Trasse zwischen Frohnau und Hohen Neuendorf wurde bereits mit den Rodungsarbeiten begonnen. Angestrebt wird die Inbetriebnahme der 4,3 km langen Strecke, davon 3,3 km in West-Berlin, für den Herbst 1991. Dieser Termin soll vor allem vom Verlauf der Arbeiten auf DDR-Gebiet abhängig sein. Zeichnung: SenArbVuB III |
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Auf dieser mit 9 km längsten grenzüberschreitendem S-Bahn-Strecke (4 km davon liegen in West-Berlin) sollen die ersten Züge 1993, rechtzeitig zur Potsdamer 1000-Jahr-Feier, fahren. Die Rodung und Erdarbeiten sind für den Herbst 1990 geplant. Abgelehnt wird von der IGEB allerdings die Planung eines Dorfbahnhofes für das nur einige hudert Einwohner zählende Kohlhasenbrück. Das gilt auch für die Station Invalidensiedlung auf der Nordbahn. Zeichnung: SenArbVuB III |
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Ab Herbst 1991 soll auch ein Halt auf
dem provisorischen Bahnhof “Ost"
möglich sein. Die Anlage dieses Bahnhofes, der übrigens von der Senatsverwaltung
für Bau- und Wohnungswesen
gebaut wird, ist mit erheblichen technischen Problemen verbunden. Der aus
Ost-Berlin über Schönhauser Allee
nach Bernau und Oranienburg führende Verkehr ist nämlich zu “Stoßzeiten"
mit bis zu 150 Sekunden so dicht, daß
Um- oder Neubaumaßnahmen “unter
Verkehr” praktisch nicht möglich sind.
Diese Verkehrsströme werden sich bei
einem Zusammenwachsen der Stadt
nicht grundlegend ändern.
In einer zweiten Ausbaustufe, voraussichtlich bis Ende 1993, ist eine direkte
Verbindung zwischen Pankow und Gesundbrunrıen vorgesehen. Die Bahnhofsanlagen
Gesundbrunnen müssen
total umgebaut werden.
Zur Betriebsaufnahme von "Bornholmer Straße West“ sind die Instandsetzung des
Bahnhofszugangs im vorhandenen Gebäude, der Treppen, des
Bahnsteigs, der Unterkunft für Zugabfertiger (ggf.Container, Sicherstellung
sanitärer Einrichtungen) und die Ergänzung der Zugsicherung erforderlich.
Die Kosten werden ca. 5 bis 10 Millionen DM (je nach Ergebnis der Bestandsaufnahme)
betragen. Weitere lnstandsetzungsarbeiten erfolgen dann
unter Betrieb.
Für den provisorischen "Bahnsteig Ost"
sind der Neubau eines Mittelbahnsteiges in einfachster Ausführung (z.B.
ohne Dach) mit Verziehen der vorhandenen Gleisanlage, ein Zugang zur Bösebrücke
(Bornholmer Straße als Verbindung zum Bahnhof West) und die
Ergänzung der Sicherungstechnik erforderlich. Die Kosten werden auf ca. 12
Millionen DM geschätzt.
Neukölln: S-Bahn-Verknüpfung
mit Südosten
Der Senat beabsichtigt, bereits Mitte
1993 zunächst eingleisig einen S-Bahn-Betrieb zwischen den Bahnhöfen Neukölln -
Köllnische Heide - Baumschulenweg (Ost-Berlin) aufzunehmen. Wegen umfangreicher
Brückenbauarbeiten
sowie eines Überwerfungsbauwerkes in
Baumschulenweg (zur Unterquerung
der zur Zeit ebenfalls im 150-Sekunden-Abstand mit dichtem Zugverkehr
belasteten Strecke zwischen Treptower
Park und Baumschulenweg) werden für
diesen Streckenabschnitt erhebliche
Kosten erwartet. Mit den Planungen
wurde bereits begonnen, mit ersten
Bauarbeiten ist für den Frühherbst zu
rechnen.
Mit dieser Verkehrsverbindung zwischen dem Südring in West-Berlin und
dem Südosten der Stadt und der Region wird dann auch eine Lücke geschlossen.
Denn die Verlängerung des
West-Berliner Südrings vom S-Bahnhof
Neukölln über S-Bahnhof Köllnische
Heide zum Bahnhof Baumschulenweg
bindet auch Königs Wusterhausen und
Schönefeld an.
Auf dem West-Berliner S-Bahn-Südring werden 1994 wieder die ersten S-Bahn-Züge fahren.
Wann jedoch die
Verknüpfung zur Ringbahn in Ost-Berlin (über die Bahnhöfe Sonnenallee und
Treptower Park) hergestellt werden
kann, steht noch nicht fest.
Vorgesehen ist vorerst ein eingleisiger
Streckenausbau mit einer Zweigleisigkeit am Bahnhof Köllnische Heide
(Ausweichstelle) für einen 10-Minuten-Takt. Auf dem Abschnitt Neukölln -
Köllnische Heide müssen drei Brückenbauwerke durch Neubauten ersetzt
werden, und zwar über die Niemetzstraße und die Ringbahn (ca. 80 m
lang), den Neuköllner Schiffahrtskanal
(ca. 60 m lang) und die Grenzallee (ca.
30 m lang). Die Brücke über die Sonnenallee ist zu sanieren.
Auf dem Ostberliner Teil zwischen
Köllnische Heide und Baumschulenweg
sind der Bahndamm wiederherzustellen, die Brücke über die Kiefholzstraße
vollständig neuzubauen und die Brücke
über die Baumschulenstraße zu erneuern. Außerdem ist vor Inbetriebnahme
das Kreuzungsbauwerk vor dem S-Bahn-Gleis der Strecke von Treptow
nach Schöneweide zu erneuern. Dies
wird durch die Deutsche Reichsbahn
erfolgen. Der Bahnhof Köllnische Heide (Bahnsteig und Zugang) ist zu sanieren, am
Bahnhof Baumschulenweg ist
der vorhandene Bahnsteig instandzusetzen. Die Bahnstromversorgung und die
Zugsicherung müssen vollständig neu
installiert werden.
Die Kosten werden auf ca. 90 Millionen
DM geschätzt (ohne Kreuzungsbauwerk vor dem Bahnhof Baumschulenweg, hierfür ca.
20 Millionen DM).
Lichtenrade - Mahlow - Blankenfelde
Im Süden ist die Verlängerung der S-Bahn über Lichtenrade hinaus zunächst
bis zum Bahnhof Mahlow vorgesehen.
Von der Deutschen Reichsbahn wird
die Weiterführung nach Blankenfelde
(dort Anschluß an die Fernbahn) bzw.
nach Rangsdorf und Schönefeld gewünscht.
Die Gesamtbauzeit bis Mahlow wird
rund drei Jahre betragen. Geplant ist
ein Ausbau für einen 20- bzw. 30-Minuten-Takt. Bei einem eingleisigen Ausbau
wäre eine Eröffnung eventuell schon nach zwei Jahren, also Mitte 1992, möglich. Bereits
jetzt wird mit ersten Arbeitsschritten, nämlich dem Fällen der jetzt auf der Trasse gewachsenen
Bäumen, begonnen. Gleisbettarbeiten sind ab Spätsommer
dieses Jahres vorgesehen.
Erforderlich sind außerdem die Instandsetzung des Bahnsteiges in Mahlow und
der Neubau eines S-Bahnsteiges mit Zugängen in Blankenfelde.
An den niveaugleichen Bahnübergängen
Bahnhofstraße und Wolziger Zeile in
Lichtenrade sowie mit er heutigen
Landstraße in Mahlow sind zugbediente Schrankenanlagen notwendig. Bahnstromversorgung
und Zugsicherung
müssen neu installiert werden.
Darüber hinaus wird von der Verkehrsabteilung des Bezirkes Potsdam eine niveaufreie
Kreuzung der geplanten Ortsumgehungsstraße I. Ordnung Schönefeld - Teltow nördlich
des Bahnhofes
Mahlow durch den Bau einer Straßenbrücke vor Inbetriebnahme der S-Bahn-Strecke gefordert.
Diese Auffassung wird von uns nicht geteilt, der Inbetriebnahmetermin Herbst 1991
berücksichtigt ein solches Bauwerk nicht.
Die Kosten werden - ohne Straßenbrücke - auf ca. 60 Millionen DM geschätzt,
das sind ca. 10 Mio. DM/km.
Von Frohnau nach Hohen Neuendorf
Geplant ist die Anbindung der S2-Nord
an den vorhandenen S-Bahnhof Hohen
Neuendorf mit deswegen notwendiger
Kreuzung der zweigleisigen Strecke
Oranienburg - Schönfließ (Außenring)
im Niveau. Zwischen Hohen Neuendorf
und Frohnau ist vorerst ein eingleisiger
Ausbau vorgesehen, der für einen 20-Minuten-Takt ausreicht. An vier Brücken sind Bauarbeiten
erforderlich:
Schönfließer Straße (West), Zerndorfer
Weg (West), Staehleweg (West) und
Oranienburger Chaussee (F 96) (Ost).
Die Überbauten der drei in West-Berlin gelegenen Brücken sind abgängig
und durch Neubauten zu ersetzen. Für
die Kreuzung mit der F 96 ist ein vollständiger Neubau erforderlich.
Notwendig sind außerdem das Herrichten des Bahndammes (u.a. Neuschüttungen im
Grenzbereich), die Verstärkung der Bahnstromversorgung und die
Erweiterung der Zugsicherung.
Die Kosten werden ob auf 70 Millionen DM geschätzt, das sind ca. 17 Millionen DM/km.
S-Bahn nach Potsdam
Vorgesehen ist der zweigleisige Streckenausbau für einen 10-Minuten-Takt.
Hierbei gibt es besonders im Dammbereich zwıschen den Bahnhöfen Griebnitsßee und
Babelsberg Probleme. Dort
ist eine Dammverbreiterung nötig (mit
Auswirkung auf drei BrückenfStützwände erforderlich), um die Elektrifizierung der neben
liegenden Fernbahn
zu ermöglichen. Erforderlich sind ferner der Neubau von sechs Brücken, und
zwar über Stolper Weg (West), Teltowkanal (West), Bäkestraße (West), Plantagenstraße
(Ost), Anhaltstraße (Ost)
und Daimlerstraße (Ost) sowie die Sanierung von vier Potsdamer Brücken,
und zwar über August-Bebel-Straße,
Wattstraße, Karl-Liebknecht-Straße
und die Nuthe (Wasserlauf).
Die Bahnhöfe Wannsee und Griebnitzsee sind in Ordnung. Der Bahnhof Babelsberg ist
vollständig zu sanieren, sowohl die Zugangsbauwerke wie auch
der Bahnsteig selbst. Bahnstromversorgung und Zugsicherung müssen vollständig
neu installiert werden.
Die Kosten werden auf ca. 160 Millionen DM 18 Millionen DM/km) geschätzt, allerdings noch
nicht mit vollständiger Erfassung der Dammverbreiterung.
Am Bahnhof Potsdam Stadt sind Umbauten erforderlich, z.B. wegen notwendiger
Verlagerung eines jetzt stattfindenden Gepäckumschlages vom S-Bahnsteig auf einen
anderen Bahnsteig,
der entsprechend hergerichtet werden
müßte. Der S-Bahnsteig ist für Personenverkehr instandzusetzen. (LPD,
1.3.1990)
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Nun werden also in den nächsten Jahren sehr viel mehr S-Bahn-Kilometer
wieder in Betrieb genommen, als bisher
geplant war. Dies wird sicher nicht nur
von der IGEB begrüßt. Und die IGEB
unterstützt natürlich auch die Haltung
des Senats, die S-Bahn nach Mahlow
noch vor dem Bau der geplanten Straßenbrücke in Betrieb zu nehmen, also
1991 und nicht erst 1992. Die Position
der Potsdamer Verkehrsplaner ist für
die IGEB hier nicht akzeptabel. Nicht
hinnehmbar ist aber auch die Planung
des Senates, erst 1993 die S-Bahn bis
Potsdam zu verlängern. Warum ist es in
Berlin eigentlich nicht möglich, Teilstrecken zu eröffnen? Von Wannsee bis
Kohlhasenbrück ist ein S-Bahn-Gleis
vorhanden, der Bf. Griebnitzsee ist in
gutem Zustand, warum also können die
S-Bahn-Züge nicht schon 1991 wenigstens bis Griebnitzsee fahren? Und
warum eigentlich werden die Hohen
Neuendorfer und Oranienburger doppelt bedient, Während z.B. die Falkenseer und
Nauener leer ausgehen? Denn
mit der für 1991 geplanten Umsteigemöglichkeit in Bornholmer Straße gelangt man fast
ebenso schnell und bequem aus dem Kreis Oranienburg auf
die West-Berliner S2 wie nach deren
Verlängerung bis Hohen Neuendorf.
Der grenzüberschreitende S-Bahn-Verkehr ist ein richtiger und wichtiger
Schritt. Doch der Senat sollte dabei die
Verstimmung in Lichterfelde und insbesondere in Spandau ("die paar Dörfler sind
denen mehr Wert als 200.000
Spandauer“) nicht unterschätzen.
Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen
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